Ein Plädoyer für die Standardsoftware

13.08.2002
Von Horst Schneider

Bedenkenträger lassen sich in der Regel überzeugen, wenn ihnen der Zusammenhang zwischen der neuen IT-Strategie und der Unternehmensstrategie aufgezeigt wird. Am Anfang jeder Strategieberatung steht daher die Aufnahme der Unternehmensstrategie. Nur wenn bekannt ist, welche Vision das Unternehmen hat und wie es künftig Geschäfte abwickeln will, kann festgelegt werden, was die IT leisten muss, um diese Strategie zu unterstützen. Es folgt ein Soll-Ist-Vergleich, im Zuge dessen ermittelt wird, wo die bestehende IT-Strategie Lücken aufweist und wo Änderungsbedarf besteht. Die konzernweite Hardwarestruktur muss ebenfalls bewertet und auf ihre Tauglichkeit für die IT-Strategie geprüft werden. In einem Business Case wird der Nutzen der zu implementierenden Lösung aufgezeigt und konkret beziffert. Der Business Case zeigt auch, ob es sich lohnt, fehlende Funktionen selbst zu entwickeln, oder ob es besser ist, auf ein Update des Softwareherstellers zu warten. Bei

internationalen Projekten kann für jedes betroffene Land ein eigener Business Case erstellt werden. So werden regionale Eigenheiten ausreichend berücksichtigt. Gleichzeitig dient der Business Case zur Kommunikation des Nutzens an das Management der Landesgesellschaften.

Definition Business Case: Neben einer Kosten-/Nutzenanalyse muss in jedem Projekt auch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erfolgen.

Erst wenn die grundsätzliche Marschrichtung feststeht, sollte sich das Team den einzelnen Geschäftsprozessen zuwenden: Es analysiert die Prozesse im Altsystem, klopft sie auf Schwachstellen wie Medienbrüche und unnötige manuelle Schritte ab, prüft, ob sie den Best Practices entsprechen, und ermittelt anschließend den Handlungsbedarf auf Prozessebene. Den vollständigen Umfang einer IT-Strategieberatung zeigt die nebenstehende Grafik. Sind die zeitlichen oder finanziellen Ressourcen des Kunden begrenzt, kann der Umfang reduziert werden. Oft sind einzelne Aspekte der IT-Strategie schon gut ausgearbeitet. Sie werden von den Beratern lediglich kurz evaluiert und dann in die Gesamtstrategie eingebettet. Außerdem lassen sich in vielen Fällen Standardvorgehensweisen anstelle individueller Lösungen nutzen - der Vorteil der Best Practices. Wichtig dabei ist, dass sämtliche Maßnahmen ganzheitlich und im Gesamtzusammenhang der Geschäftsstrategie gesehen

werden.

Die Definition der Geschäftsstrategie ist die gemeinsame Aufgabe von Management und Unternehmensberatern. Die IT-Strategieberatung liefert gewissermaßen die Straßenkarte, stellt die Wegweiser auf, schlägt Fahrzeugtypen vor und führt das Fahrertraining durch. Mit anderen Worten, sie sorgt dafür, dass das Ziel sicher und ohne Umwege erreicht wird. Dies kann sie nur, wenn sie Ziel und Route mit dem Auftraggeber abgestimmt hat, das heißt, wenn unternehmerische Vision, Geschäftsstrategie und IT-Strategie vorab genau herausgearbeitet wurden. Voraussetzung ist ferner, dass das Management hinter dem Projekt steht und Mitarbeiter die Neuerungen samt den notwendigen Änderungen akzeptieren.