Claudia Payer bezeichnet sich als "Seiteneinsteigerin" und hat die IT von der Pike auf in einem großen süddeutschen Verlag, später bei einem IT-Dienstleister gelernt - angefangen vom PC-Support über Netzadministration und Datenbankimplementierung bis hin zu Internet-Projekten. In über 20 Jahren hat sie sich ein fundiertes IT-Know-how angeeignet, was sie als wichtige Grundlage erachtet, um IT-Projekte zu leiten. Sie sieht sich vor allem als Kommunikations- und Ressourcen-Managerin. "Wer das magische Dreieck Kosten, Termine, Leistungserbringung beherrscht, ist auf der sicheren Seite", lautet ihr Credo. Größte Herausforderung bleibt aus ihrer Sicht "Zeit, Geld und Mitarbeiter vernünftig zu organisieren", weil "die immer knapp sind". Die COMPUTERWOCHE durfte Payer einen Tag begleiten:
7:50 Claudia Payer betritt das Büro, sie ist noch allein. Schnell fährt sie ihren Laptop hoch. Um 9 Uhr beginnt ein Workshop zum Software-Entwicklungsprojekt für die Händler-Einkaufsfinanzierung mit dem Projektteam aus München und Paris. Payer ist noch eine wichtige Ergänzung für die Powerpoint-Präsentation eingefallen, die sie rasch einarbeiten möchte.
8:20 Die Präsentation ist fertig, und Payer startet den Ausdruck der Handouts auf dem Farbdrucker: "Hoffentlich lässt mich der Drucker jetzt nicht im Stich!"
8:30 Zeit, die Mails zu checken und grob vorzusortieren, was nach dem Workshop gleich bearbeitet werden muss. Es gibt ein paar Rückfragen zum Reporting für das SEPA-Projekt (Single Euro Payments Area) bezeichnet im Bankwesen das Projekt eines europaweit einheitlichen Zahlungsraums für Transaktionen in Euro), in dem sie Teilprojektleiterin für den Bereich Operations ist.
8:45 Ein kurzer prüfender Blick in den Spiegel, anschließend packt Payer ihr Notizbuch, Druckbleistift und Schlüsselkarte zusammen und verlässt das Büro in Richtung Sitzungsraum auf dem gleichen Stockwerk. Dort schaltet sie die Videokonferenzanlage ein, legt die Handouts bereit, fährt den Laptop hoch und bereitet die Präsentation vor.
Die Commerz Finanz GmbH...
...ist ein Gemeinschaftsunternehmen der BNP Paribas Personal Finance S.A. und der Commerzbank AG. Schwerpunkt der Tätigkeit ist die Vergabe von Konsumentenkrediten, insbesondere die Absatzfinanzierung im stationären Handel sowie im E-Commerce. Das Produktportfolio umfasst Ratenkredite, Kartenprodukte mit Verfügungsrahmen und endfällige Kredite. Vertriebspartner sind Handelsunternehmen jeder Größe, Banken und Versicherungen.
8:55 Der Kollege aus Frankreich wählt sich ein, ist auf dem Bildschirm zu sehen, aber nicht zu hören. Payer ruft einen Kollegen auf dem Handy an und informiert ihn über das Problem. Kurze Zeit später ist alles gelöst, die Video-konferenz kann beginnen.
9:00 Die Kollegen aus dem Projektteam in München erscheinen pünktlich. Die Projektleiterin begrüßt die Teilnehmer offiziell auf Englisch, stellt die Agenda vor und fragt nach, ob jeder die Präsentation erhalten und vorliegen hat.
Danach bittet sie um eine kurze Vorstellungsrunde der Kollegen, die heute aus dem Produkt-Management, dem Vertrieb, der Händlereinkaufsfinanzierung und der IT mit an Bord sind.
9:10 Payer führt die Kollegen durch die Präsentation und erläutert anhand eines Excel-Dokuments die detaillierten technischen Anforderungen an die neue Software. Das Thema ist komplex, und es bedarf einiger Detailerklärungen, um alle Teilnehmer auf denselben Kenntnisstand zu bringen.
In der Diskussion beißen sich die Kollegen an einem Punkt fest, zu dem es zu diesem Zeitpunkt noch keine Lösung geben kann. Payer ist bemüht, die Sitzungsteilnehmer davon zu überzeugen, dass sie sich zunächst auf das Sammeln von Informatio-nen konzentrieren sollten, bevor sie nach einer Lösung für Detailfragen suchen.
10:55 Nach rund zwei Stunden fasst die Sitzungsleiterin die Ergebnisse und Beschlüsse mündlich zusammen, skizziert kurz die nächsten Schritte und fragt, ob man mit diesem Resümee einverstanden sei.
11:10 In 20 Minuten beginnt Payers wöchentliche halbstündige Besprechung mit ihrem Teamleiter, in der sie ihn über die Projektfortschritte informieren und offene Fragen klären will. Dazu hat sie sich "wie immer", wie sie versichert, eine eigene Agenda notiert, um die knappe Zeit des Chefs möglichst ökonomisch zu nutzen.
- Noch bilden sie eine Minderheit: Frauen in der IT haben in den meisten Firmen Exotenstatus, erst recht im Management.
- Ralica Yancheva, Beraterin bei Conargus:
"Die Diskussionen und politischen Debatten zur Frauenquote haben viele Manager für das Thema sensibilisiert." - Inge Hanschke, Geschäftsführerin bei Iteratec:
"Frauen müssen wissen, was sie wollen und gelassen auf das Platzhirschgebaren reagieren." - Rebecca de Souza, Diversity Managerin bei General Electric (GE)
"Zu wenige Frauen in Führungspositionen sind überall in Europa ein Problem, doch besonders in Italien und Deutschland." - Patricia Rezic, verantwortlich für Controlling und Personal bei Projektron
"Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter liegt bei 32 Jahren; viele haben Kinder." - Eva Faenger, Diversity-Managerin bei Hewlett-Packard:
"Besonders im Service und im Outsourcing-Geschäft gibt es Handlungsbedarf." - Claudia Kedor: Leiterin Marketing bei Projektron:
"Wir sprechen schon vor der Geburt des Kindes mit den Kollegen, wie sie sich den Wiedereinstieg vorstellen." - Edeltraud Leibrock, Vorstand IT bei der KfW Bank:
"Frauen tendieren öfters als Männer dazu, ihre Fähigkeiten kritisch zu bewerten." - Katrin Jenkins, Abteilungsleiterin Systemdesign und Customizing bei DB-Systel:
"Junge Mütter sind besonders engagiert, weil sie sich nichts nachsagen lassen wollen." - Claudia Payer, Projektleiterin Commerz Finanz:
"In über 20 Jahren habe ich mir fundiertes IT-Know-how angeeignet, das heute eine solide Grundlage bildet, um Projekte zu leiten."