VDF packt ein heißes Eisen an:

EDV-Personal könnte mehr leisten

06.07.1979

LUZERN (sg) - Auf einer gut besuchten Tagung in Luzern, zu der der Verband der Datenverarbeitungsfachleute (VDF) im SKV geladen hatte, wurde ein bemerkenswerter, wenn auch nicht gerade als gelungen zu bezeichnender Versuch unternommen, dem oft zitierten Mangel an EDV-Personal in der Schweiz beizukommen.

Eine Analyse von Peter Atzenweiler (für den Bereich Bildung zuständiges Vorstandsmitglied im SKV), die in die provokativ anmutende Feststellung mündete, daß der Mangel an EDV-Personal nur teilweise echt sei, bildete den eigentlichen Einstieg in das brisante Thema. Atzenweiler machte vor allem geltend, daß an eine "volle Ausschöpfung" der Leistungen des EDV-Personals so lange nicht zu denken sei, wie Führungs- und Organisationsmängel,

fehlendes Projekt-Managemet sowie nicht genutzte Schulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten zur Tagesordnung betrieblicher EDV-Stellen gezählt werden müssen.

Selbsthilfe-Ausbildungsprogramme

Wenig Gutes stellte der gleiche Referent auch zur Ausbildung fest. Sie habe nach seiner Meinung ganz einfach nicht Schritt gehalten mit der technischen Entwicklung, und sofern sie überhaupt als Programm vorhanden gewesen sei habe sie sich zu stark an rein theoretischen Disziplinen orientiert.

Der in dieser Feststellung anklingende Vorwurf richtet sich - wie kaum anders zu erwarten - einmal mehr an die Adresse der Herstellerfirmen. Nicht zuletzt habe ihre wechselnde Politik, als deren Folge immer mehr und komplexere Neuerungen an Programmiersprachen und Betriebssystemen entstanden, "mit Erfolg" dazu beigetragen, daß bis heute selbst in der Basisausbildung für EDV-Berufe keine einheitliche Form gefunden werden konnte. Ergo gäbe es auch heute keine Schule, die eine praxisorientierte Ausbildung vermitteln könne.

Selbsthilfe-Ausbildungsprogramme einiger Großanwender, vornehmlich aus Kreisen der Großbanken und Versicherungsgesellschaften, seien da oft genug der einzige Weg, der aus dem Personaldilemma herausführe.

Der Erfolg gibt jenen recht, die diesen kostspieligen und risikobehafteten Weg bislang gegangen sind. Dennoch sei dieser Ausbildungsweg nicht vorbehaltlos gutzuheißen. Dies um so mehr, als davon ausgegangen werden müßte, daß die EDV-Spezialisten in Zukunft nicht mehr so stark oder gar ausschließlich auf einzelne, systemspezifische Kenntnisse hin auszubilden sind, sondern statt dessen die grundlegenden Begriffe der Informatik beherrschen lernen müßten.

Vor diesem Hintergrund entwickelte sich unter fachkundiger Leitung von Prof. Dr. J. Nievergelt von der Hochschule St. Gallen eine lebhafte Diskussion, aus der heraus sich einige Empfehlungen für Abhilfeprogramme ergaben.

Undurchführbare Empfehlungen

So möchten es die einen zunächst einmal mit dem Import von EDV-Spezialisten aus dem Ausland, gemeint war wohl in erster Linie die Bundesrepublik, versuchen, während andere das Heil in einem vermehrten Ausbildungsangebot der Hochschule sehen. Das eine wie das andere dürfte jedoch an Undurchführbarkeit, man denke nur einmal an den hierzulande praktizierten "Ausländerstop", scheitern.

Wieder andere, die meinten, die Personalverknappung sei durch die Marktführer bewußt gesteuert, empfehlen den Anwendern die Entwicklungs-Phasen ihrer Systeme zeitlich länger zu befristen und überdies zu prüfen, ob nun wirklich alles und jedes mit Hilfe der EDV organisiert werden muß. Diese Gruppe äußerte sich auch dahingehend, doch weniger neue Anlagen zu installieren, um so Umstellungen und Neuentwicklungen eine Zeitlang überflüssig zu machen.