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IPTV unter Beschuss

DVB-T: Notebook und TV wachsen weiter zusammen

14.01.2008
Von Handelsblatt 
Das Fernsehen auf mobilen PCs boomt. Einhergehend mit der zunehmenden Verbreitung von Notebooks setzen immer mehr Haushalte auf den Digitalstandard DVB-T. Der Handel mit USB-Antennen und Steckkarten für den digitalen TV-Empfang brummt - und könnte eine Geschäftsidee zum Zerplatzen bringen.

HAMBURG. Notebooks empfangen die Programme nicht per Internet, sondern über eine kleine Antenne, die mit dem Rechner verbunden wird. Die Ausstrahlung von TV-Signalen über den Digitalstandard DVB-T macht dies möglich. Während der Handel mit USB-Antennen und Steckkarten für den digitalen TV-Empfang brummt und immer mehr Festplatten verkauft werden, um Sendungen aufzuzeichnen, können Internet-TV-Anbieter wie die Deutsche Telekom oder Hansenet bislang gerade einmal etwas mehr als 100.000 Nutzer für das so genannte IPTV begeistern.

Als man vor wenigen Jahren an Fernsehen per Computer dachte, war klar, dass die Sendungen per Datenkabel in das Wohnzimmer transportiert werden. Kaum jemand hat vorausgesehen, dass DVB-T, das nach und nach in immer mehr Sendegebieten das analoge TV-Signal abgelöst hat und bis Ende des Jahres in der Bundesrepublik flächendeckend zur Verfügung stehen soll, diese Geschäftsidee zum Zerplatzen bringen könnte.

Geholfen habe die immer stärkere Verbreitung von Notebooks, sagt Klaus Mähleke, Geschäftsführer von Hauppauge Computer Works in Ehingen an der Donau. Die Deutschland-Tochter des US-Unternehmens verkauft TV-Karten und USB-Antennen nicht nur an Endkunden. Wie die meisten Wettbewerber beliefert das Unternehmen auch große Computerhersteller wie HP, Acer und Dell mit Komponenten, die diese dann in ihre Rechner einbauen.

Jedes Jahr liefert allein Hauppauge in Deutschland zwei Millionen Komponenten aus, um Computer TV-fähig zu machen. 75 Prozent sind USB-Sticks. Der Wettbewerber Terratec aus Nettetal am Niederrhein verkauft nach eigenen Angaben jedes Jahr mehr als hunderttausend TV-Karten und USB-Sticks. Weil so nach und nach immer mehr Computer zu digitalen Video-Recordern werden, steigt auch die Nachfrage nach Festplatten, mit denen die digitalen Aufnahmen gespeichert werden können.

Die meisten Sticks und TV-Karten werden zusammen mit einer Software ausgeliefert, die es auch Einsteigern ermöglicht, TV-Programme über elektronische Programmzeitschriften im Internet auszuwählen, diese in Echtzeit oder zeitversetzt anzusehen, aufzuzeichnen oder sie auf DVDs zu brennen. Vieles, was die Anbieter von IPTV-Lösungen versprechen, ist damit schon heute möglich.

Obwohl TV-fähige USB-Sticks und Steckkarten immer kleiner und leistungsstärker geworden sind, haben sie aber gegenüber dem IPTV aus der Datenleitung einen Nachteil: Sie müssen über Kabel mit externen Antennen verbunden werden, damit die Empfangsqualität stimmt. Daher glaubt Gartner-Analyst Paul O`Donovan nicht, dass der DVBT-Empfang per Stick das Internetfernsehen komplett überflüssig macht. Allerdings arbeiten Terratec und Co. mit Hochdruck an Sticks, die eine leistungsfähige Antenne bereits integriert haben.

Dem kostenpflichtigen IPTV droht Konkurrenz auch aus dem Internet selbst. Erste Anbieter von Fernsehkanälen, die mit Peer-to-Peer-Netzwerken funktionieren, versuchen ihr Glück auf dem Unterhaltungsmarkt. Die Nutzerzahlen des Videodienstes Joost und die des Internet-Fernsehportals der Firma Zattoo wachsen beständig. Anders als bei YouTube werden in diesen Portalen keine Privatvideos gezeigt, sondern Programme von Fernsehstationen.

Die Datenströme werden zum Teil auf den Servern der jungen Unternehmen verarbeitet, zum Teil - hier kommt die aus Tauschbörsen bekannte Peer-to-Peer-Technik ins Spiel - auf Computern der Zuschauer. Zattoo hat rund 200.000 registrierte Nutzer in Europa. "Viele von ihnen haben gar keinen Fernseher, aber ein Interesse am klassischen Fernsehprogramm", sagt Zattoo-Deutschlandchef Dominik Schmid. Das seien Leute, die am Computer arbeiten und nebenbei fernsehen, oder Zuschauer, bei denen der Hauptfernseher im Wohnzimmer besetzt ist, so dass sie auf das Arbeitszimmer ausweichen. Ihre Einnahmen generieren diese Unternehmen durch Werbung, die beim Umschalten auf einen anderen Sender abgespielt wird.

US-Unternehmen wie Stickam, Operator11, Kyte.tv, Ustream oder Mogulus bieten Nutzern außerdem inzwischen Software und Speicherplatz, um selbst Videoprogramme aufzuzeichnen und mit Hilfe von Streaming-Technik eigene Programme über das Internet zu verbreiten. Wie viele Zuschauer dieses Graswurzel-Fernsehen haben wird, wird allerdings stark vom Einfallsreichtum derjenigen abhängen, die Sendungen für den Computerbildschirm ins Netz stellen.

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