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Börsenverein

E-Book-Euphorie lässt Buchbranche noch ziemlich kalt

28.06.2010
Fast alle Welt redet vom E-Book. Doch der Hype um das elektronische Buch - angekurbelt durch das bei uns vor wenigen Wochen auf den Markt gekommene digitale Lesegerät iPad von Apple - lässt die deutsche Buchbranche noch ziemlich kalt.

"Ich glaube, dass sich das (E-Book) nicht so wahnsinnig dynamisch entwickelt", sagte Jürgen Horbach, Schatzmeister des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Ende vergangener Woche in Frankfurt. Noch immer ist der Umsatzanteil der E-Books in Deutschland minimal - er liegt unter einem Prozent.

In den USA kommen die elektronischen Bücher dagegen nach Schätzungen schon bald auf fünf Prozent. "Wir hinken der Entwicklung hinterher", meint Horbach - und ist darüber gar nicht unglücklich. Denn schließlich birgt das digitale Lesen für die Branche jede Menge Risiken - wie etwa den illegalen Download von Büchern aus dem Internet.

Doch auch beim in Frankfurt ansässigen Dachverband weiß man, dass die Buchbranche vor der möglicherweise größten Revolution seit Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks steht. Wie schnell und wohin genau die Entwicklung gehe, sei jedoch unklar, meint der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis. Der Anteil der elektronischen Bücher werde in den kommenden Jahren aber auch in Deutschland wachsen. "Unsere Branche ist vorbereitet", versichert er.

Der Verband hat in den vergangenen Jahren eine zentrale Online-Plattform für E-Books ("libreka.de") aufgebaut, an der praktisch alle großen deutschen Verlage mitarbeiten. Derzeit sind dort 24.000 E-Books gelistet. Mit Apple haben gerade Gespräche über eine Zusammenarbeit begonnen. Solange aber digitale Lesegeräte mehrere hundert Euro kosteten, werde das E-Book in Deutschland kein "Massenphänomen", glaubt Horbach.

Anders als in den USA bleibt das traditionelle Buch-Geschäft in Deutschland recht stabil. In den ersten fünf Monaten des Jahres ging der Umsatz zwar um 0,4 Prozent zurück. Doch im Krisenjahr 2009 wurde bei einem Gesamtumsatz von 9,69 Milliarden Euro sogar ein nominelles Plus von 0,8 Prozent erwirtschaftet. Damit steht die Branche innerhalb des seit Jahren schwächelnden Einzelhandels gar nicht schlecht da.

Allerdings haben die Verlage bereits auf die Krise reagiert und im zweiten Jahr in Folge ihre Titelproduktion gedrosselt. 2009 gab es 93.124 Neuerscheinungen (2008: 94.276). Überraschend hat die erzählende Literatur (Belletristik), zu der Romane oder Krimis gehören, ihren Anteil beim Gesamtumsatz auf 33,8 Prozent (2008: 32,3 Prozent) weiter ausgebaut. Auch der Marktanteil der Kinder- und Jugendliteratur wuchs auf 15,7 Prozent (2008: 14,6 Prozent).

Der Verkauf von Büchern über das Internet ist 2009 weiter gut gewachsen. 12,2 Prozent (2008: 10,7 Prozent) des Gesamtumsatzes werden online geordert. Im stationären Buchhandel wird aber immer noch mehr als die Hälfte des Umsatzes (52,3 Prozent) erwirtschaftet.

Die Deutschen bleiben also dem Buch und dem klassischen Buchhandel vorerst treu. Dies lässt der Branche Zeit, in Berlin in Sachen Urheberschutz im Internet politische Lobbyarbeit zu betreiben.

In der Bundesregierung hat Skipis dabei einen Gesinnungswandel ausgemacht. Die Politiker hätten erkannt, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein könne, meinte der Geschäftsführer des Börsenvereins. Künftig müssten auch die Internet-Provider (Anbieter) in die Pflicht genommen werden. (dpa/tc)