CW-Kommentar

Ein IT-Sommernachts-(Alb-)Traum

11.08.2010
Von 
Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.
Sommerferien - für viele die schönste Zeit des Jahres, für einige die unbequemen Wochen, in denen man wegen der Familie nicht nach Lust und Laune arbeiten darf. In jedem Fall aber eine Zeit, in der der ansonsten stressgeplagte IT-Manager mal ungestraft nachdenken darf - auch über die Zukunft.

Wie geht es eigentlich weiter mit den IT-Organisationen in Anwenderunternehmen? Wie sieht der Job von CIOs und IT-Managern in 15 Jahren aus? Vermutlich werden sie nicht weniger arbeiten, aber sie werden anders arbeiten, und wahrscheinlich wird es weniger von ihnen sowie kleinere IT-Mannschaften geben als heute.

Vielleicht werden nur noch wirklich große Unternehmen und solche mit sehr spezifischen IT-Aufgaben eigene IT-Abteilungen unterhalten. Die anderen könnten ihre IT-Anforderungen komplett über IT-Dienstleister und Cloud-Provider abdecken. Über den Verlust des unternehmenseigenen IT-Know-hows wird sich kaum noch jemand Gedanken machen - genauso wenig wie über das Firmen-Know-how in Sachen Elektrizität oder Wasserversorgung. Solange der Wettbewerb unter den Dienstleistern funktioniert, muss sich niemand sorgen, dass er bei Vertragsverhandlungen über den Tisch gezogen wird.

Damit ein solcher Traum - oder je nach Perspektive auch Albtraum - wahr wird, ist allerdings eine zentrale Herausforderung zu überwinden: Die Enterprise-IT muss genauso plug-and-play-fähig werden, wie es die Consumer-IT heute schon ist. Wenn man mal ehrlich ist - und nichts trägt zur Ehrlichkeit mehr bei als ein Liegestuhl mit Meerblick und ein cooler Drink - sind die Anfänge bereits zu erkennen: Standardisierung, Virtualisierung, Software as a Service und andere Cloud-Varianten weisen alle in dieselbe Richtung: Informationsverarbeitung und -Management als Service.

Unternehmen, die sich mit dieser Perspektive nicht beschäftigen, geraten langfristig ins Hintertreffen. Ihre IT wird weniger agil und höchstwahrscheinlich teurer sein.

Für die verantwortlichen IT-Manager bedeutet das eine ganz neue Rolle. Sie brauchen sich nicht mehr um Legacy-Systeme und den Schutz ihrer Investitionen zu kümmern, sondern können endlich dafür sorgen, dass ihre Unternehmen die Services bekommen, die sie wirklich benötigen.

Das wirkt sich selbstverständlich auf die heutigen IT-Organisationen aus. Viele Unternehmen werden sich dafür entscheiden, nur noch kleine Retention-Organisationen aufrechtzuerhalten, die sich um das Management der Dienstleister kümmern. Andere werden ihre IT-Organisationen zu schlagkräftigen Innovationsteams umformen, die sich mit der Adaption von neuen Dienstleistungen beschäftigen. Ebenfalls vorstellbar ist, dass sich Unternehmen komplett von einer zentralen IT verabschieden und ihre Geschäftsbereiche selbständig Dienstleistungen einkaufen lassen.

Zu weit geträumt? Dafür sind die Sommerferien ja auch da. Im September holt uns die Wirklichkeit garantiert wieder ein.