Ein neuer Gigant fuer Management-Beratung koennte entstehen Die A.T. Kearney Inc. wartet auf ein Uebernahmeangebot von EDS

17.03.1995

MUENCHEN (CW) - Schon vor einem halben Jahr hatte die General- Motors-Tochter EDS Corp. Interesse an der amerikanischen Management-Beratung A.T. Kearney Inc., Chikago, gezeigt. Die Gespraeche scheiterten im Januar dieses Jahres, weil man sich ueber den Preis nicht einig wurde. Jetzt nimmt EDS offenbar einen zweiten Anlauf.

Marvin Schiller, erst kuerzlich zurueckgetreten von seinem Amt als Vice-Chairman bei Kearney, bestaetigte gegenueber dem "Wall Street Journal", EDS buhle derzeit energischer als je zuvor um die Gunst des Beratungshauses. Die Chancen fuer eine Fusion stuenden derzeit 50 zu 50, so der Ruhestaendler - als zweitgroesster Aktionaer von Kearney weiss Schiller, wovon er spricht. Seine Company rechne fuer Maerz 1995 mit einem offiziellen Angebot seitens der EDS Corp.

Offenbar ging Schiller mit seinen Informationen vorschnell an die Oeffentlichkeit, denn weder die Kearney-Geschaeftsfuehrung noch der in New York ansaessige Management-Beratungszweig von EDS bestaetigten, dass man in Verhandlungen stehe. Allerdings spricht die Expansionspolitik der General-Motors-Tochter fuer sich: Seit 1993, als EDS die Management-Beratung zu einem eigenstaendigen Geschaeftszweig machte, wurde dieser Bereich rasant ausgebaut. EDS uebernahm allein sechs kleinere Beratungshaeuser. Die Mitarbeiterzahl des Consulting-Zweiges wuchs von 450 (1993) auf 1600 im letzten Jahr, der Umsatz stieg von 30 auf 200 Millionen Dollar.

Im EDS-Konzern waechst ein Beratungsgigant heran

Auch 1995, so nehmen Insider an, stellt EDS 500 bis 1000 Beratungsprofis ein. Hinzu kaemen im Falle einer Fusion mehr als 1000 Kearney-Consultants, die 1994 einen Umsatz von 346 Millionen Dollar erwirtschafteten.

Kearney hat sich im Management-Beratungsgeschaeft nicht nur als Strategieexperte einen Namen gemacht, auch als Spezialist fuer operationales Consulting geniesst das Unternehmen einen guten Ruf. Insider sehen hier eine ideale Ergaenzung zum IT-technischen Know- how von EDS. Ausserdem ist Kearney fuer EDS wegen der starken internationalen Praesenz ein interessanter Partner: Mehr als die Haelfte seines Umsatzes erwirtschaftet das in 21 Laendern vertretene Beratungshaus ausserhalb der Vereinigten Staaten.

Obwohl eine Uebernahme von Kearney durch EDS Sinn machen wuerde, sehen Insider doch einige Huerden, die zu ueberwinden waeren. So duerften einer Fusion vor allem die unterschiedlichen Firmenkulturen im Wege stehen. Offen ist etwa die Frage, ob sich die sehr selbstbewussten, praxisorientierten Kearney-Consultants widerspruchslos den Interessen des Weltunternehmens General Motors unterordnen wuerden.

Kaeme der Deal zustande, so waere von der wohl groessten Verschmelzung zweier Management-Beratungen zu berichten. Nur die britische Werbeagentur Saatchi & Saatchi hatte 1984 aehnlich ambitionierte Plaene, als sie die Hay Group fuer 125 Millionen Dollar uebernahm. Allerdings scheiterte das Vorhaben, die weltweit groesste Management-Beratung ins Leben zu rufen - Saatchi & Saatchi zog sich aus diesem Geschaeft wieder zurueck.