Auch weiterhin keine Wartungsverpflichtung

EG-Kommission entscheidet im Speicherstreit gegen Phoenix International und für die IBM

06.11.1992

BRÜSSEL (CW) - Die IBM Corp. darf sich in Europa weiterhin aussuchen, welche Mainframes sie wartet. Ein Versuch des Leasers Phoenix International Ltd., Big Blue zur Wartung von Rechnern mit mutmaßlich veränderten Speicherkarten zu zwingen, ist an der EG-Kommission gescheitert.

Phoenix hatte im Juni 1992 in Brüssel geltend gemacht, IBM mißbrauche eine marktbeherrschende Position, indem es im Zweifelsfalle von Mainframe-Eignern den Nachweis verlange, daß niemand den Speicherplatinen mit dem Lötkolben zu Leibe gerückt sei. Die Kommission, verlangte das herstellerunabhängige DV-Handels- und Leasingunternehmen, solle IBM durch vorläufige Maßnahmen zwingen, Wartungsverträge in jedem Fall zu erfüllen und sich dem Wettbewerb zu stellen. Dieses Begehren wurde abgelehnt.

Der Wettbewerb besteht in diesem Fall darin, daß Drittfirmen Original-Speicherkarten aus IBM-Maschinen entnehmen und mit zusätzlichen Chips aufrüsten. Broker und Leaser wie Phoenix plazieren die rekonfigurierten Gebrauchtmaschinen oder die Memories allein dann erneut im Markt.

Der Computerhersteller behauptet, die - von Phoenix und anderen - umgebauten Boards würden fälschlicherweise als Originale ausgegeben; sie hätten sich darüber hinaus als störanfällig erwiesen. Dem "Wall Street Journal" zufolge geht IBM aus diesem Grund in Großbritannien und den USA wegen der Verletzung von Markenrechten gerichtlich gegen Phoenix vor.

Das Unternehmen dagegen steht, wie auch andere Leaser, auf dem Standpunkt, bei den umgebauten Karten handele es sich um Originale; es würden schließlich nur IBM-Komponenten verwendet. Lötstellen seien nicht proprietär und gefährdeten nachweislich nicht die Funktionssicherheit von Hauptspeicher-Platinen, heißt es in der Branche.