Cloud Computing

Ein neues IT-Konzept erobert die CeBIT

18.02.2009
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Was bringt Cloud Computing?

Glaubt man den Verheißungen der Anbieter, können Unternehmen in mehrfacher Hinsicht von Cloud Computing profitieren. So ließen sich die neuen Dienste nahezu unbegrenzt skalieren und rasch an veränderte Anforderungen anpassen. Über eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Services könnten Kunden Fixkosten reduzieren. "IT-Verantwortliche werden häufig danach beurteilt und auch bezahlt, wie effektiv sie Kosten und Risiken reduzieren", kommentiert Saugatuck-Experte Sempert. "Cloud Computing ermöglicht es, beides zu tun." Frank Gens, Senior Vice President bei IDC, verweist auf den Einfluss des weltweiten konjunkturellen Abschwungs: "Das Cloud-Modell ermöglicht es Unternehmen, ihre IT wesentlich kostengünstiger zu erwerben und zu nutzen. Und das ist in Krisenzeiten ein bestechendes Argument." Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen könnten davon profitieren.

Doch was zeichnet den typischen Cloud-Computing-Anbieter aus? Welches sind die wichtigsten Player in dem noch jungen Markt, und wie unterscheiden sie sich voneinander? Die Antworten auf solche Fragen fallen selbst professionellen Marktbeobachtern schwer. Amazon, Google, IBM, Microsoft und Salesforce.com gelten derzeit als führende Anbieter. Gemeinsam ist ihnen, dass sie nicht nur einzelne Cloud-Services, sondern komplette Infrastruktur- oder Anwendungsplattformen zur Verfügung stellen. Kleinere Dienstleister spielen in der öffentlichen Wahrnehmung dagegen noch kaum eine Rolle.

Amazon.com

Der Pionier in Sachen Cloud Computing heißt Amazon.com. Schon vor mehr als zwei Jahren erkannte der Online-Händler, dass sich nicht nur Bücher vermarkten lassen, sondern auch die praxiserprobte IT-Infrastruktur der eigenen E-Commerce-Plattform. Daraus entstanden die Amazon Web Services (AWS). Kunden können die Dienste im Bausteinsystem beliebig kombinieren. Die Infrastruktur, sprich die nötige Rechenkapazität, stellt die Amazon Elastic Compute Cloud (Amazon EC2) zur Verfügung.

Auf dieser Plattform lassen sich Anwendungen in Amazon Machine Images (AMI) speichern. Die Daten liegen dabei im Amazon Simple Storage Service (S3). Für den strukturierten Zugriff auf Daten steht Amazon SimpleDB zur Verfügung. Der Clou dabei: Kunden zahlen nur die tatsächlich in Anspruch genommenen Dienste. So kostet beispielsweise eine Stunde Rechenleistung unter Linux in der günstigsten Variante zehn Cent. Den Begriff "Elastic" wählten die Amazon-Marketiers, weil sich die gewünschte Rechenleistung innerhalb von Minuten anpassen lassen soll.

IBM

Mit der im Herbst 2007 vorgestellten Initiative Blue Cloud gab IBM den Startschuss für eine ganze Reihe einschlägiger Angebote. Auf den ersten Blick positionierte sich der Konzern damit nicht primär als Anbieter von Cloud-Services. Im Mittelpunkt standen vielmehr Software-Tools, die es Unternehmen ermöglichen sollen, eine eigene Cloud-Infrastruktur aufzubauen. Blue Cloud steht für eine Palette von Werkzeugen, mit deren Hilfe Kunden ihren Rechenzentrumsbetrieb virtualisieren und automatisieren können. Die Basis dafür bildet die System-Management-Software "Tivoli Provisioning Manager" (TPM). Sie bietet etwa Funktionen für das Einrichten, Konfigurieren und Verwalten der IT-Infrastruktur im Rechenzentrum.

"Blue Cloud wird unseren Kunden dabei helfen, schnell eine Cloud-Computing-Infrastruktur aufzubauen", erläuterte Rod Adkins, Senior Vice President für den Bereich Development and Manufacturing. Folgerichtig unterscheidet IBM in öffentliche und private Clouds. Im Vergleich zu den via Internet bereitgestellten Diensten der ersten Kategorie brächten die privaten Wolken Vorteile, argumentiert der Anbieter. So reduzierten sich in der hausinternen Cloud beispielsweise Bandbreiten- und Sicherheitsprobleme. Nutzer der Dienste behielten weitgehend die Kontrolle über die Infrastruktur.

Google

Google ist vor allem als Suchmaschinenbetreiber und Anbieter einiger nützlicher Online-Tools für den privaten Gebrauch bekannt. Doch mit seiner Enterprise-Sparte zielt der Internet-Konzern eindeutig auf Unternehmenskunden. In der "Google Apps Premier Edition" schnürt der Konzern die wichtigsten Tools zu einem Paket für den professionellen Einsatz. Dazu gehören der Web-basierende E-Mail-Dienst Google Mail, der gemeinsam nutzbare Kalender und die Office-Suite Google Docs, die grundlegende Funktionen für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Präsentation bereitstellt. Auch in diesem Kontext betont der Anbieter die Möglichkeit, Dokumente gemeinsam zu bearbeiten. Hinzu kommen weitere Werkzeuge wie das Instant-Messaging-System Google Talk und Google Sites. Letzteres soll es Unternehmen erleichtern, Team-Websites zu erstellen, über die sie diverse Informationen wie Videos, Präsentationen oder Texte publizieren können.

Salesforce.com

Auch Salesforce.com, ein Pionier in Sachen Software as Service (SaaS), entwickelt sich im Cloud-Zeitalter zu einem Plattformanbieter. Mit "Force.com" offeriert das US-Unternehmen Entwicklern eine Infrastruktur, auf der sie eigene Softwaredienste entwickeln und später zur Miete anbieten können. Entwicklungs- und Collaboration-Tools für die Plattformteilnehmer sowie ein Marktplatz für On-Demand-Applikationen ergänzen das Angebot. Ziel der Salesforce-Strategen ist es, Kunden eine möglichst komplette Softwarepalette zur Nutzung über das Web anzubieten.

Microsoft

Nach einigen eher zaghaften Anläufen in Richtung SaaS machte Microsoft mit der im Oktober angekündigten Azure Services Platform einen großen Schritt in Richtung Cloud Computing. Aus technischer Sicht lässt sich Azure mit Amazons "Elastic Compute Cloud" (EC2) vergleichen, die ebenfalls eine Infrastruktur bietet, auf der sich mehrere Instanzen eines Betriebssystems ausführen lassen. Während Amazon auf den quelloffenen Hypervisor "Xen" setzt, entwickelte Microsoft eine eigene Hardwareabstraktions- und Virtualisierungsschicht, auf der Windows Server 2008 ausgeführt wird. Über dem Betriebssystem bietet das Unternehmen eine Reihe von Web-Services an, darunter die unter der "Live"-Marke bekannten Dienste sowie .NET-, SQL-, Sharepoint- und Dynamics-CRM-Services. Ebenso wie der Konkurrent Amazon hat Microsoft ein verbrauchsabhängiges Abrechnungsmodell entwickelt, das sich an Kenngrößen wie Rechenzeit, Speicherplatz oder übertragenem Datenvolumen orientiert.