Studie zeigt Defizite und Potentiale der Branche

E-Commerce gegen Vorkasse: Die Ernährungsindustrie im Internet

17.09.1999
MÜNCHEN (CW) - Eine aktuelle Untersuchung der Internet-Auftritte führender deutscher Hersteller aus dem Lebensmittelbereich hat ernüchternde Resultate zutage gefördert. Fehler in der Online-Strategie und eine mangelhafte Umsetzung vergraulen die potentiellen Nutzer.

Die auf die Ernährungsindustrie spezialisierte AFC Unternehmensberatung aus Bonn hat 100 Web-Auftritte führender deutscher Hersteller und Marken aus der Ernährungsindustrie nach über 100 Kriterien bewertet. Das Ergebnis ist bescheiden. Nur jeder vierte Anbieter vermarktet überhaupt Produkte via Electronic Commerce, und nur jeder elfte Anbieter hat eigene Waren im Angebot. Andere verkaufen überwiegend Merchandising-Erzeugnisse. "Natürlich ist es nicht einfach, Niedrigpreis-Artikel wie Joghurt oder Mineralwasser auf diesem Weg zu vermarkten", so Hans-Joachim Leyrer, der für die Studie verantwortliche AFC-Geschäftsführer. "Wer das Internet gezielt als Marketing-Instrument einsetzen will, findet jedoch auch dafür praktikable Lösungen." Interessenten für Gerolsteiner Mineralwasser werden beispielsweise auf elektronischem Weg an regionale Vertriebspartner vermittelt, die das Home-Delivery (Lieferung an den Endkunden) übernehmen. Im klassischen Lebensmittelhandel fehlen bisher jedoch noch geeignete Partner für ein solches Konzept. Mit der Direktkauf AG gibt es zur Zeit nur einen bundesweiten Home-Delivery-Service, der allerdings noch nicht über die notwendige logistische Kühlkette verfügt. Spar befindet sich mit seinem Projekt "Einkauf 24" in Hamburg in der Testphase, Kaufhof liefert inzwischen von zehn Filialen aus. Der Rest der Branche steckt noch in der Planungsphase.

Aufgrund der Service-Angebote der Hersteller sei kaum mit ernstzunehmenden Einnahmen zu rechnen, so der Bonner Berater Leyrer. Fast die Hälfte der Shop-Betreiber (48 Prozent) liefere nur gegen Vorkasse oder Nachnahme: "Unternehmen, die ihren Kunden soviel Mißtrauen entgegenbringen, verhindern letztlich nicht nur elektronisch initiierte Geschäfte." Auch im Marketing würden die Möglichkeiten des Internet nur von wenigen genutzt. Naheliegende Kooperationen mit Anbietern komplementärer Produkte zur gemeinsamen Ansprache von Kundengruppen mit ähnlichen Wünschen nutzen nur zehn Prozent der Markenartikler. 95 Prozent der Unternehmen gelingt selbst die konzerninterne Koordination verschiedener Marken nicht.

Die Anbieter haben aber nicht nur strategische Defizite. Auch an der technischen Umsetzung hapert es noch oft. Rund ein Viertel aller Sites verweisen der Studie zufolge auf Bereiche, die sich als Baustelle entpuppen. Knapp die Hälfte der untersuchten Angebote war nicht durch die Angabe von Schlüsselbegriffen für das Auffinden durch Suchmaschinen vorbereitet - ein Kardinalfehler im Internet-Marketing.