Sicheres Auftreten in China: Fingerspitzengefühl ist wichtiger als starre Regeln

Ein Lächeln hilft immer

09.07.2004
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Auf Visitenkarten sollten Titel und Rang genannt sein, und man sollte sie immer mit beiden Händen überreichen. Erhält man selbst eine Karte, sollte man demonstrativ einen Blick darauf werfen, eventuell den Namen laut wiederholen und die Karte während der Besprechung vor sich auf den Tisch legen. Niemals die Karte einfach ungelesen in die Gesäßtasche stecken; besser ist es, ein extra Kästchen für Visitenkarten mitzubringen. Ähnlich wie die Visitenkarten werden auch die Gastgeschenke, und zwar eingepackt - möglichst kein weißes Geschenkpapier wählen, denn die Farbe symbolisiert in China den Tod - mit beiden Händen überreicht, nach Dankesformeln zur Seite gelegt und nicht ausgepackt, ergänzt Schenk.

Die Business-Kleidung sollte förmlich sein, während des Geschäftsessens empfiehlt es sich, auf die formale Sitzordnung zu achten. In lockerer Atmosphäre ist es in China durchaus üblich, reichlich Alkohol zu sich zu nehmen, und es wird erwartet, dass man als Besucher auch etwas trinkt. Für manchen westlichen Manager sind die oft während des Essens anwesenden Damen, die sich um das Wohl der Gäste kümmern, irritierend. Der Übergang zu weiteren Dienstleistungen bis hin zur Prostitution ist mittlerweile nicht unüblich, zu Zeiten der Kulturrevolution wäre es das undenkbar gewesen. Doch niemand wird sich seine Chancen auf Geschäftsbeziehungen verderben, wenn er Angebote, die über das Nachschenken bei Tisch hinausgehen, ablehnt. In solchen Situationen lässt sich durchaus mit westlichen Werten argumentieren, empfehlen die interkulturellen Experten.

Manager brauchen vor allem soziales Gespür und Kompetenz, um weder sich noch das Unternehmen, für das sie arbeiten, zu blamieren. Doch allzu viele antrainierte Verhaltensweisen schränken den Handlungsspielraum einer Person meistens eher ein. Gute interkulturelle Trainings vermitteln über die allgemein gängigen Grundlagen hinaus vor allem eine Sensibilität für die kulturellen Unterschiede.

Schnell wechselt deshalb der Fokus hin zum sozialen Kompetenztraining. "Viele Manager sind zwar schlau, doch ihnen fehlt die soziale Umsetzungskompetenz", hat der Coach Ralf-Torsten Zitterbart von China Consultancy aus Berlin immer wieder festgestellt. In Geschäftsbeziehungen spielen seiner Erfahrung nach vier Faktoren eine wichtige Rolle: Machtverhältnisse, Interessen, Kultur und Sympathie. Deshalb lasse sich schlecht mit goldenen Regeln alleine arbeiten. Zumal immer auch Faktoren wie Alter, Ausbildung, Berufsweg und die Herkunft innerhalb des riesigen Reichs der Mitte die Situation zusätzlich verkomplizieren.

Wer länger bleibt, muss Mandarin lernen

Brauchen westliche Geschäftspartner Sprachkenntnisse?, ist eine weitere knifflige Frage. Zitterbart empfiehlt Managern, die drei oder mehr Jahre nach China gehen möchten, sich die Mühe zu machen und Mandarin zu lernen. Wer dagegen nur einen einjährigen Auslandseinsatz plant, komme mit 40 bis 50 gängigen Business-Phrasen und guten Englischkenntnissen weiter. Auch wer sich gut vorbereitet hat, wird immer wieder viel Geduld brauchen. Und auch in stressigen Situationen hilft es oft weiter, zu lächeln und abzuwarten.