Auslaufmodell nach 40 erfolgreichen Jahren

Ein Abgesang auf die Musikkassette

05.09.2003
MÜNCHEN (CW) - 1963 wurde auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin die Compact Cassette erstmals vorgestellt. Ein Rückblick zeigt, dass dieses Medium 40 Jahre lang den Markt für das Aufnehmen und mobile Wiedergeben von Musik und Sprache beherrschte. Erst das Aufkommen der CD-Brenner besiegelte ihr Ende.

EINLEGEN: Es waren gleich mehrere Vorteile, die die analoge Musikkassette mit sich brachte: Neben ihrer kompakten Größe waren es die Bedienfreundlichkeit und der niedrige Preis. Tonbandgeräte erlaubten es dem Verbraucher zwar schon damals, eigene Tondokumente oder Musik aufzunehmen und wiederzugeben. Nur war deren Handhabung nicht gerade einfach, außerdem waren sowohl Bänder als auch Abspielgeräte unhandlich und teuer. Ganz anders hingegen die Musikkassette: Klappe auf, Kassette rein, und ein Tastendruck reichte, um Musik aufzunehmen oder zu hören.

RÜCKSPULEN: Entwickelt wurde die "Audio Compact Cassette" vom Unterhaltungselektronik-Konzern Philips. Mit dem "Taschen Recorder 3300" zeigte der Hersteller auf der IFA 1963 auch gleich das dazu passende Abspielgerät. Mit Hilfe eines externen Mikrofons oder eines geeigneten Kabels ließen sich Lieder von Schallplatten aufnehmen und so eigene Zusammenstellungen mixen. Die Recorder, später ergänzt um ein Radioempfangsteil, das direkte Mitschnitte von Radiosendungen erlaubte, gehörten schon bald zur Grundausstattung jedes Jugendzimmers.

ABSPIELEN/AUFNEHMEN: Enormen Auftrieb für die Kassette gab es 1979: Sony revolutionierte damals das mobile Musikerleben mit der Vorstellung des ersten "Walkman". Das Gerät war nur wenig größer als die Kassette selbst und wurde in der Folge unzählige Male kopiert. Fortan prägten Kopfhörer tragende Teenager das Bild von Städten in der ganzen Welt.

PAUSE: Die Compact Cassette machte sich jedoch auch als preisgünstiges Speichermedium für Programme oder Daten einen Namen. Vielen Anwendern dürfte die "Datasette" noch in guter Erinnerung sein, die Heimcomputer wie der "C 64" von Commodore nutzten. Leider war es ziemlich umständlich, mit Hilfe des Bandzählers die genaue Position einer Datei auf dem Band wiederzufinden, und selbst kleinste Verstellungen des Tonkopfes erzeugten Lesefehler. Aufgrund solcher Nachteile konnte sich diese Lösung gegenüber komfortableren Medien wie der Floppy-Disk nicht durchsetzen.

VORSPULEN: Haupteinsatzgebiet der Kassette war und blieb jedoch die Musikaufzeichnung. Dabei ließ sich ihr wesentlicher Nachteil - die ohnedies nicht optimale und mit der Zeit gnadenlos abnehmende Soundqualität - selbst durch Chrom- oder hochwertige und teure "Metal"-Bänder nie komplett ausmerzen. Dennoch behaupteten sich "Tapes" selbst gegenüber Formaten wie dem Digital Audio Tape (DAT) oder der "Minidisc", die diesen Missstand beheben sollten. Es war vielmehr die Compact Disc (CD), die Anfang der 80er Jahre ihren Siegeszug antrat und zunächst die Schallplatte verdrängte, aber auch den Untergang der Musikkassette einläutete.

STOPP: Mit der Möglichkeit, die silbernen Scheiben auch selbst zu beschreiben und sowohl Musik als auch Daten zu archivieren, hat die CD der Kassette endgültig den Rang abgelaufen. Inzwischen greifen Verbraucher immer seltener zur Kassette, was an der besseren Qualität, aber auch am weitaus niedrigeren Preis für beschreibbare CDs liegt.

AUSWERFEN: Als Medium der Wahl für den mobilen Musikgenuss haben sich inzwischen MP3-Player etabliert. Während diese Geräte immer günstiger und kleiner werden, steigt ihr Fassungsvermögen beständig an. Produkte wie Apples "Ipod" bieten im Vergleich zur Musikkassette ein Vielfaches an Laufzeit - und das ganz ohne die Gefahr von Bandsalat. Den gibt es höchstens noch im Kinderzimmer, einem der letzten Reservate für Kassetten und bunte Plastikrecorder: den Hörspielen von "Benjamin Blümchen" und "Bibi Blocksberg" sei Dank. (ave)