Interne Schulung der Mitarbeiter - warum, wann, wie?

EDV- und Fachabteilung gemeinsam schulen

22.04.1983

Effizienz in der Schulung setzt ein Konzept voraus. Dieses ergibt sich jedoch nicht von selbst. Ziele und Strategien müssen erarbeitet, Kosten und personelle Möglichkeiten dagegengestellt und schließlich Prioritäten definiert werden. Die Notwendigkeit zur Mitarbeiterschulung ergibt sich immer dann, wenn Ist- und Soll-Zustand voneinander abweichen; es geht also immer primär um das Problem der Bedarfsermittlung. Bislang erschien gerade dies im EDV-Bereich noch recht einfach: Neue Hard- und Software erforderten Aus- oder Weiterbildung bei Herstellern oder externen Anbietern.

Vielfach glaubte man in der Vergangenheit, damit auszukommen, daß man einige wenige auserwählte Mitarbeiter zu Kursen und Seminaren entsandte, die ihrerseits das erworbene Wissen wieder an die Kollegen im eigenen Hause weiterzugeben hatten. Es ist keine Neuigkeit, daß dieser Lerneffekt "aus zweiter Hand" Schattenseiten hat.

Dagegen, alle betreffenden Mitarbeiter extern schulen zu lassen, sprechen aber Kosten und immense Arbeitszeitausfälle. Auch die Variante, daß der Fachinstruktor "ins Haus" kommt, verringert die Probleme allenfalls, beseitigt sie aber nicht. Entweder wird der Erfolg fragwürdig, weil die Teilnehmergruppen zu groß sind, oder die Kosten steigen erheblich, weil auswärtige Kapazitäten zeitlich zu lange in Anspruch genommen werden müßten.

Selbst wenn diese Umstände zu verkraften sind, fällt ins Gewicht, daß man dann in der Regel den Konzepten anderer Veranstalter folgen muß. Darüber hinaus kann dann kaum von individuellem, teilnehmerorientiertem Lernen die Rede sein. Generell folgt also ein solches Vorgehen immer Notwendigkeiten und Bedingungen, die sich von außen für die Unternehmen ergeben.

Grenze der Belastbarkeit

Ein langfristiges Schulungskonzept sollte aber in erster Linie die innerbetrieblichen Erfordernisse bedienen. Einer Bedarfsermittlung muß daher eine mit der gesamten Unternehmensstrategie abgestimmte Projektplanung vorausgehen, aus der sich dann eine Bedarfsanmeldung ergeben kann.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der eindeutig für die interne Schulung spricht, ist die fachübergreifende Aus- und Weiterbildung. Wer kennt nicht die vielfältigen Probleme, die sich im EDV-Bereich ergeben haben, als man gerade glaubte, die Lösungen gefunden zu haben. Ein Beispiel mag den Sachverhalt verdeutlichen: Bislang bewährte Organisationsstrukturen in den Fachabteilungen waren oft genug an der Grenze ihrer Belastbarkeit, während die EDV-Abteilung im Prinzip flexible und vielseitige Werkzeuge zur Bewältigung von Organisationsproblemen anzubieten hatte und hat.

Kaum auszuschöpfende Möglichkeiten

Beide Abteilungen folgten aber einer Eigengesetzlichkeit, die ein Zusammenkommen vielfach verhindert hat. Die Einrichtung von Datenbanksystemen erfordert eben auch eine Umstrukturierung und Neuorganisation in den Fachabteilungen, damit vorhandene Werkzeuge optimal genutzt werden können. Die Schulung beider Abteilungen gemeinsam wäre hier eine wirksame Lösung.

Beispiele, die für dieses Vorgehen sprechen, lassen sich aus den reinen EDV-Anwendungen in großer Zahl zitieren; bislang ist auch mit jedem neuen System ein neues Problem aufgetreten. Im Augenblick spielt sich ein vergleichbarer Vorgang auf dem Gebiet der Telematik oder Büroautomatisierung ab.

Verbundsysteme, Minis, - Mikros, Sprach- und Bildkommunikationsanlagen, Fernverarbeitungssysteme und Breitbandnetze bieten noch kaum auszuschöpfende Möglichkeiten, stellen aber gleichzeitig auch neue Anforderungen. Telematik ist aber nur dann eine produktive Lösung, wenn sich eine echte Integration aller Teilsysteme realisieren läßt.

Daß dies auf der Grundlage einer umfangreichen, fachübergreifenden Schulung zu geschehen hat, zeigt wieder die Praxis, wo heute die Verantwortung entweder an eine Abteilung (meist die EDV) abgeschoben oder andererseits von einer Abteilung "an sich gerissen" wird. Selbst bei großen Herstellerfirmen bewachen die zuständigen Mitarbeiter wie mit Scheuklappen "ihren" Bereich, so daß eine Trennung von Rechnern, Textsystemen oder Nebenstellenanlagen schon fast wieder programmiert scheint, obwohl gerade der Verbund aller Systeme allein zukunftsweisend ist.

Eine getrennte, externe Schulung führt nach den Erfahrungen in den Unternehmen aber oftmals zum Gegenteil. Aus der Psychiatrie ist eine vergleichbare Erscheinung bekannt: Wenn zwei rivalisierende Ehepartner - um eben diesen Zustand zu beheben - zu verschiedenen Psychiatern gehen, werden sie sich auch noch zusätzlich streiten, wessen Arzt der bessere ist.

Auf Zielgruppen abgestimmt

Sucht man nun aber nach einem begründbaren Konzept, wann eine interne Schulung angebracht ist, so sind zumindest zwei Aspekte zu unterscheiden. Einmal sollten Ausbilder und Kurse ständig verfügbar sein, damit genügend viele Mitarbeiter in genügend kleinen Gruppen geschult werden können.

Das ist schlicht nur innerhalb des Unternehmens möglich, läßt aber gleichzeitig auch einen ausreichenden zeitlichen und organisatorischen Spielraum für Wiederholungen und didaktische Differenzierungen. Hier spielt die Effizienz von Schulungsmaßnahmen eine wichtige Rolle, sie ist eben nur dann zu gewährleisten, wenn Unterrichtsprojekte auf die Zielgruppen abgestimmt werden.

Spitze des Eisbergs

Der zweite Aspekt betrifft wieder die Bedarfssituation. Also Schulung dann, wenn sie nötig ist. Ganz allgemein läßt sich hier nur auf Neuerungen und Änderungen hinweisen, die einmal von Herstellern oder Softwaresystemen kommen, auf der anderen Seite durch Marktsituationen oder die Unternehmenspolitik begründet sind. Auf die EDV angewandt, hört die Notwendigkeit zur Schulung bislang nicht auf, zumal die derzeit verfügbare Mikrochiptechnologie nur die Spitze des Eisberges zu sein scheint.

Die Leistungsfähigkeit von CIM-Systemen (Computer Integrated Manufacturing) ringt bereits heute selbst "alten EDV-Hasen" zumindest ein Staunen ab. Hier ist ständige Schulung wenigstens als Anpassung an die rasante Entwicklung nötig.

Eine weitere Notwendigkeit ergibt sich aus der bereits angesprochenen Situation, daß Kommunikationsschwierigkeiten mit den Fachabteilungen auftreten. Hier sollte Schulung nicht als Therapie für einen bereits bestehenden sondern als Präventivmaßnahme für einen drohenden Zustand verstanden werden.

Die Schwierigkeiten der Praxis belegen, daß dies in vielen Fällen vorhersehbar gewesen wäre und damit bereits bei der Projektplanung berücksichtigt werden muß. Die Gelegenheit, die nötige Voraussicht zu beweisen, ist jetzt gegeben, wo allerorts bemerkt wird, daß die Telematik - zumindest in Teilbereichen - längst Einzug in unsere Büros gehalten hat.

Erfolgt die notwendige Schulung zu spät, haben sich meist unausrottbare Widerstände gebildet, die beispielsweise beim Nicht-EDV-Personal bis heute bestehen. Schulung beinhaltet Maßnahmen, die auf die zukünftigen Anforderungen vorbereiten sollen; im Zusammenhang von Schule und Kindern erhält diese Aussage eine triviale Selbstverständlichkeit.

Bei der beschriebenen Bedeutung der innerbetrieblichen Aus- und Weiterbildung müssen alle Schulungsmaßnahmen einen absolut professionellen Hintergrund haben, und zwar hinsichtlich Konzeption, Einsatz und Durchführung. Die allenfalls fachkompetente Vermittlung von soeben gerade selbst erworbenem Wissen kann kaum dazu führen, daß die Mitarbeiter anschließend in der Praxis zurechtkommen. Hier sehen sich viele Ausbilder in der Situation, daß sie zwar über genügend und mehr Fachwissen verfügen, es aber nicht zielgruppenrelevant vermitteln können.

Wo aus den erwähnten Gründen die Schulung durch externe Fachleute mit pädagogischer Ausbildung nicht möglich ist, bietet sich eine andere Lösung an, die zudem flexibler, oftmals effektiver und meist weniger kostenintensiv ist. Gemeint sind Medienverbundkurse, die seit langer Zeit angeboten werden.

In der Regel bestehen sie heute aus Videokassetten, Audiokassetten und schriftlichem Begleitmaterial, das von Fachleuten erstellt und in der Praxis hinreichend erprobt ist. Dabei handelt es sich vielfach um komplette Einheiten, die sowohl in bestehende Konzepte einbezogen als auch lediglich von einem Koordinator betreut werden können.

Durch Aufbau und Gestaltung werden sie den meisten Anforderungen an den erwünschten Lernerfolg gerecht und erlauben oftmals eine objektivere Kontrolle als rein personale Vermittlungstechniken. Zumindest im EDV-Bereich können zur Zeit alle wichtigen Aspekte von mit Medienverbundkursen abgedeckt werden.

* Kurt Lanzke, Redakteur, Advanced Systems GmbH, Düsseldorf.