Bald Quarter-Inch-Cartridge-Kapazitäten von 1,35 GB (Teil 3)

Ein Blick auf neue Horizonte in der Welt der QIC-Streamer

21.06.1991

Die Zukunftsfrage im Streamer-Bereich lautet "QIC oder Helical-Scan". In den beiden letzten Ausgaben beschrieb Gernot Schärmeli* die technischen Grundlagen und die Möglichkeiten, die Bandkapazität zu steigern. Ein weiterer Knackpunkt ist die Steigerung der Übertragungsrate zwischen Laufwerken.

Gefragt ist neben Kapazität also sehr wohl auch die "Performance". Und wenn die neue 1,35-GB-Technologie auf den Markt kommt, ist es die STR, die die QIC-Anbieter dem Kunden als "das" überlegene technische Feature preisen werden und können. Es darf zweifelsfrei als ein QIC-immanenter Vorteil angesehen werden, daß sich der "Surge" in Sachen STR quasi automatisch einstellen mußte, als 3M die Kapazität in die Höhe trieb: Die angezogene Bit-per-Zoll-Schraube verdreifachte nicht nur die Gesamtzahl der aufs Band zu bringenden Bits, es flitzen damit pro Sekunde unter dem Kopf auch dreimal so viele Bits hindurch. Das erhöht die STR.

Schnellere Rotation bringt mehr Leistung

An der Bpi-Schraube nun können die DAT-Drive-Hersteller nicht so einfach drehen - denn die bisherige Basistechnologie sieht für jede 25-Millimeter-Schrägspur eine fixe Zahl von Bits vor. Deshalb wird hier eine Performance-Steigerung über eine höhere Kopf-über-Band-Geschwindigkeit gehen - sprich, über eine Erhöhung der Trommel-Rotation. HPs Ingenieure melden, daß sie im Labor bereits 5000 Umdrehungen pro Minute beherrschten. Eingedenk aller Sicherheits-Margins und auch einer Marketing-Politik, wonach man am besten nicht alle Reserven auf einmal aufbietet, darf für die Next-Generation-Drives mit 4000 Umdrehungen statt der bisherigen 2000 gerechnet werden. "2X-Mechanics" und "2X-Electronics" sind denn auch die Schlüsselbegriffe in HPs Entwicklungsplan (für Trommel und Bandbreite), mit denen die zweifache Performance erreicht werden soll. Wer es als DAT-Hersteller fertigbringt, diese Schraube anzuziehen, nutzt einen Vorteil der wiederum ganz DAT-spezifisch ist: Dreht die Trommel schneller, erhöht sich nicht nur die STR, sondern zugleich auch die Kapazität - denn wenn sich an der Tape-Geschwindigkeit nichts ändert, werden auf diesselbe Tape-Länge statt bisher einer Spur nun zwei Spuren mit erhöhter Überlappung geschrieben. Statt das Band also bei gleichbleibender Trommelumdrehung langsamer zu fahren, wird HP demnach wohl umgekehrt verfahren und bei gleicher Tape-Geschwindigkeit die Trommel schneller drehen lassen. Zwar heißt es, man wolle sich alle Optionen offen lassen. Doch der besagte Zugzwang in Sachen Transferrate dürfte die Wahl schon entschieden haben.

Auf diesem anderen Weg befindet sich dann aber auch die größere Herausforderung. Die erhöhte Kopf-über-Band-Geschwindigkeit mag ja für 60-Meter- und 90-Meter-Tapes im Labor schon sehr gut funktionieren. Doch bis sich auch die sehr dünnen 120-Meter-Tapes angesichts der gesteigerten Dynamik in perfekter Profil-Manier um die Köpfe schmiegen, scheint noch einiger Schweiß fließen zu müssen. Denn 120-Meter-Kassetten, so ist das erklärte Ziel, sollen die DAT-Drives der dritten Generation ja einwandfrei bewältigen können.

Wenn es darum geht, die Performance weiter zu steigern, werden sich die DAT-Anbieter im Vergleich zu QIC-Herstellern generell schwerer tun. Mit der genannten Verdopplung liegt man dann erst bei 386 KB/s - gegenüber den jetzt vorgelegten 600 KB/s - und das bei bereits mehr als doppelter Kopfüber-Band-Geschwindigkeit (4000 Umdrehungen pro Minute entsprechen rund 250 ips). Eine weitere Verdopplung der Drum-Speed dürfte deshalb ernste Probleme aufwerfen. Hier ist abzuwarten, wann die großen Veränderungen stattfinden werden. Der grundlegende Einschnitt wäre, wie erwähnt, das Basisformat zu ändern, so daß sich neues Magnetmaterial mit erhöhter Flux-Transition-Dichte nutzen ließe, und sich folglich auf eine Schrägspur wesentlich mehr Bits unterbringen ließen. Da die junge Gemeinde der DAT-Hersteller nun aber Gefallen an HPs DDS-Format gefunden hat, dürfte mit allzuviel Neuem nicht so bald gerechnet werden. Die Alternative besteht deshalb darin, nochmals in den Mechanismus einzugreifen und ein altes Performance-Handicap zu beseitigen. DAT-Drives legen nämlich zwischen zwei aufeinanderfolgenden Spur-Aufzeichnungen immer noch eine Pause beim Schreiben (und auch Lesen) ein, die ebenso lang dauert, wie die Aufzeichnung einer Spur selbst. Denn jeder der zwei - bei 0 und 180 Grad auf der Trommel sitzenden - Schreibköpfe zeichnet nur über eine Distanz von 90 Grad auf (da die Bandumwicklung nur 90 Grad beträgt).

3M meldet Laborerfolge

Zwei Köpfe mehr, bei 90 und 270 Grad, würden das Sendepausenproblem also beheben. Allerdings, die Erhöhung der Kopf-Anzahl dürfte hier Schwierigkeiten schon deswegen bereiten, weil dann zum ersten Mal gleichzeitig geschrieben und - im Rahmen des Read-after-write - auch gelesen werden müßte, und zwar bei räumlich viel enger zusammenliegender Lese- und Schreib-Kopf-Kombination, als dies bei QIC der Fall ist.

Hier müssen gewaltige Entwicklungsanstrengungen unternommen werden. QIC-Puscher 3M vermeidet indessen stolz, daß man auch hier Hand angelegt habe - und daß man nicht nur ordentlich investiert, sondern bereits auch Laborerfolge vorzuweisen habe. So sieht der QIC-Technologie-Entwicklungsplan denn auch vor, daß sich ab der 6 + -Ära statt des bislang nur einen Daten-Kopfes zwei Daten-Köpfe (plus Servo-Kopf) in die Geräte einbauen lassen - werden wobei die Kopfzahl-Verdoppelung hier gewiß eine etwas andere technische Konsequenz mit sich bringt als bei DAT. Vier statt zwei DAT-Köpfe würden den hereinfließenden Datenstrom immer noch sequentiell schreiben können. Operieren hingegen zwei QIC-Köpfe, bedeutet dies zugleich den Einstieg ins Zeitalter des parallelen, zeitgleichen Schreibens zweier Spuren. Praktisch alle Drive-Hersteller, die sich der 6 + -Generation bereits verschrieben, haben sich nach eigenen Angaben auf die Parallel-Schreibung festgelegt.

Der eigentliche Grund -dafür ist freilich nicht so sehr, die dann mit nur einem Kopf erzielbaren stolzen 770 KB/s auf 1540 KB/s zu steigern. Der Trend geht vielmehr dahin, die Technologie einheitlich auszubauen, damit sie auch noch respektable Leistungen zeitigt, wenn man sie auf die Mini-Catridge DC2000 adoptiert. Dort sollen sich in der entsprechenden 2-GB-Ära die zwei Datenköpfe sehr gut machen, da das Tape - wegen der geringeren Dicke und Breite - mit maximal 70 ips langsamer gefahren werden muß als bei den großen Schwestern der 6 +-Reihe mit 120 ips. Unterm Strich verspricht der Plan für ein solches Mini-Cartridge-Drive jedenfalls 880 KB/s anhaltende Transferrate, eine Leistung, die für die DAT-Welt nur äußerst schwer zu erreichen sein dürfte.

QIC-Anbieter locken mit DC

Bei allen bisherigen "Aufrechnungen" - betreffend die Kapazität oder die Transferrate - ist die Frage der Datenkompression (DC) ausgeklammert geblieben. Verfügt der Anwender über ein Laufwerk, das die Daten komprimieren kann, bevor sie aufs Tape kommen, gehen Kapazität wie auch Transferrate "netto" nach oben - um einen Kompressionsfaktor, der je nach Anwendung variiert. Eine gute Sitte adaptierend, pendeln sich die Wettbewerber bei ihren Spec-Angaben inzwischen auf einen durchschnittlich erreichbaren Faktor von 2,0 ein. DAT-Puscher HP etwa setzt mit einer zweiten Generation ganz auf DC.

Keine Frage, für viele Endkunden, deren Anwendungen vernünftige Kompressionsfaktoren zulassen, dürfte damit das Problem der bei DAT so mageren STR aus dem Weg geräumt sein. Andererseits kann HP in Sachen DC nicht mehr als einziger Versprechungen machen, die QIC-Anbieter locken inzwischen ebenfalls mit dem Feature.

Wer indessen auf DC nicht setzen will oder kann, steht um so mehr vor der Frage, was bei welcher Technologie wann verfügbar sein wird. Grob gesagt wird DAT wohl noch ein Jahr lang mit 2,0 GB vorne liegen, bis QIC-2000 gleichzieht - wobei kaum später allerdings 4-GB-DAT-Laufwerke (90-Meter-Band) erwartet werden dürfen. Erst diese Geräte aber werden dann mit 386 KB/s jene User interessieren können, die schon ein gutes Jahr mit den 600 KB/s der QIC-1350-Drives liebäugelten . In Sachen Kapazität bleibt auf absehbare Zeit DAT vorne, in Sachen Transferrate dagegen QIC.

Daß diese beiden Punkte nicht allein maßgeblich sind für eine Wahl der Technologie, versteht sich. Kritisch wird insbesondere die Frage "5 1/4- oder 3 1/2-Zoll" sein. Nicht mehr "DAT oder QIC" sondern "DAT oder Mini-QIC" könnte die Frage heißen.

Datensicherung wurde vernachlässigt

OEMs und Anwender, die sich gedanklich bereits mit einem Verlassen der 5 1/4-Zoll-Schiene auseinandersetzen, lassen sich auch kaum mehr mit einem der Lieblingsargumente der QIC-Anbieter locken: "Kontinuität" und "Sicherung der Investitionen", sprich: Abwärts-Kompatibilität. Kein Mini-Cartridge-Drive kann eine früher beschriebene Cartridge "echter" QIC-Ausmaße lesen.

Für die Gemeinde der QIC-Anbietet kann es deshalb auch nicht in erster Linie darum gehen, etwa die DAT-Technologie wieder aus dem Markt zurückzudrängen. Das ließe sich politisch zudem schlecht realisieren, da viele Hersteller, wie gesagt, inzwischen auch DAT anbieten. Die Anstrengungen konzentrieren sich vielmehr auf die Markterweiterung - allen voran 3M, das nun 13 wichtige Hersteller unter seiner Führung unter dem Dach der Initiative "Eurodrive" versammeln konnte. Die Mitglieder dieser Gruppe werden die nötigen Ressourcen für breitgefächerte Marketing-Aktivitäten bereitstellen die OEMs und Händler vornehmlich durch eine direkte Adressierung des Endkundens tatkräftig unterstützen sollen, unter dem Motto: Laßt uns nicht über Bits und Bytes argumentieren sondern den Usern klarmachen, daß sie statistisch gesehen ihre Datensicherung bis dato immer noch sträflichst vernachlässigen.

QIC ist nicht in der Sackgasse

Daß sich dann ein derart wachgerüttelter Systembetreiber am besten für die QIC-Schiene entscheiden möge, versteht sich als Ziel. Inzwischen hat 3M mit seiner 1,35-GB-Technologie immerhin demonstrieren können, daß QIC nicht in die Sackgasse geraten ist, in der sie schon manche sahen oder sehen mochten.

Viel wird davon abhängen, welche Gangart und Leidenschaft die einzelnen Hersteller in naher Zukunft an den Tag legen werden, wenn es darum geht, den Wachstumspfad mit realen Produkten zu bestücken. Und wie OEMs und Endkunden reagieren, hängt insbesondere auch davon ab, was sie mit den technischen Features anfangen können - sprich: von der Software, die die Drives zum arbeiten bringt.

*Dr. Gernot Schärmeli ist Berater und freier DV-Journalist in München.