Ein EAI kommt selten allein

11.10.2002
Von Ralph Neumann
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - E-Business-Lösungen entstehen in den wenigsten Fällen auf der grünen Wiese. Legacy-Systeme spielen nach wie vor eine zentrale Rolle in vielen Unternehmen. Ihre Anbindung wird in modernen EAI-Lösungen vernachlässigt. Abhilfe kommt hier über Host-Connectoren.

Die zentralen Systeme, die heute in den Rechenzentren stehen, haben die Inquisition der Jahr-2000-Wende über-standen und sind heute fester und unge-fährdeter denn je in den Unternehmen zementiert. Die Häretiker der New Economy sind stiller geworden. Die Dinos leisten ihre unverzichtbaren Dienste unauffällig, aber mit einer Verfügbarkeitsquote von 99,999 Prozent und einer Fehlerquote, die gegen null tendiert. Das gilt zunächst einmal für die Mainframes, die durch ein Hochverfügbarkeits-Design optimiert worden sind und in großen Organisationen Tausende oder Zehntausende von Benutzern bedienen. In ähnlicher Weise gilt das auch für die Midrange-Systeme, die im Mittelstand eine gleichermaßen bedeutende Rolle für die Basislast der Unternehmens-DV spielen.

Legacy-Integration im BEA WebLogic Integration Framework. (Quelle: Attachmate)
Legacy-Integration im BEA WebLogic Integration Framework. (Quelle: Attachmate)

Der Kostendruck, der derzeit auf den IT-Budgets lastet, erlaubt einerseits keine großen Sprünge und riskanten Großprojekte. Auf der anderen Seite besteht aber weiterhin ein starker Modernisierungsdruck, den der Internet-Sturm hinterlassen hat, selbst nachdem sich die Wogen wieder geglättet haben. Die kühlen Köpfe haben wieder Oberhand. Für sie gilt es, die Themen E-Business und EAI unter diesen Randbedingungen zu analysieren und zum Erfolg zu führen. Die zuverlässigen Zentralsysteme sind dabei eine gesundes Fundament, das dafür sorgt, dass das Haus nicht ins Wanken gerät. Sie sind letztlich auch die bessere Variante, denn E-Business-Lösungen verlangen einen stabilen 7x24-Stunden-Betrieb.

Die Entwicklung in vielen Unternehmen zeigt, dass Lösungen möglich sind, welche die Stärken der Altanwendungen und -Systeme nutzen, ohne sie anzutasten oder gar zu ändern. Es gibt mittlerweile verschiedene Wege und Technologien, um die existierenden Systeme zu modernisieren, in Web-Anwendungen umzuwandeln, Teile der Leistungen in Form von Web-Applikationen anzubieten oder in EAI-Konzepte einzubinden. Die Legacy-Systeme stehen deshalb nicht außen vor, wenn B-to-C- oder B-to-B-Lösungen diskutiert werden. Sie sind in vielen Fällen Kern der Lösung.

Einen großen Teil der Modernisierungsanforderungen decken Web-to-Host-Tools ab. Ihre Möglichkeiten reichen von der GUI-fizierung der Hostanwendungen bis hin zur Anwendungsintegration. Dabei ist unter GUI-fizierung nicht nur der einfachste Fall einer 1:1-Umwandlung von Hostmasken in Windows zu verstehen, sondern auch eine selektive Umwandlung von Maskeninhalten in HTML-Seiten. Durch grafische Gestaltung und eine erweiterte Benutzerführung kann man solche Anwendungen auch ungeschulten Internet-Benutzern zumuten. Host-Publishing-Systeme gehen noch einen Schritt weiter und erlauben die Navigation durch mehrere Host-Screens oder sogar über mehrere Hosts im Hintergrund. Sie präsentieren eine neue, integrierte Anwendung für die Benutzer im Intranet oder Internet.

Legacy-Systeme brauchen nicht links liegen zu bleiben, wenn es darum geht, EAI-Lösungen zu konzipieren, die traditionelle, separate Anwendungen in verbundene und weitgehend automatisierte E-Business-Lösungen integrieren. Für die Integration stehen verschiedene Optionen zur Verfügung. Sie reichen von einer Integration auf der Ebene der Anwenderoberfläche bis hin zur Einbindung in EAI-Lösungen. Die in modernen EAI-Systemen häufig fehlende Verbindung zu den Legacy-Systemen wird durch Host-Connectoren geschlossen. Sie helfen dabei, eine Realtime-Verbindung über Web-Services herzustellen.


Der Betriebsmittel-Einkauf bei Audi beispielsweise nutzte, historisch bedingt, verschiedene Host-Anwendungen, um auf Bestellanforderungen in einer CICS-Anwendung Bestelldaten in einer weiteren Host-Anwendung und Lieferantendaten in einer dritten Applikation zuzugreifen. Außerdem mussten bei jedem Bestellvorgang Daten an eine vierte Anwendung, ein Projektverfolgungssystem, weitergeleitet werden. Die erfahrenen Anwender waren damit zufrieden, sie kannten nichts anderes. Unerfahrene Mitarbeiter hatten ihre Schwierigkeiten damit, und die Systembetreuer waren unzufrieden. Um die Konsistenz der Daten zwischen den Systemen zu gewährleisten, mussten nämlich Abgleichlisten manuell überprüft werden. Eine neues, integriertes Frontend fasst nun alle Anwendungen zusammen und kombiniert sie schreibend und lesend. Dadurch wurden die Übertragungsfehler eliminiert und die Benutzung vereinfacht.

Web-to-Host-Lösungen haben sich in vielen Fällen als sichere Online-Bestell-Systeme bewährt. Mit den heute verfügbaren Tools lassen sich Lösungen mit Echtzeit-Zugriff auf Host-basierende Warenwirtschaftssysteme in wenigen Wochen umsetzen. Die Einsparungen im Innendienst durch die Selbstbedienung der Besteller sorgen in der Regel für eine Amortisation innerhalb Jahresfrist.