EDS arbeitet am Imagewandel

04.04.2008
Der IT-Dienstleister ist im Infrastrukturbereich gut aufgestellt. Nun strebt er ins Application-Management.

Als Unternehmen mit Wurzeln in Texas könne man auf eine lange Historie in der Öl- und Energiebranche zurückblicken, kommentierte EDS-Vice-President Bill Thomas das jüngste Outsourcing-Abkommen mit Shell lakonisch. Doch ein Konzern wie Shell wird sich bei der Auswahl des künftigen Partners für die weltweite IT-Betreuung von rund 150 000 Nutzen kaum von Traditionen beeindrucken lassen haben. Immerhin hat der Mineralölriese einen Auftrag im Wert von rund einer Milliarde Dollar über die nächsten fünf Jahre an den künftigen Partner vergeben. "EDS hat massiv in ein weltweites Liefermodell investiert, um die IT-Services zu standardisieren und auszuweiten", schildert John Madden, Research Director bei Ovum, die Hintergründe. "Der Vertrag räumt EDS die Möglichkeit ein, den Nutzen der Investitionen für weltweit aufgestellte Kunden zu belegen."

EDS verlagert weitere Stellen

Eine wesentliche Komponente in dem weltweit verteilten Liefermodell sind Servicezentralen in Niedriglohnländern. Etwa ein Drittel der 140 000 Mitarbeiter arbeitet bereits in Indien, und der Umbau soll weitergehen. EDS hat bereits angekündigt, das so genannte Besthore-Modell auszubauen und noch mehr Ressourcen zu verlagern.

RZ-Betrieb ist ausgereift

Die zweite wichtige Komponente im EDS-Geschäftsmodell ist der enge Kontakt zu Hard- und Softwareherstellern. Seit Jahren pflegt EDS im Rahmen der Agility Alliance Partnerschaften mit Infrastrukturanbietern wie EMC, Cisco, Microsoft und Oracle. Die Kooperationen haben EDS dabei geholfen, die eigenen Lieferstrukturen auf den neuesten technischen Stand zu bringen und Standardservices weltweit und weitgehend automatisch zu betreiben. "EDS hat die Hausaufgaben konsequent gemacht und die interne Organisation auf Effizienz getrimmt", lobt Christophe Chalons, Geschäftsführer des Marktforschungs- und Beratungshauses Pierre Audoin Consultants (PAC), den Serviceanbieter. Den Rechenzentrumsbetrieb von EDS erhebt der PAC-Chef zum Branchen-Benchmark. Auch das Desktop-Management sei sehr standardisiert und leistungsfähig, so Chalons. Die engen Beziehungen zu den Software- und Hardwarelieferanten zahlen sich auch in Outsourcing-Projekten aus. Frühzeitig holt EDS die Partner ins Boot, um Ausschreibungen zu gewinnen. "Das Outsourcing-Abkommen mit Vodafone hat EDS mit der Agility Alliance gewonnen", weiß Chalons. Und auch in der Betriebsphase vertraut der Anbieter auf fremde Hilfe. Um die Verpflichtungen gegenüber Shell einhalten zu können, werde man eng mit den Alliance-Partnern zusammenarbeiten, versprach EDS.

Der Shell-Auftrag ist ohne Zweifel ein wichtiger Erfolg des Unternehmens, doch neue Herausforderungen sucht der IT-Dienstleister im Application-Management, also abseits des einfachen Infrastrukturbetriebs. "Der Schritt zu höherwertigen Services im Applikationsumfeld ist logisch und sinnvoll", bestätigt Matthias Kraus, Research Analyst beim Marktforschungshaus IDC. Dort locken höhere Margen und inhaltliche Aufgaben, die stärker im Kerngeschäft der Anwenderunternehmen verankert werden. Je enger die Arbeiten der IT-Dienstleister mit den Applikationen verzahnt sind, desto weniger gut sind sie austauschbar. Daher strebt EDS Projekte etwa zur Erneuerung von Altapplikationen, im Betrieb, für Management und Pflege von Geschäftsanwendungen sowie im Anwendersupport und zur Einführung und Integration einer SOA an. "In diesem Markt gibt es noch erhebliches Potenzial", kommentiert Chalons.

Mit Consulting gescheitert

Doch Anwender betrachten und verpflichten EDS vornehmlich als Infrastrukturanbieter. Wie schwer ein Imagewandel und eine Portfolioerweiterung sein können, musste das Unternehmen in der Vergangenheit bereits zweimal erfahren. Der Ausflug in die Management-Beratung endete 2006 mit dem Verkauf von A.T. Kearney. Die erhofften Synergien hatten sich nie eingestellt, so dass sich EDS aus diesem Segment zurückzog. Und auch der Einstieg in den Markt für Geschäftsprozessdienste brachte bislang keine durchgreifenden Erfolge. "EDS hat es nicht geschafft, große Deals im Rahmen des Joint Venture Excellerate mit dem Personaldienstleister Towers Perrin zu gewinnen", kritisierten etwa die Marktbeobachter von Datamonitor.

Erfolge im Applikationsgeschäft

Immerhin konnte EDS im Application-Management schon zwei Ausrufezeichen setzen, und zwar in Deutschland. Die großen Abkommen mit Vodafone und Arcandor (vormals Karstadt-Quelle) umfassen die Betreuung der Applikationen. Hier ist das Unternehmen schon gut im Markt verankert. Die beiden Großaufträge bescherten EDS in Deutschland auch eine gute Geschäftsentwicklung. Der Konzern selbst veröffentlicht dazu keine Zahlen, doch die Marktforscher von PAC schätzen, dass sich die Einnahmen im vergangenen Jahr um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr verbessert haben. Damit kann sich die hiesige Dependance offenbar auch den weltweit angekündigten Einschnitten beim Personal entziehen. In Deutschland, so kündigte Deutschland-Chef Jens-Uwe Holz an, wird EDS seinen Mitarbeiterstamm ausbauen.

Doch mit der Konzentration auf große Abschlüsse leidet das Mittelstandsgeschäft. Zwar betonte Holz die strategische Bedeutung der EDS Midmarket Solutions, doch die hiesigen Marktbeobachter haben ihre Zweifel: "Ich sehe EDS kaum im typisch deutschen Mittelstand", sagt IDC-Analyst Kraus. "Aufgrund der globalen Lieferfähigkeiten ist EDS eher für große Unternehmen interessant." Das sieht PAC-Geschäftsführer Chalons ähnlich: "Meines Erachtens spielt das Mittelstandsgeschäft keine bedeutende Rolle mehr. Auch im klassischen Projektgeschäft ist EDS nicht mehr so sichtbar, auch wenn sie diesen Markt wieder aggressiver angehen."

Hier lesen Sie …

  • wie EDS die weltweite Lieferfähigkeit sicherstellt;

  • welche Rolle die Partner in diesem Modell spielen;

  • wo EDS über besondere Erfahrungen verfügt;

  • in welchen Segmenten das Unternehmen nun investiert;

  • welche Geschäftszweige weniger gut laufen oder vernachlässigt werden.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de

1859663: Shell lagert en gros aus;

1855009: EDS enttäuscht mit Ausblick;

1858480: Milliarden-Auftrag für EDS-Konsortium;

1846697: EDS baut SAP-Beratung aus.

EDS übernimmt Nexagent

Mitte März hat EDS den Service-Provisioning-Spezialisten Nexagent übernommen. Eine Summe wurde nicht genannt. Nexagent ist eine privat gehaltene Firma, die im Jahr 2000 gegründet wurde. Sie entwickelt Tools, mit denen Service-Provider ihre Dienste abrechnen können, auch wenn etwa verschiedene Netzdienste aus den Angeboten mehrerer Carrier zusammenfließen. Das ist insbesondere in der IP-Welt eine Herausforderung, weil die Netz-Provider unterschiedliche Betriebs- und Abrechnungssysteme verwenden, was wiederum die Bereitstellung und Kontrolle der Dienste erschwert. Nexagents Lösung verbessert die Beschaffung und das Management.

Solche Tools sind insbesondere für Dienstleister ohne eigene Netzinfrastruktur interessant. Sie erlauben es beispielsweise, eigene virtuelle Netze zu verwalten.

Die Übernahme unterstreicht einige Trends: EDS wurde immer wieder die Partnerschaft von Hewlett-Packard (HP) mit AT&T als Vorbild genannt. HP hat - wie EDS - Stärken im Infrastrukturbetrieb und konnte in Kombination mit Netzdiensten von AT&T Deals gewinnen. EDS fehlt ein vergleichbarer Partner. Mit dem Nexagent-Kauf unterstreicht EDS gegenüber Wettbewerbern wie IBM, CSC und Capgemini die Bedeutung von Kommunikationsdiensten für integrierte Angebote. Der IT-Dienstleister setzt auf die Verschmelzung von IT- und IP-Diensten. Die Investition soll also nicht die Leistungsfähigkeit der Netzinfrastruktur sicherstellen, sondern der IT-Infrastruktur, der Applikationen und der Geschäftsprozesse. Die Marktforscher von Datamonitor warnen: "Das ist der Herausforderung geschuldet, der sich die IT- und Telco-Industrie gegenübersehen: Sie müssen die Brücke von IT zu TK schlagen."