Netzwerkmanagement schon aus wirtschaftlichen Gründen notwendig:

Echtzeitrechner integrieren passive und interaktive Tools

08.04.1988

Gutes Netzwerkmanagement hat die Rolle eines Tausendsassas: Frühwarnsystem, strategische Planungshilfe und taktisches Operations-Tool, darüber hinaus soll es die Funktion des Integrators unterschiedlicher Gerätestandards und -familien übernehmen und - nicht zuletzt - der verschiedensten Kommunikationsstandards. Edward Taylor-Parkins* hält fehlertolerante und echtzeitfähige Spezialrechner für zwingend notwendig, wenn alle diese zahlreichen Funktionen in einem heterogenen Netzwerk zuverlässig wahrgenommen werden sollen. Allem Anschein nach lohnt sich die Investition in zusätzliche Rechnerkapazität.

Datenkommunikation ist eine der Grundvoraussetzungen zur Ausschöpfung der Vorteile verteilter Echtzeit-Datenverarbeitung. Für Nutzer und Betreiber besonders großer und umfassender Netzwerkkonfigurationen gewinnt in diesem Zusammenhang effizientes Netzwerkmanagement mit Wachstum des Netzes zunehmend an Bedeutung. Im Hinblick auf eine optimale Auslastung bestehender Ressourcen, einen anforderungsgerechten Netzausbau, einen störungsfreien Betrieb, einen verbesserten Anwenderservice und nicht zuletzt die immer wieder geforderte Sicherheit der Datenkommunikationsnetze, wird eine DV-Funktion "Netzwerkmanagement" zu einem unverzichtbaren Muß. Die Organisation der unternehmensinternen technischen Infrastruktur und deren laufende Überwachung in Verbindung mit der Nutzung verschiedener Postdienste wie HfD, Datex-P, Datex-L, Fernsprechnetz oder in naher Zukunft auch ISDN wächst zu einer zentralen Aufgabe des organisatorischen Informations- und Kommunikationsmanagements.

Wirtschaftlichkeit, Benutzerfreundlichkeit und Systemsicherheit sind die Kenngrößen für ein schlagkräftiges Netzwerkmanagement. Eine ausgewogene Kombination aus Frühwarnsystem, Recovery-Verfahren im Störungsfall und aussagefähigen Performance- und Verfügbarkeits-Auswertungen als strategische Planungshilfe und taktisches Operations-Tool sowie eine Integration der verschiedenen technischen Standards der Gerätefamilien der verschiedenen Hersteller sind gefordert. Der Markt bietet zwar eine Menge Software-Tools; jedoch nur wenige präsentieren sich als integrierte Lösung für die bestehenden Problemstellungen. Ein und dasselbe Netzwerk wird heute in der Regel von verschiedenen Mitarbeitern unter Zuhilfenahme verschiedener Tools überwacht beziehungsweise gesteuert.

Netzwerke müssen kritisch überwacht werden

Ähnliches gilt für die Hardware. Zwar bieten Mainframe-Hersteller wie IBM mit ihren Netzwerken gleichzeitig Hard- und Softwaretools an, doch die vermeintlichen Standards beschränken ihre Leistungsfähigkeit auf die entsprechende Rechnerwelt dieses Herstellers.

Effizienzorientiertes Netzwerkmanagement verlangt aber mehr als dies: Es gilt Netzwerke kritisch zu überwachen und Schwachstellen aufzudecken. Das kann auch bedeuten daß diese vom Produktdesign einzelner Hersteller oder durch das Zusammenwirken von Produkten verschiedener Hersteller verursacht sind.

Aufwendige Untersuchungen in den USA zum Thema Netzwerke haben gezeigt, daß einzelne in den Host beziehungsweise Front-End-Prozessor integrierte Netzwerk-Software einen Overhead von nicht selten 15 Prozent und mehr bewirkt.

In den heutigen heterogenen Netzwerken, über die sowohl technisch-wissenschaftliche als auch kommerzielle Rechner verschiedener Hersteller mit den unterschiedlichsten Protokollen kommunizieren, sind deshalb beigeordnete fehlertolerante und echtzeitfähige Spezialrechner zwingend notwendig. Dies geschieht nicht zuletzt, um online jederzeit über den Netzstatus informiert zu sein und entsprechende Maßnahmen einleiten zu können.

Investition in zusätzliche Rechnerkapazität

Tragfähige Überwachungskonzepte stützen sich in vielen Fällen auf außerhalb des Hosts oder Front-End-Prozessors betriebene 32-Bit-Rechner. So setzt British Telecom zur Überwachung der landesweiten Telephon- und Datennetze in Großbritannien seit 1985 vier dedizierte Concurrent Computer Multi-Prozessor-Rechner des Typs 3260 MPS mit dem Netzwerk-Managementsystem von Avant-Garde ein.

Die Investition in zusätzliche Rechnerkapazität - finanziert durch die geringere Belastung der bestehenden Hosts und entsprechend bessere Performance - scheint sich auszuzahlen.

Anwender in den USA nehmen bei dieser Strategie zwar eine Vorreiterposition ein, doch auch in Europa beginnt sich mit zunehmendem Ausbau der technischen Kommunikationsinfrastrukturen das Konzept der dedizierten Netzwerküberwachungsrechner durchzusetzen. So nutzen allein in der Schweiz unter anderen die Schweizerische Kreditanstalt, Zürich, die Schweizerische Bankgesellschaft, Zürich/Lausanne und Telekurs, Zürich, in ihren heterogenen Netzwerken bis zu drei Echtzeit-Rechner ausschließlich für Online-Netzwerkmanagement-Aufgaben.

Gerade im Hinblick auf die Vereinheitlichung der verschiedenen Formate, die Verzahnung der einzelnen Hostaufgaben, die Integration der verschiedensten Benutzeroberflächen unter eine integrale, auch grafische Systemschnittstelle auf einem Spezialrechner und die zentralisierte Dokumentation und Analyse der erfaßten Zeitreihen auf diesem System, scheinen im Hinblick auf die zu erwartende Zunahme des Datenverkehrs das Gebot der Stunde zu sein.

Anforderungen an ein zukünftiges System

Ausreichend flexible und leistungsstarke Hardware und allen Erfordernissen entsprechende Software vorausgesetzt, sollte ein zukunftsorientiertes Netzwerkmanagement-System folgenden Anforderungskatalog erfüllen:

- Korrelation und Integration der existierenden Tools der verschiedenen, in das Netz inkorporierten Hersteller,

- Erfassung und Dokumentation aller netzwerkrelevanten Daten und Informationen unter Vermeidung von Redundanzen bei Nutzung effizienter Filtrierung und Extraktion für qualifizierte Auswertungen,

- Spezielle Auswertungen für verschiedene Operationsebenen, das heißt unterschiedliche Aggregation für Operator oder Top-Management,

- Zusammenfassung von physikalischem und logischem Netzwerkmanagement,

- Vereinheitlichtes Handling von Leistungs-Backup-Systemen, wie zum Beispiel Matrix-Switches,

- Zusammenfassung von multiplen Kommunikationsformen, zum Beispiel Überwachung der verschiedenen Postdienste unter einheitlicher Benutzeroberfläche,

- Optionale farbgrafische Darstellung zur Vermeidung desorientierender Zahlenfriedhöfe.

Im Idealfall nur kritische Leitungen

Im Idealfall werden alle oder nur kritische Leitungen nach folgenden Kriterien überwacht:

- Performance (Antwortzeiten),

- Traffic (Datenmenge),

- Availability (Verfügbarkeit),

- Utilization (Verhältnis Ist-Last zur Lastgrenze),

- Incidents (Zwischenfälle).

Eine vereinheitlichte Korrelation mit den wichtigsten Software-Monitoren, etwa QMF, SMF, CMF, sowie eventuell vorhandener Kommunikations-Software wie NDLM, NPM, Mazdamon und NetView, wobei die Reports aus den obengenannten Tools gefiltert und standardisiert werden, ist genauso empfehlenswert wie die Einbindung von Backup-Systemen, zum Beispiel Matrix-Switches oder Kanalschaltern.

Daß die Zusammenfassung verschiedener passiver und interaktiver Tools zu einem integralen Überwachungs- und Kommandosystem grundsätzlich realisierbar ist, zeigt die abgebildete Architektur des Net/Adviser-Systems von Avant-Garde. Bereits im Einsatz bewährt, bieten Systeme dieser Art neben der reinen Status- und Performance-Überwachung/Analyse von Wähl- oder Standleitungsnetzen zwischen verschiedenen Computerzentren oder bis hinunter auf Enduserebene leistungsstarke Tools zur Netzwerk- und Zugriffssicherung, zur Zentralisierung der Kontrollfunktionen heterogener Netzwerke, zur Umleitung des Datenverkehrs im Falle von Kapazitätsengpässen oder zur Übertragung und flexiblen Weiterverarbeitung der gesammelten Daten auf PCs.

Hohe Postgebühren erzwingen Straffung

Die Planung und Implementierung dedizierter Netzwerk-Management-Systeme hat sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu einer vordringlichen DV-Management-Aufgabe entwickelt. Allein ein Blick auf unsere Postgebührenordnung und die horrenden Preise für Datenübertragungszeit bei der Deutschen Bundespost zwingen zu einer weiteren Straffung und kapazitätsorientierten Systemauslegung.

Schlechter werdende Response-Zeiten, Übertragungsengpässe, Systemmißbrauch und Ressourcenverschwendung lassen sich bereits frühzeitig aufdecken. Voraussetzung sind jedoch Hard- und Software-Werkzeuge, die Grenzwert-Überschreitungen rechtzeitig und eindeutig erkennen lassen, damit in Zukunft nicht, wie heute noch vielfach üblich, der Anwender die Rolle des Alarmsystems übernimmt, und erst der Aufruf eines Kunden das Netzwerkmanagement darüber informiert, daß es irgendwo ein Problem gibt.

* Edward Taylor-Parkins, 36, Prokurist, ist Vertriebsleiter der Concurrent Computer GmbH für den deutschsprachigen Raum.