Europäische DV-Gruppe will weg vom Leasing-lmage:

Econocom sucht Profil als Distributor

09.01.1987

AMSTERDAM (ujf) - Die kürzlich in einer Holdinggesellschaft zusammengefaßte Firmengruppe Econocom bemüht sich um ein neues Bild in der Öffentlichkeit. Das aus der ECS International hervorgegangene Unternehmen will mehr als Distributor und Dienstleister denn als Leasing- und Brokerhaus gelten.

Die angespannte Lage des DV-Markts schlägt sich in zunehmendem Maß in den Strategien der Leasingunternehmen nieder. Die Vermieter von IBM-Rechnern verlagern nicht nur den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in Richtung Second-hand-Geschäft; sie suchen auch neue Betätigungsfelder in den Bereichen Wartung und Zubehörvertrieb. Nachdem schon beim Herbsttreffen der Computer Brokers Exchange (CBE) auffallend viele Fremdwartungsgesellschaften vertreten gewesen waren, präsentierte sich im Dezember die Econocom International B.V., Amsterdam, mit neuem Image. Das Schlagwort "Distribution" soll den bisher eher mit dem Unternehmen assoziierten Begriff "Leasing" in den Hintergrund drängen.

Einen vielversprechenden Markt sieht der Franzose Jean-Louis Bouchard, mit über 78 Prozent Anteil Mehrheitsgesellschafter der niederländischen Holding, vor allem in IBM-kompatibler Peripherie. Anders als die zur direkten Konkurrenz erklärten Anbieter Memorex, Telex und Decision Data entwickelt Econocom jedoch keine eigenen Produkte. Ein "Marketing- und Evaluationszentrum" in Brüssel soll OEM-Geräte austesten, die dann über Niederlassungen in Europa, Japan und den USA in den Anwender gebracht werden sollen.

Zweiter Schwerpunkt soll künftig die Wartung von IBM-Maschinen sein. In der Bundesrepublik versucht die Econocom Maintenance GmbH, die ihren Sitz in Langen bei Frankfurt hat, der Servicetruppe von Big Blue Konkurrenz zu machen. Mit einer Mannschaft von Ex-IBMern und der Behauptung, "spätestens" vier Stunden nach Eingang einer Fehlermeldung beim Kunden sein zu können, will die Tochtergesellschaft der Econocom Deutschland GmbH sich ein Stück vom hiesigen Wartungs-Kuchen abschneiden.

Jean Pelin, Chef der deutschen Aktivitäten und damit verantwortlich für einen Jahresumsatz in der Größenordnung von 200 Millionen Mark (Geschäftsjahr 1985: 180 Millionen), steht bei der Expansion in der Bundesrepublik unter Erfolgsdruck. Denn als er Anfang 1986 die Nachfolge Alain de Forges antrat, übernahm Pelin eine der beiden Filialen, die nicht profitabel arbeiteten. International operiert die Econocom-Gruppe mit hauchdünnen Gewinnen; trotz guter Ergebnisse in den Niederlanden und der Schweiz lag 1985 die Umsatzrendite des Gesamtkonzerns bei 1,65 Prozent.

Doch der Erfolg der Econocom in Deutschland hängt nicht nur von dem Geschäftsführer in Frankfurt ab, sondern auch von der Zusammenarbeit mit den Inhabern von acht Generalagenturen. Diese Struktur wurde übernommen von dem Vorläufer ECS International, dessen Ländergesellschaften 1985 nach der Beteiligung Jean-Louis Bouchards an der amerikanischen Econocom Inc. umgetauft worden waren. Bourchard war auch Gründer der ECS gewesen.