KOLUMNE

DV: Managen wie die Freimaurer?

23.04.1993

Nichts gegen Freimaurer. Es geht um den Bezug zur Loge. Die DV- Szene als geheime Gesellschaft auszumachen, koennte zur Klaerung der Frage beitragen, wohin der Informatik-Karren faehrt und was unterwegs verlorengeht. Bemerkenswerte Einsichten laesst die IBM- Anwendervereinigung Guide erkennen: Das bisherige Rollenspiel zwischen Fachabteilung und IS-Bereich funktioniere nicht mehr, so der deutsche Guide-Chairman Juergen Dostal in einem CW-Gespraech (Seite 10). Dies habe zu einer Identitaetskrise der klassischen DV- Chefs gefuehrt. Das Bekenntnis kommt spaet, aber wo steht eigentlich geschrieben, dass sich eine Benutzerorganisation nicht aendern kann? Vielleicht hilft die Einsicht, dass ein Nachholbedarf an strategisch denkenden Koepfen aus dem Kreis der Guide-Members besteht, wie Dostal freimuetig einraeumt.

Mit Selbstanklagen allein ist es jedoch nicht getan. Der Unterschied zwischen frueher und heute, zwischen 3270 und Windows, ist klar. Dostal nennt dies die Technikkrise: "Die technische Innovation schreitet ungleich schneller voran, als wir Neuerungen organisatorisch umsetzen koennen. Teilweise fehlt uns die Faehigkeit, in Anwendungssysteme, die wir ueber Jahre aufgebaut haben, innovative Elemente rasch und mit sichtbarem Nutzen fuer die Anwender zu integrieren."

Wie bewirken wir, dass sich etwas bewegt? Diese Frage stellen sich nicht nur die Guide-Leute. Auch in der Softwarebranche melden sich Querdenker wie Dietrich Jaeschke von der Berliner PSI zu Wort: "Der Anwender hat die Macht, und die setzt er auch ein" (siehe Thema der Woche, Seite 7). Zweifel sind indes angebracht, so gern wir dem PSI-Chef recht geben wuerden. Vielleicht, dass ein entnervter Vorstand Outsourcing-Gespraeche fuehrt und ein aufsaessiger Fachbereichsleiter auf eigene Faust Downsizing betreibt; mag sein, eher nein, schon weil die hiesigen Manager alles andere als IS-minded sind.

Natuerlich hat dies indirekt mit der Logenmentalitaet der DV zu tun. Doch darauf kommt es nun auch nicht mehr an. Es muss etwas passieren - aber was? Unklug aus Sicht der Datenverarbeiter waere es, Forderungen nachzugeben, von denen diejenigen, die sie stellen, nicht wissen, wie sie gemeint sind. Business Re- Engineering ist so ein Luftballon. Die DV-Organisation braucht vielmehr ein klares Mandat, den Status quo aufzuheben. Wunder darf man nicht erwarten. Besser ist es allemal, Versaeumnisse zuzugeben und auf Ressourcenprobleme insbesondere beim Personal hinzuweisen, um sich nicht erneut unnoetigem Stress auszusetzen, der aus Ueberforderung resultiert. Guide-Sprecher Dostal macht sich da nichts vor: Absolute Sicherheit gibt es nirgendwo. Wer zweifelt - und das tut Dostal -, kommt der Sache schon naeher. Viel Glueck, Guide!