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Babettes E-Mail "an alle"

E-Mail-Server des Bundestags lahmgelegt

25.01.2012
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
Weil sie eine banale E-Mail "an alle" schickte, hat die Mitarbeiterin einer Grünen-Abgeordneten für einen Server-GAU und das "Kürschnergate" im Bundestag gesorgt.
Sie haben Post - ob Sie nun wollen oder nicht!!
Sie haben Post - ob Sie nun wollen oder nicht!!
Foto: virtua73 - Fotolia.com

Heute morgen um 9.20 Uhr nahm das Drama seinen Lauf. Die bundestagseigene Stelle für Informationsmaterial verbreitete per Rundmail die Botschaft, dass der neue "Kürschner" nun erhältlich sei - das Handbuch "Gesetzliche Grundlagen, Geschäftsordnungen. Deutscher Bundestag - Bundesrat - Bundesregierung". Ein Standardwerk in Berliner Regierungskreisen. Klar, dass jeder das Werk sofort haben möchte. Keine halbe Stunde später kommt deshalb die Antwort von Babette Schulz, einer Karlsruher Wahlkreismitarbeiterin der Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl: "Liebe Britta, wenn Ihr euch eindeckt, bringt Ihr mir eins mit? Danke und herzliche Grüße, Babette". Dumm nur, dass Babette die Mail per "Allen antworten" verschickt - so geht sie hinaus an weit mehr als 4000 Adressen von Abgeordneten, Fraktionsmitarbeitern und Verwaltungsangestellten.

Über den Hashtag "#kürschnergate" tauschen sich Geschädigte und Beobachter belustigt aus.
Über den Hashtag "#kürschnergate" tauschen sich Geschädigte und Beobachter belustigt aus.

Bisher war die Geschichte noch lustig, doch nun wird es ernst. Um 11.20 Uhr kommt die Antwort eines SPD-Büros - wieder an alle. Diesmal geht es schon nicht mehr ganz so banal zur Sache. Von E-Mail-Regeln ist da die Rede und Zurückhaltung beim Verwenden der Funktion "Allen antworten". Im Folgenden dann bricht sich der Wahnsinn Bahn: Auf einmal fühlen sich viele angesprochen - einige machen Witze über DAUs, andere verlangen die Löschung ihrer Adresse aus dem Bundestagsverteiler. Die Mails unter dem Betreff "AW: Kürschners Handbuch Gesetzliche Grundlagen, Geschäftsordnungen" häufen sich und füllen die Postfächer bis zur Unendlichkeit. Alsbald entsteht der Twitter-Hashtag #kürschnergate, unter dem ab sofort Anekdoten, Witze und sogar Verlosungsaktionen gestartet werden. In der Facebook-Gruppe "Babette war's" geht das humorige Fachsimpeln weiter. Quintessenz: Die Mailserver des Bundestags sind überlastet, an ein normales Arbeiten ist heute nicht mehr zu denken. Die IT-Experten sehen sich zu einer allgemeinen Informationsmail gezwungen, in der sie noch einmal vor dem "derzeitigen Missbrauch" des E-Mail-Systems warnen und "Zustellverzögerungen von bis zu 30 Minuten" ankündigen.

Passend da der Tweet eines "hihrince" von 16.55 Uhr, als #Kürschnergate so langsam den Sonnenuntergang entgegen strebt: "Ein Hoch auf die digitale Kompetenz". Vielleicht wäre der Vorfall ja etwas für den Praxistrack "Beispiele aus dem politischen Alltag" auf dem nächsten IT-Gipfel… Und wenn das auch nichts hilft, dann lesen Sie doch unseren Klassiker "14 Regeln für den E-Mail-Verkehr":