perfekt auswärts

EDV-Englisch zum Mitreden Computervokabeln kurzweilig verpackt und text-intern präsentiert6 Kapitel, 2. Teil Organisationsänderung - jetzt oder nie

14.08.1981

Jeder kann heute, wenn er will und keine Akzeptanzprobleme fürchtet, den Computer im eigenen Haus einsetzen. Besonders die mittleren und kleinen Unternehmen, die seit 1980 verstärkt dazu übergehen, ihre bislang den Service-Rechenzentren anvertraute Organisation im Do-it-yourself-Verfahren zu erledigen. Die Tendenz zur EDV-Selbstverwaltung bei Kleinanwendern hat etwas Zwingendes. Sie ergibt sich nicht allein als Folge des Hardware-Preisverfalls, sie steht auch im direkten Zusammenhang mit der Ablösung stapelverarbeitender Verfahren (batch processing) durch die modernen Online- und Dialogmethoden: Der Bildschirm am Arbeitsplatz der den Zugriff auf EDV-Kapazität erlaubt, erfordert zwar nicht unbedingt die datentechnische Autarkie - er führt aber zu entsprechenden Überlegungen.

Für den Novizen im Anwendungsbereich der elektronischen Datenverarbeitung ist der Weg zum Rechner streckenweise beschwerlich, denn die Fülle der gebotenen, sich ergänzenden oder gegenseitig ausschließenden Möglichkeiten verwirrt den Erfahrungslosen, der ohne fachmännischen Rat die Check-Liste der Umstellungserfordernisse nicht sinnvoll abhaken kann. Wer hingegen das Feld allein dem Experten überläßt, unternimmt bereits den zweiten Schritt in der Richtung zur technischen Lösung seiner Organisationsaufgaben. Der erste Schritt, die Bewertung entscheidungsrelevanter Umstände in Sachen Computereinführung, sollte nicht ausschließlich von der Fürsprache des Spezialisten abhängen (der ohnehin in irgendeiner Weise stets "dafür" ist), sondern auch von eigener Einsicht. Trotz - oder gerade wegen - des überarbeiten Instrumentariums im Gebiet der angewandten Informatik wiegt die Grundfrage nach dem Warum schwerer als die Idee über das Was und Wie. Organisatorische Zielvorstellungen sind zu planen - eine Übung, die bei größeren Wirtschaftseinheiten zur Routine zählt, bei kleinen Firmen jedoch, zumal in deren "vollelektronischer Periode", weit hinter den Pflichten zur Bewältigung primärer Geschäftszwecke rangiert. Doch auch der mittelständische Unternehmer muß sich, unbeeinflußt vom Trend, darüber klar werden, ob 1. seine Organisationsziele jetzt und künftig den Einsatz der EDV prinzipiell notwendig machen; 2. die anvisierten Resultate im Vergleich zur gegenwärtigen Praxis substantielle Vorteile aufteilen und nicht bloß das Bisherige reproduzieren; 3. das Unternehmen die einschneidende Umstellung so verkraftet, daß die "wichtigste Nebensache des Betriebs" nicht auf eine ungebührlich hohe Prioritätsstufe im Gesamtkonzept der unternehmerischen Tätigkeiten vorrückt.

Eine EDV-Umstellung bietet die einmalige Gelegenheit, die Fehler der bisherigen Organisation zu identifizieren und auszuschalten und damit die administrative Produktivität zu erhöhen. Selbst der (in überflüssiger Position beschäftigte) Schwiegersohn des Chefs hat normalerweise vor einem Computer so viel Respekt, daß er geneigt ist, Zugeständnisse zu machen, die man ihm ohne den Mythos der maschinellen Informatik nicht abringen könnte.

Recommendations for revising the organisational structure may include reallocation of functions and combination of duties, elimination of departments, sections and positions; chekking the co-ordination among departments and avoiding the splitting of functions - or their duplication.

Gerade diese "duplication of functions" - also die hinlänglich bekannte Tatsache, daß verschiedene Abteilungen oft die gleichen Aufgaben wahrnehmen- kann vor der Logik der Programme nicht bestehen: Hier gerät die "Un-Menschlichkeit" des Systems zum Vorteil für das Kostendenken. Der Computer bleibt nämlich völlig unberührt von jeder stillschweigend geduldeten Verfilzung der Interessen und Sympathien, ihn hemmt in seiner Aussage weder Freundschaft noch Verwandtschaft noch Klüngelei. Mit naiver Sachlichkeit legt er seine magnetischen Finger auf die alten Firmen-Tabus - Diskretion ist nicht die Stärke der EDV.

Obviously, an orderly transition from the old to the new organisation must avoid damaging the morale of the personnel, moreover, it should not disrupt current business operations.

Frage: Welche "applications" sind vom Computer zu erwarten? Welche Arbeiten soll und kann er übernehmen?

Antwort: Die gesamte Verwaltung und den Hauptteil der sogenannten dispositiven Tätigkeiten, das heißt der Aufgaben, in denen die Entscheidungen nach einem logisch nachvollziehbaren (wenn auch komplexen) Schema zu treffen sind.

Jenseits der administrativen und dispositven Aktivitäten liegt das Feld der vorläufig noch computersicheren Kreativität sowie der Mensch-zu-Mensch-Beziehungen, auch "personal service" genannt. Am Beispiel der Humanmedizin läßt sich demonstrieren, wie weit die elektronische Datenverarbeitung, über die verwaltungstechnische Routinearbeit hinaus, als Arzthelfer fungieren kann - und wo die Grenzen liegen.

Mehr darüber in der folgenden Story.

Billys Straßenkreuzer landete im Graben

Als der EDV-Berater Billy McKilly auf seiner Geschäftsreise nach Bourbon Creek im hinteren Texas einem kapitalen Kojoten ausweichen wollte und dabei etwas vom rechten Weg abkam (genauer: Billys Straßenkreuzer landete nach dreifachem Überschlag im Graben) keilte sich sein rechter Fuß so unglücklich ins vordere Trümmerblech seines Totalschadens, daß die hilfreiche Highway Patrol den Verklemmten per Schweißbrenner befreien mußte.

Im Bourbon Creek Hospital wußte der Frischeingelieferte dann nicht, was schmerzhafter war - das kaputte Knöchelscharnier oder die flagrante Abwesenheit jeglicher Computeridee bei den orthopädischen Medizinmännern.

Also beschloß Billy, dem verantwortlichen Professor einige Denkanstöße in Richtung auf die klinische EDV zu vermitteln. Doch erst im OP, kurz vor dem Skalpell, bot sich dazu die Gelegenheit ...

"Just a second, please", sprach der Patient und schob den Schlauch mit dem Narkosegas zur Seite. "Before you start cutting up my precious paw, verehrter Professor, geschätzte Doktoren, Schwestern und Pfleger, lassen Sie mich einen allgemeinen Glückwunsch aussprechen für Ihr dispositives Talent, das Sie befähigt, sich meiner akuten Gelenkdeformierung so vollzählig zu widmen. Denn meines Erachtens haben Sie gar keine Zeit, weil sie nämlich jetzt alle im Hinterzimmer der Pförtnerloge sitzen müßten, um dortselbst rund um die Uhr wenigstens einen Teil der Verwaltungsarbeit zu verrichten, die normalerweise ein Computer erledigt, welchen Sie aber offensichtlich nicht besitzen, was mir trotz meiner horizontalen Lage sofort auffiel, als man mich sehr konventionell durch die administrative Schleusenkammer der Notaufnahme schob. No, Sir there seems to be a frightful lack of computer applications in your Bourbon Creek Hospital, obwohl hier, wie jeder Profi sogleich erkennt, ein enormes Datenvolumen zu verkraften ist: jährlich mindestens 400 000 Visiten, 30 000 Patienten zur ambulanten Behandlung, 300 000 Terminvereinbarungen, zirka 500 000 oder mehr Rechnungen. Zusätzlich werden Diagnosen, Therapien und Niederkünfte registriert und Strichlisten über die Letalabgänge geführt - von der Verwaltung Ihres hauseigenen Friedhofs ganz zu schweigen. Doch welche Hilfsmittel stehen Ihnen zur Verfügung? - Wahrscheinlich nur Kugelschreiber und ein paar angebrauchte Blaublätter. Ach du heiliger Meniskus von Manitoba! Die verkrampfte Bürokratie dieser Anstalt hängt am Tropf einer präelektronischen Organisation! Allerdings möchte ich betonen", fuhr Billy McKilly einlenkend fort, denn der Oberorthopäde macht ein Gesicht, als hätte jemand seine Lieblingslanzette zum Linoleumschneiden mißbraucht, "... möchte ich betonen, daß mir Ihr Hospital sehr gut gefällt: jeder Arzt ein Sauerbruch, jede Schwester eine Oberin, jedes Gipsbein eine Plastik, jedes Bett ein wirbelfreundliches Liegesystem. Sie kontrollieren gewiß ein maximales Potential an Know-how, und wenn der Spruch vom Automationsvorteil der EDV und von der Befreiung des Menschen für höherwertige Aufgaben je Geltung hatte- dann in der Krankenhauspraxis. Ihre heile Welt, Herr Professor, ist heil, wenn sie heilt. Also beschäftigen Sie Ihr Personal bitte ausschließlich mit dem Heilungsprozeß! Cut out this inefficient handling of organisational necessities! I´m sure the office philosophy of this institution has not changed for the last 50 years. So what you need is a streamlined central processor with firmware and comprehensive communication facilities. Dazu Online-Fähigkeiten und einen Satellitencomputer für den Sonderkomplex der Rezeptabrechnung. Der Hauptspeicher müßte umfangreich sein, denn die Redundanz, die er aus therapeutischen Sicherheitsgründen braucht, kann nicht hoch genug angesetzt werden. Wie sagte schon der alte Paracelsus? Errare clinicum est. Auf gut amerikanisch: Hospitals commit errors - more than a 2-megabyte-system can locate and eliminate. Wem das nicht an die Nieren geht, er ist es nicht wert, daß man sie ihm entsteint."

Billy McKilly bemerkte, daß der Narkosearzt, unbeeindruckt von der Organisationskritik, einen neuen Angriff starten wollte. Schnell wechselte er darum die offerierte Konfiguration:

"Wenn ich mir´s recht überlege, ladies and gentlemen, wäre Ihnen mit distributed processing auch nicht schlecht gedient. Terminals und Stand-alone-Minis bieten glänzende Applikationen. Die Kosten pro Transaktion sind gering. Verbindet man die dezentralen Kraftpakete dann noch durch einige Hochleistungskanäle (was natürlich eine individuelle Netzwerk Konzeption voraussetzt), so erhält man ein brauchbares Krankenhaus-Informationssystem.

Im leidlindernden Lazarett

Jeder Benutzerkreis in diesem leidlindernden Lazarett verfügt dann über eigene Hardware, mit der er auf fremdgespeicherte Daten direkt zugreifen kann. So ein Mini-Verbund liefert für die verschachtelten gesundheitsrelevanten Domänen wahrscheinlich die beste Strukturlösung. Vom Pharmakatalog bis zur Prothesenpreisliste, von der Ersatzkassenleistung bis zur digitalen Röntgenbildauswertung - es gibt nichts, was die verknüpfte Enormkapazität der Kleinrechner nicht nanosekündlich in praxisnahe Informationen umsetzt: durch den Einsatz opulenter Programme. Die Software", dozierte Billy begeistert und schlang einen Knoten in den Lachgasschlauch, "die Software ist die kreative Akupunktur am Nerv den elektronischen Systems. Sie ermöglicht den Dialogverkehr über das Sichtgerät, den vitalen Direktabruf. Freilich: In der Humanschneiderei von Bourbon Creek scheint mir ein Bildschirm vorerst nur als Fernseher denkbar. Cowboyfilme mit Ronald Reagan statt interaktiver Datenbank! Selbst hier im OP vermisse ich so manches gute Computerstück. Oder haben Sie mich vielleicht an einen Monitor angeschlossen und dem Supervisor den Beginn der Patientenüberwachung gemeldet? Did you? No, you didn´t. Also frage ich Sie im Namen der Volksgesundheit und der texanischen Ortskrankenkassen: Was nutzt der hippokratischste Eid, wenn nicht ein vollintegrierter Leukozytenzähler die Diagnose absichert? I know you do your best. But that is not enough. Wenn auch, wie hier, die Sorgfalt an sauber sortierten Sehnen säbelt, so wünscht sich der progressive Patient dennoch den Service des softwaregestützten Systems."

Der fußverletzte EDV-Berater wollte weiterreden, von der Abwehrfront gegen die Elektronik berichten, die den manuellen Betrieb und die kalte, karteigeführte Patientendisposition als zwischenmenschliche Kontaktwärme ausgibt - indes, seine Umgebung vernebelte sich, und irgendetwas klatschte ihm ständig gegen die Wange ... da wachte er auf.

Vor ihm stand der freundliche Professor: "You had quite a fitful sleep Mr. McKilly. But we repaired your foot very nicely. Two weeks of rest - and it will be like new."

Billy McKilly blinzelte verwirrt: "Did I talk much while I was out?"

"Ein paar Systemvorschläge sind Sie jedenfalls losgeworden", lächelte der Skalpellmeister. Nur: Wir haben bereits eine computertechnische Organisation. But you were too sick to notice. Sehen Sie, die ständig anschwellende Administration, die unübersichtliche Vielfalt der Sätze, Kosten und Gebühren schaffen auch wir nicht ohne Rechner. Hingegen bemühen wir uns, die EDV nicht sichtbar werden zu lassen. Die Durchlaufgeschwindigkeit des Patienten in diesem Hospital ist nach wie vor humanmedizinisch bestimmt. Eine rein datentechnische Orientierung wäre nur unter Verzicht auf emotionale Rücksichten möglich. Doch der Einsatz der Roboter solI nicht zur Erosion des Vertrauens zwischen Helfern und Hilfsbedürftigen führen. Meine informatisch gebildeten Assistenten schwören zwar auf ihre Diagnoseprogramme. (Nicht jeder auf jedes. Aber jeder auf seines.) Anyway, office automation is proliferating, because the costs of computer power are dropping dramatically. But we see to it that a conversation between the doctor and his patient does not degenerate into nonverbal, nonpersonal communication."

Es fehlt der Blick fürs Total-Rationale

Der Professor ging. Der gegipste Organisator blieb zurück. Nachdenklich schielte er auf seinen stillgelegten Hinterlauf. Die Zeit heilt alle Wunden sinnierte er, doch sie bewältigt nicht die Unbill ihrer eigenen Vergeudung. In dieser Anstalt hier ließen sich mit einigen innovativen Geräten noch bessere Fortschritte erzielen. Dem Klinikchef fehlte bloß der Blick fürs Total-Rationale.

Billy McKilly schlief wieder ein. Er träumte von einer Wuchtbrumme von Professor mit vielen Programmen für die Informationssynthese, das heißt: für die Zusammenführung von Daten zu neuen Informationsqualitäten. Im Unterbewußtsein des schlummernden Spezialisten formalisierten sich die medizinischen Arbeitsgänge zu einem eleganten EDV-Vorschlag ...

Computer experts are incurable.