E-Business

E-Business - Einkauf und Verkauf übers Web

28.04.2000
Nicht jedes Unternehmen wird einen eigenen Internet-Shop eröffnen. Doch zunehmend entwickelt sich das Web zu einem Forum, in dem sich Geschäftsprozesse höchst effizient abwickeln lassen.CW-Bericht, Frank Niemann

Der elektronische Geschäftsverkehr über das Internet zwischen Firmen ist zwar in aller Munde, doch scheinen deutsche Unternehmen bei neuen Geschäftsmodellen noch unsicher zu sein. Daher entwickeln sie E-Business-Konzepte vor allem dafür, bestehende Märkte mit ihren heutigen Produkten zu bedienen. Dies ist eines der Resulte einer Studie, welche die Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Meta Group und Techconsult gemeinsam angefertigt haben. Unter dem Titel "Electronic Business in Deutschland" beleuchten beide Firmen den Stand und die künftige Entwicklung des E-Business hierzulande.

Alles, was gekauft und verkauft werden kann, wird bis 2004 über das Internet erhältlich sein, gibt sich die Meta Group optimistisch. Deshalb passen viele Branchen, wie beispielsweise das Versicherungs-, das Gesundheitswesen sowie die Industrie, ihre Geschäftsprozesse schrittweise an das Internet an. Doch was ist eigentlich E-Business? Für die Meta Group umfasst dieser Begriff:

-den Online-Verkauf (Sell-Side E-Business), und zwar sowohl an Konsumenten (Business-to-Consumer) als auch an Firmen (Business-to-Business);

-den Einkauf über das Web (Buy-Side E-Business), der beispielsweise das elektronische Beschaffungswesen einschließt;

-die Optimierung der Wertschöpfungskette (Supply-Chain-Management), wobei die Meta Group dabei zwischen der Supply Chain für die produkt- sowie der serviceorientierten Industrie unterscheidet.

Viele Unternehmen in den USA nutzen das Internet, um ihr Bestellwesen zu verbessern. Statt Güter wie PCs oder Bürobedarf per Brief, Telefon oder Fax zu bestellen, ordern sie diese Waren über elektronische Kataloge. Vermehrt koppeln sie dabei ihre Warenwirtschaftssysteme an die Online-Bestellsysteme der Lieferanten, so dass Buchungen nicht manuell eingegeben werden müssen.

Trotz potenziell hoher Einsparungen und eines hohen erwarteten Return on Investment (ROI) sowie besserer Möglichkeiten der Verwaltung von Lieferanten werden solche Beschaffungsansätze in den meisten deutschen Großunternehmen nicht aggressiv verfolgt, stellte die Meta Group fest. Die hohen Kosten für die dafür erforderlichen Produkte haben die Analysten als Grund für die Zurückhaltung ausgemacht. Außerdem seien sich die Firmen bewusst, dass die Umorganisation von Beschaffungsprozessen sowie das Katalog- und Lieferantenmanagement ins Geld gehen.

Zu den Anbietern von Softwarelösungen für das elektronische Beschaffungswesen (E-Procurement) zählen Commerce One, Ariba, Oracle, SAP, Baan und Infobank. Laut Meta Group haben SAP mit "B2B Procurement" oder "Oracle Procurement" des gleichnamigen Datenbankherstellers die besten Chancen, bei deutschen Firmen zum Zuge zu kommen. 14 Prozent der befragten Firmen mit über 500 Mitarbeitern gaben an, ihr Procurement-System mit der SAP-Lösung zu realisieren.

Mieten statt kaufenDie hohen Anschaffungskosten für die Softwareprodukte versuchen Hersteller zu relativieren, indem sie ihre Erzeugnisse nicht mehr nur verkaufen, sondern im Sinne des Application Service Providing vermieten. Auch der virtuelle Marktplatz, den die Deutsche Telekom gemeinsam mit Commerce One errichtet, enthält ein solches Mietkonzept. Marktteilnehmer können sich die erforderliche Software "Buysite" gegen eine monatliche Gebühr ausleihen.

Trotz der verbreiteten Ressentiments gegenüber dem elektronischen Bestellwesen nutzen einige deutsche Betriebe diese Variante des E-Business. Firmen, die bereits E-Procurement einsetzen, beschaffen auf diese Weise hauptsächlich PCs und Zubehör (37 Prozent). Zu 30 Prozent geht es beim elektronischen Einkauf um Büromaterial. Ihre Rohstoffe beziehen erst acht von hundert Firmen über das Internet. Die Einsparungen durch E-Procurement beziffern die Betriebe beispielsweise bei Büromaterial mit 14 Prozent.

Für eine Vielzahl vor allem großer Unternehmen sind elektronische Geschäftsbeziehungen nichts grundsätzlich Neues. Sie haben in den letzten Jahren in Electronic-Data-Interchange(EDI)-Systeme investiert.

Mittelständischen Betrieben blieb der Einstieg in das Verfahren wegen der hohen Kosten für Software, Hardware sowie der Gebühren für Netzwerkdienste (Value Added Networks) bisher verwehrt. Wie Meta Group herausfand, sind die Auswirkungen von E-Commerce auf den Einsatz von EDI-Systemen eher verhalten. 60 Prozent der 387 befragten Firmen gaben an, auch weiterhin nichts mit EDI anfangen zu wollen, wobei knapp zwei Drittel davon dem Mittelstand angehören. Rund ein Fünftel teilte mit, dass sich an der EDI-Nutzung bei ihnen nichts ändern werde, 17 Prozent wollen sogar noch stärker als bisher das Verfahren einsetzen. Lediglich zwei Prozent beabsichtigen, ihr Engagement zu verringern.

Durch das Internet ist nun auch für mittelständische Firmen ein Einstieg in EDI erschwinglich. Der EDI-Spezialist Sterling Commerce beispielsweise bietet mit "Commerce:Webforms" eine Lösung an, mit der Unternehmen kleinere Partner in ihre Geschäftsprozesse einbinden können. Eine wesentliche Rolle beim Zusammenwachsen von EDI und Internet wird die Extensible Markup Language (XML) spielen. Die Produkte vieler Hersteller, darunter Poet Software, Software AG, Commerce One und Ariba, basieren bereits auf XML.

In erster Linie haben deutsche Firmen bisher E-Business-Anwendungen für ihre Kunden eingeführt. 36 Prozent der 415 befragten Unternehmen besitzen bereits heute eine solche Lösung, 85 Prozent wollen künftig Geschäfte mit ihren Klienten elektronisch abwickeln.

18 Prozent der Betriebe haben ihre Lieferanten in die E-Business-Infrastruktur eingebunden und 57 Prozent wollen dies demnächst tun. Dabei geht es ihnen nicht um einige wenige Online-Geschäftsverflechtungen: Ein großer Teil der Unternehmen plant die Integration von 100 und mehr Zulieferern.

Diese Firmen werden künftig nicht nur PCs und Büromaterial über das Internet von ihren Lieferanten beziehen, sondern auch Rohstoffe. Elektronische Marktplätze entstehen zurzeit überall auf der Welt. Nach Angaben der Gartner Group existierten im Dezember 1999 weltweit rund 600 solcher Internet-Sites, bis Ende dieses Jahres sollen es etwa 2000 sein. Hier treffen sich Käufer und Verkäufer und können entweder Geschäfte online anbahnen oder auch gleich komplett über das Internet abwickeln, inklusive der Bezahlung.

Viele dieser Marktplätze richten sich an Firmen einer bestimmten Branche. Ende März dieses Jahres öffnete das in Karlsruhe ansässige Unternehmen On2trade mit On2paper.com einen europäischen Internet-Marktplatz für Papier. Der Anbieter versteht sich als Vermittler zwischen Firmen der Papier- und Druckindustrie. Einkäufer können dort die Angebote unterschiedlicher Lieferanten einsehen beziehungsweise konkret nach bestimmten Papiersorten suchen. Verkäufer binden hierzu ihre Warenkataloge ein. Darüber hinaus soll der Marktplatz als Börse fungieren, über den auch Restmengen feilgeboten werden können, für die sich sonst nur sehr schwer ein Abnehmer finden lässt.

Henning Hill, Mitbegründer und Vorstand von On2trade, beziffert das europäische Marktvolumen für Papier- und Zellstoffe auf etwa 100 Milliarden Mark pro Jahr. 28 Prozent entfallen dabei auf Deutschland. Laut Hill nutzen 50 Firmen aus der Branche seinen Online-Marktplatz. Doch bisher können die Nutzer nur per Browser auf die Website zugreifen. An einer Anbindung von Warenwirtschaftssystemen arbeitet das Unternehmen noch.

Genau hier sieht Nikolas von Haugwitz, Leiter Business-to-Business bei Primus-Auktion aus Köln, ein Problem. Zwar sei es technisch keine Schwierigkeit mehr, im Internet angestoßene Transaktionen auch in die hauseigene Business-Software einzupflegen, allerdings stelle sich die Frage, wer für die Integration bezahlt. Möglicherweise werden viele potenzielle Teilnehmer abgeschreckt, wenn sie, um auf den Online-Handelsplätzen mitzumischen, Vorleistungen erbringen müssten. Dies betrifft allerdings in erster Linie offene Marktplätze. Bei geschlossenen Systemen, die beispielsweise nur einen Hersteller und eine feste Anzahl an Zulieferern umfassen, könnte der Anbieter eine Softwareausstattung vorschreiben.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor für virtuelle Marktplätze ist nach dem Dafürhalten vieler Experten das Branchen-Know-how. Während Online-Auktionshäuser so ziemlich alles anbieten, beschränken sich B-to-B-Marktplätze häufig auf Produkte für eine bestimmte Branche. Einkäufer benötigen detaillierte Informationen über die Waren. Ohne Fachkenntnis lässt sich ein solches Forum kaum betreiben.

Das deutsche Online-Auktionshaus Offerto.com will sich dem Aufbau von branchenspezifischen Marktplätzen widmen und holt sich das Know-how von Experten aus dem jeweiligen Industriezweig. Momentan entwickelt das Unternehmen eine Lösung für den Kfz-Ersatzteilemarkt und die Elektronikbranche.

Dass solche Marktplätze wie Pilze aus dem Boden schießen hat im Wesentlichen mit den erwarteten Einsparpotenzialen zu tun. Nach einer Studie des Investment-Hauses Goldman Sachs lassen sich die Prozesskosten bei elektronischen Bauteilen um fast 40 Prozent senken.

Abb.1: E-Business (Buy-Side)

Welche Auswirkungen hat das E-Business auf Ihre Branche? Quelle: Meta Group Deutschland

Abb.2: Zentrale E-Business-Themen

Welches sind in Ihrem Unternehmen die zentralen E-Business-Themen für die nächsten Monate? Quelle: Meta Group Deutschland

Abb.3: E-Procurement

Befragt wurden Firmen, die bereits ihr Beschaffungswesen über das Web abwickeln beziehungsweise dies planen. Quelle: Meta Group Deutschland