Informationstechnik spielt im Management noch eine Nebenrolle:

DV-Spezialisten sollten sich nicht einigeln

12.02.1988

MÜNCHEN - "lnformationstechnik ist nicht der Nabel des Unternehmens - sondern nur einer der Erfolgsfaktoren im Rahmen der Unternehmensstrategie. Damit brachte Manfred Dosch, Direktor Informationsverarbeitung bei der Daimler-Lenz AG in Stuttgart. auf einer Tagung der Murnauer Akzente-Studiengemeinschaft die Meinung hochkarätiger Informatik-Manager über ihr Handwerkszeug auf den Punkt.

Informationsverarbeitung bedeutet vor allem Service für die Anwender. Zum einen ist das Unternehmensmanagement Abnehmer für die Dienstleistung der Informationstechniker. Ihm dient die aufbereitete Information mit dem nutzerfreundlichen Zugriff als Hilfsmittel zur Entscheidungsvorbereitung. Zum anderen greift der Anwender in der Fachabteilung auf DV-Leistung zu. Schließlich gehört zu dem kommunikativen Dreigespann auch der Kunde des Unternehmens. Zusammen, so betonten die DV-Führungskräfte sollen Entscheidungsgrundlagen sowie Richtlinien für eine IV-Strategie erarbeitet werden. Der Tenor dabei lautet: Nutzeninnovation statt Technikkonzepte.

Um mit Unternehmensführern wie auch Sachbearbeitern reden zu können, muß der Informationstechniker künftig verstärkt Kenntnisse über betriebliche Zusammenhänge besitzen. "Der introvertierte Datenverarbeiter der Rationalisierungsphase wird zum extrovertierten Informationsverarbeiter", meint Arno Wiederstein, Direktor DV-Organisation und Informationverarbeitung der Metallgesellschaft in Frankfurt das gefragte Anforderungsprofil.

Doch DV-Einsatz allein macht schwache Unternehmen noch nicht starker. Wenn die Wettbewerbsposition ungenügend ausfällt, müssen, so rät Tom Sommerlatte, Geschäftsführer der Arthur D. Little International aus Wiesbaden, zunächst Führungs-und Entscheidungsstrukturen auf Effektivität hin überprüft werden.

Personal einsparen nicht im Vordergrund

Dazu gehört für Peter Staiger, Geschäftsführer der Pfanni EDV Service GmbH in München, beispielsweise eine eingehende Suche nach Schwachstellen in der Informationsstruktur. Erst dann lasse sich der Service aus der DV-Abteilung für das Produktivitätspotential der Fachabteilungen erschließen. Um die mangelhafte Versorgung mit Informationen ausgleichen zu können, sind überflüssige betriebliche Funktionen zu kappen, Schlüsselfunktionen wiederum zu verbessern. Personaleinsparungen stehen dabei im Hause Pfanne nicht im Vordergrund. Der Nutzen soll etwa bei Bestandssenkung, Disposition, Verbesserung der Konditionen oder bei beschleunigten Abläufen sichtbar werden.

Als Dateneigentümer proklamiert Staiger künftig nicht mehr die DV, sondern den Benutzer. Für Anwender gilt deshalb auch in der "PfanniDatenbank" die Selbstbedienung. Der Service-Geschäftsführer setzt dabei auf ein neues Bewußtsein des Endusers, der mit eigenen Datenbeständen verantwortlich arbeiten könne.

Organisation geht vor Technik

Organisation geht bei den Münchenern vor Technik: Nach der Pfanni-IDV-Strategie stehen betrieblichen Notwendigkeiten sowie der daraus resultierende Unterstützungsbedarf der Arbeitsabläufe im Vordergrund. Für die Zusammenarbeit der DV mit den Fachabteilungen bildet nach Erfahrungen des DV-Experten die Betreuung der Nutzer nämlich eine herausragende Rolle: In Information und Schulung von Führungskräften und Mitarbeitern muß mehr investiert werden. Wie wichtig das Problem Schulung beispielsweise im Hause Daimler-Benz genommen wird, belegte DV-Manager Dosch mit eindrucksvollen Zahlen: In seinem Unternehmen werden inzwischen 150 Millionen Mark - das ist ein Drittel des gesamten DVBudgets - für die informationstechnische Ausbildung der Mitarbeiter ausgegeben.

Informations-Management, darin sind sich die DV-Praktiker einig, bedeutet mehr als eine Strategie für technische Entwicklung. Es ist Aufgabe des Führungszirkels. Sie setzt eine Unternehmensplanung voraus die die Rolle, die Informations- und Kommunikationssysteme für den Wettbewerb spielen, berücksichtigt. Dies aber scheint eher die Ausnahme als die Regel. Noch stehen nämlich DV-Verantwortliche unter einem ständigen Rechtfertigungs- und Leistungsdruck, kann der Berater Sommerlatte beobachten. Der Kriechgang scheint vorprogrammiert: Bisher gängige Rationalisierungsbeweise dürften den InformationstechnikManagern künftig immer schwererfallen. Andererseits stoßen Sachargumente beim technikunkundigen Unternehmensmanagement nach wie vor auf Unverständnis.