Fusionen/Fusion zur Sparkassen Informatik GmbH & Co. KG

Ein System für acht Standorte

03.05.2002
Aus drei mach eins - eine ungewöhnliche Aufgabe. Risikomindernd wirkte sich aus, dass drei "Gleiche" zusammen wollten: Sparkassen-Informatik-Ausgründungen, die jeweils mit R/3 arbeiteten. Dennoch gab es viel zu tun. Von Ralf Kubea*

Seit dem 1. Januar 2002 arbeiten die Mitarbeiter der kaufmännischen Bereiche der neu geschaffenen Sparkasseninformatik GmbH & Co. KG an acht Standorten mit einem einheitlichen SAP R/3-System. Das "Interne Bestellwesen", eine gemeinsame Lotus-Notes-Anwendung, steht allen rund 2400 Mitarbeitern zur Verfügung und deckt den Prozess der Beantragung, Genehmigung und Prüfung von internen Bedarfen im Vorfeld der Beschaffung im SAP R/3-System ab. Zusätzlich zu den SAP R/3-Modulen für Externes und Internes Rechnungswesen, Beschaffung und Auftragsabwicklung/Faktura wurden etwa 30 Subsysteme über entsprechende Schnittstellen angebunden. Indem man die Prozesse und Methoden vereinheitlichte, gelang es, redundante Funktionen abzubauen und Synergien zu erzielen. Vor allem wurden die Prozesse erheblich schneller.

Anfang vergangenen Jahres nahmen die Fusionspläne der Informatik Kooperation, Sparkassen Informatik Baden-Württemberg und Sparkassen-Informatik-Systeme West konkrete Formen an. Mit dem Ziel, Synergien zu nutzen und damit eine höhere Qualität in der Softwareentwicklung sowie eine schnellere und kostengünstigere IT-Bereitstellung zu ermöglichen, verkündeten die Präsidenten der beteiligten Verbände, dass die drei IT-Dienstleister fusionieren würden.

Die drei Fusionspartner sollten in Zukunft mit einem einheitlichen kaufmännischen System und einer gemeinsamen internen IT-Anwendung arbeiten. Zwar nutzten bis dato alle Häuser die Standardsoftware SAP R/3, doch die betriebswirtschaftlichen Modelle der einzelnen Unternehmen und damit auch die Ausprägungen der IT-Anwendungen waren deutlich verschieden. Erschwerend kam hinzu, dass die Partner ihre Systeme zum Teil erst kurz zuvor auf SAP R/3 umgestellt hatten und noch mit den "Nachwehen" der eigenen Implementierung beschäftigt waren. Zudem lauteten die Hauswährungen noch nicht einheitlich auf Euro.

Zur Vorbereitung des Projektes wurde ein Funktionsteam "Kaufmännische Systeme" bestimmt, das sich aus den Projektleitern der SAP R/3-Einführungsprojekte der fusionierten Häuser zusammensetzte. Sie hatten die Aufgabe, Szenarien für eine Zusammenführung der drei internen Systeme zu erarbeiten. Schnell waren sich die Spezialisten einig: Der Produktivstart sollte bereits zum 1. Januar 2002 erfolgen.

Drei Monate lang analysierte das Team die Prozesse und Systeme und erarbeitete auf dieser Basis einen Projektierungsvorschlag. Von den bestehenden drei Systemen wurde die jeweils beste Prozessabbildung ermittelt und als Führungskonzept für die beiden anderen Partner bestimmt. Das Team entschied sich, die SAP-R/3-Module für das externe und interne Rechnungswesen von der ehemaligen Informatik Kooperation zu übernehmen, die Module für die Beschaffung dem System der ehemaligen Sparkassen Informatik Baden-Württemberg anzupassen und das Modul für die Fakturierung der ehemaligen Sparkassen-Informatik-Systeme West anzugleichen.

Ein komplettes RedesignDas interne Bestellwesen, ein Workflow unter Lotus Notes, sollte nach dem Vorbild der Informatik Kooperation gestaltet werden, musste aber - so die Empfehlung der IT-Spezialisten - komplett einem Redesign unterzogen werden, um den gestiegenen Anforderungen mit zirka 2400 Benutzern und über 8000 Prozessdurchläufen pro Jahr sowie den unterschiedlichen Voraussetzungen der Partner gerecht werden zu können. Das bedeutete die Schaffung einer einheitlichen Notes-Umgebung unter R5 und ein Upgrade der Workflow-Engine auf Domino Workflow 2.11. Die etwa 30 individuellen Subsysteme der drei Fusionspartner wie Reisekostenabrechnung oder Gehaltsbuchhaltung sollten nicht verändert und über Schnittstellen an das SAP R/3-System angebunden werden. Als technische Plattform für die R/3-Anwendungen sollte - um weiteren Zeitverzug und zusätzliche Investitionen zu vermeiden - das R/3-Basissystem der Informatik Kooperation dienen. Zur Vereinfachung der Datenmigration wurde empfohlen, in einem parallelen Projekt die Hauswährung auf Euro umzustellen.

Start für das Projekt "Konsolidierung der kaufmännischen Systeme" war das Kick-Off-Meeting am 25. Juli 2001. Das Vorhaben wurde in die Teilprojekte Internes Rechnungswesen, Externes Rechnungswesen, Auftragsabwicklung/ Faktura, Beschaffung und ein SAP-Basis-Teilprojekt gegliedert. In Bezug auf SAP R/3 wurde die Sparkassen Informatik von der Lynx Consulting Group aus Münster unterstützt. Das IT-Beratungshaus hatte bereits die SAP R/3-Einführung bei der ehemaligen Informatik Kooperation unterstützt. Die Individualentwicklung für das Interne Bestellwesen übernahm das Lotus Notes Competence Center der Firma Itelligence aus Bielefeld. 48 Mitarbeiter der Sparkassen Informatik, zehn Lynx- und drei Itelligence-Berater gehörten zum SAP-Projektteam.

Während die Projekt- und Teilprojektleiter annähernd in Vollzeit mit der Umstellung beschäftigt waren, konnten sich die Mitarbeiter aus den einzelnen Fachbereichen nur zeitweise - neben ihrem Tagesgeschäft - mit dem neuen System auseinander setzen. Die Projektleitung führte daher zum Beginn des Projektes eine detaillierte Aufwandsschätzung durch, um den Fachbereichen die Möglichkeit zu geben, die benötigten Ressourcen frühzeitig einzuplanen.

Zusätzlich zur Projektorganisation wurde von Anfang an festgelegt, in welchen Abständen die einzelnen Gremien zusammen kommen sollten. Neben wöchentlichen Besprechungen der internen Teilprojektleiter und 14-tägigen Meetings mit den externen Beratern wurden monatliche Bestandsaufnahmen für die einzelnen Teilprojekte angesetzt. Dazu kamen diverse Workshops innerhalb der Teilprojekte. Je nach den im Projektplan definierten Meilensteinen und Projektphasen fanden Gesamtprojektreviews und Lenkungsausschuss-Sitzungen statt.

Im August kamen zusätzliche Anforderungen auf das Team zu, da sich parallel zum Projekt "Konsolidierung der kaufmännischen Systeme" ein anderes Projekt damit beschäftigte, die unterschiedlichen Produktstrukturen, Preis- und Kostenverrechnungsmodelle der Fusionspartner auf ein einheitliches System zu überführen. Die Mitarbeiter des SAP-Projektteams Internes Rechnungswesen stellten daraufhin das laufende Projekt, das auf einer Vollkostenrechnung auf Ist-Kosten-Basis aufgebaut war, auf ein Plankostenrechnungsmodell um. So konnte auch das "Neue Preismodell" mit allen Konsequenzen in SAP R/3 abgebildet werden.

Schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt bereitete das Team die unmittelbar betroffenen Fachbereiche, wie Buchhaltung oder Controlling, auf das neue System vor. Mit Mitarbeiter-Rundschreiben, persönlichen Gesprächen und intensiven Inhouse-Schulungen setzten die Projektverantwortlichen alles daran, die Nutzer von den Vorteilen der neuen Anwendungen und vereinheitlichten Prozessen zu überzeugen. Auch über den Produktivstart hinaus wurden die Anwender betreut und regelmäßig unterstützt.

Am 1. Januar 2002 war das Ziel erreicht: Pünktlich ging die Sparkassen Informatik mit dem SAP R/3-System und der Notes-Workflow-Anwendung für das Interne Bestellwesen produktiv. Innerhalb der ersten drei Wochen wurden bereits 200 Beschaffungsvorgänge über das System abgewickelt. Der Sparkassen Informatik ist es mit der Vereinheitlichung der internen kaufmännischen Systeme und den damit abgebildeten Geschäftsprozessen gelungen, den Prozessablauf erheblich zu beschleunigen. Die Vereinheitlichung aller relevanten kaufmännischen Prozesse (etwa Bestellprozess, Zahlungsverkehr, Berichtswesen, Budgetplanung und -überwachung) in einem IT-System und die Schaffung einer einheitlichen internen Plattform waren ein maßgeblicher Meilenstein für den Erfolg der Fusion.

Dazu beigetragen hat zum einen das Einführungskonzept, das sich sehr eng an den bestehenden Prozessen der drei Fusionspartner orientiert hat. Zum anderen wurden keine Modifikationen am SAP-Standard vorgenommen, und auch die Schnittstellen von und zu Subsystemen konnten zu einem erheblichen Teil übernommen werden.

Schwieriger gestaltete sich dagegen die Migration der Altdaten. Alle Kostenstellen, Projekte und Produkte wurden im Rahmen der Fusion mit einer völlig neuen Numerik versehen, die unter anderem die verschiedenen Standorte der Sparkassen Informatik berücksichtigt. Das Umschlüsseln sämtlicher Altdaten auf die neue Struktur war sehr zeitintensiv und hat das Projektteam zum Teil auch noch über den Produktivstart hinaus beschäftigt.

Für die IT-Abteilung, genauer gesagt den Bereich Interne Kaufmännische Systeme, der Sparkassen Informatik geht es ohne Unterbrechung weiter: Noch für dieses Jahr ist die Einführung eines Data Warehouse geplant. Außerdem soll das Modul SAP-SD für Auftragsabwicklung und Faktura, das bisher nur an den Standorten der ehemaligen Sparkassen-Informatik-Systeme West im Einsatz ist, bis Ende des Jahres an allen Standorten genutzt werden. (bi)

*Ralf Kubea ist Abteilungsleiter Kaufmännische Systeme Rechnungswesen bei der Sparkassen Informatik in Münster.

Das UnternehmenDie Sparkassen Informatik GmbH & Co. KG versorgt als IT-Dienstleister 270 Sparkassen in den Gebieten Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland, Rheinland-Pfalz und Westfalen-Lippe mit einer Bilanzsumme von 492 Milliarden Euro. Das entspricht einem Marktanteil von mehr als 50 Prozent aller Sparkassen in Deutschland. Weitere Kunden sind Unternehmen der S-Finanzgruppe wie Landesbausparkassen und Versicherungen.