Personalkarussell l987:

DV-Leute, die Schlagzeilen machten

08.01.1988

Rudolf Beuerlein:

Der langjährige Öffentlichkeitsarbeiter der Hewlett-Packard GmbH steigt im September aus. Gleichzeitig mit Beuerlein, der fortan für den Fernmeldespezialisten Northern Telecom tätig ist, verabschiedet sich Marketing-Communications-Manager Hans Günther Zink in Bad Homburg. Eine Reihe weiterer PR-Leute aus der DV-Branche verläßt im Lauf des Jahres langjährig ausgeübte Jobs.

Doris Bencsik:

Nachdem Datapoint-President Edward Gistaro die von dem Börsianer Asher Edelman kontrollierte Gesellschaft aus persönlichen Gründen verlassen hat, übernimmt Mrs. Bencsik, bis dato Vice President, kommissarisch die Leitung des Unternehmens. Sie wird eine der höchstrangigen Managerinnen der amerikanischen DV-Szene und zeigt, was sie kann: Die abgewirtschaftete Datapoint Corp. kommt im vierten Geschäftsquartal (1. August) wieder in die Gewinnzone. Doch Benecsiks Job wird neu besetzt - von einem Mann. Die DV-Frau bleibt dennoch zunächst bei Edelman; sie betätigt sich als "Beraterin" des New Yorker Finanzstrategen, der in den folgenden Monaten zwar mit dem Versuch scheitert, die Telex Corp. mit seiner Datapoint zu fusionieren, aber wenigstens 9,5 Millionen Dollar Schadenersatz vom Beinahe-Übernahmeopfer abkassiert.

Roland Berger:

Der Münchner Unternehmensberater schließt im August einen Deal mit der Deutschen Bank. Das Geldinstitut beteiligt sich an "Roland Berger und Partner" mit zunächst 24 Prozent, ab Ende 1988 jedoch über 75 Prozent. Der Firmengründer behält sich aber vor, bis mindestens 1995 die Zügel fest in der Hand zu halten.

Eberhard Bihler:

Nach 27jähriger Tätigkeit im Unternehmen, während der letzten Jahre als Mitglied der Geschäftsführung, verläßt der Manager im April die IBM Deutschland GmbH. Mehrere Jahre hatte er den Unternehmensbereich Finanzen geleitet; seit Januar stand Bihler der Unternehmensleitung als Berater zur Verfügung. Bihler arbeitet nun in der Tübinger Akademie für Umweltfragen mit.

Paulus Burkert:

Der oberste Kommunikator der deutschen IBM hat genug davon, sein Unternehmen in der Öffentlichkeit gut darzustellen. Pressechef Burkert hat zwar das Rentenalter noch nicht erreicht, zieht es aber vor, von Big Blues Programm zur vorgezogenen Pensionierung Gebrauch zu machen. Nachfolger wird der Telekommunikations-Experte Helmut Roeder, ein Diplom-Ingenieur ohne Praxis-Erfahrung mit Presse und Public-Relations.

Steve Chen:

Der Chef-Ingenieur von Cray Research wirft Anfang September das Handtuch: Der Firmengründer, Supercomputer-Pionier Seymour Cray. hat nämlich dem von Chen geleiteten Parallellrechner-Entwicklungsprojekt "MP" den Geldhahn zudrehen lassen. Daraufhin verlieren die Cray-Aktien - lange vor dem Wall-Street-Crash - an der Börse binnen drei Tagen insgesamt 500 Millionen Dollar an Wert. Freilich wird auch Mr. Crays Aktienpaket durch den Kursrutsch leichter. Wenige Wochen später gründet Chen seine eigene Firma Supercomputer Systems Inc., bei der etliche seiner Ex-Mitarbeiter einen neuen Job finden. Seymour Cray verlängert seinen Beratervertrag mit Cray Research bis 1992 - er will die "Cray 4" entwickeln, einen Supercomputer auf Basis von Gallium-Arsenid-Halbleitern. Dabei ist noch nicht einmal die "Cray 3" auf dem Markt: Sie kommt im Frühsommer 1989.

John Cullinane:

Der Gründer des Softwarehauses Cullinet zieht sich aus der Branche zurück und überläßt seinem Vize David Chapman das Feld - und die Sanierung des in die roten Zahlen gerutschten Unternehmens. Der 52jährige Cullinane will sich allerdings noch nicht aufs Altenteil begeben. Unter anderem betätigt er sich als Sponsor von Mike Dukakis, einem der Kontrahenten von Gary Hart und Jesse Jackson beim Wettlauf um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten.

Rod Canion:

Der Präsident des absoluten Senkrechtstarters der amerikanischen PC-Branche, der Compaq Corp., macht sich wenige Wochen nach der wortgewaltigen PS/2- und SAA-Ankündigung des Marktersten zum Wortführer einer selbstbewußten Oppositionsbewegung. Canion legt ein eindeutiges Bekenntnis zum "alten" PC-Standard ab. Er habe keine Pläne, die neue IBM-Architektur zu fördern, sagt Canion in New York. In den folgenden Monaten steigen nach Erhebungen der Marktforscher von "Storeboard" in den amerikanischen Computerfachgeschäften die Marktanteile von Compaq und der gleichfalls nicht PS/2-abhängigen Apple Inc., während die der IBM zurückgehen. Einige Monate später stellt in Europa der Hersteller Olivetti sein modernisiertes Mikrocomputerprogramm vor, bei dem das neue Schrägstrich-Konzept der Armonker auch nur eine Nebenrolle spielt.

Fritz W. Dieckmann:

Der noch von VW-Vorstand Horst Münzner eingestellte Vertriebsmanager der TA Triumph-Adler AG tritt im Januar seinen Jahresurlaub an - und kehrt (erwartungsgemäß) nicht mehr ins Unternehmen zurück. Seit Francesco Tato von Olivetti-Chef Carlo de Benedetti als Feuerwehrmann nach Nürnberg beordert worden war, hatte der Name des einstigen Olivetti-Deutschland-Geschäftsführers Dieckmann auf der Dispositionsliste gestanden. Nach einer Umstrukturierung ihrer Tochtergesellschaft Datachecker Systems überträgt die deutsche National Semiconductor Dieckmann im Herbst 1987 die Geschäftsführung dieser Registrierkassenfirma. Martin Hebel, bei TA verantwortlich für das Großkundengeschäft, fällt ebenfalls Tatos eisernem Besen zum Opfer: Er verläßt das Unternehmen auf die gleiche diplomatische Weise wie Dieckmann. Tato selbst übernimmt als Nachfolger von Volkswagen-Manager Horst Münzner ein weiteres Amt im Konzern, nämlich den Vorsitz im Aufsichtsrat bei TAs Frankfurter Adler-Werken. Klaus Mentzel, bis März im Triumph-Adler-Vorstand für Produktion, Logistik und Materialwirtschaft zuständig, wechselt die Branche. Sein neuer Arbeitgeber ist Tabakhersteller Reemtsma. Finanzchef Adalbert Sedlmair verzichtet ebenfalls auf eine Verlängerung seines Vertrages bei TA.

Heinz K. Fridrich:

Ein in der Wolle blau gefärbter Manager macht eine Big-Blue-Bilderbuch-Karriere: Friedrich, der 1950 als Lehrling im Hause IBM begonnen hatte, wird als Vice President ins Bord of Directors in Armonk gewählt. Als Chef des Corporate Manufacturing Staff ist Friedrich in der Hauptverwaltung für den Produktionsbereich des ganzen Konzerns verantwortlich.

Georg Färber:

Der 47jährige Professor, seit 1973 Inhaber des Lehrstuhls für Prozeßrechner an der Technischen Universität München, wird vom Aufsichtsrat der Mannesmann Kienzle GmbH zum Mitglied der Geschäftsleitung bestellt. Er soll die technische Gesamtleitung in den Unternehmen der Kienzle-Gruppe übernehmen. Gemeinsam mit seinem Bruder Eberhard hatte Färber 1970 die Münchner PCS Periphere Computer Systeme GmbH gegründet, an der die Mannesmann AG seit 1986 die Kapitalmehrheit hält.

Paul Greineder:

Der neue Löwenbräu-Vorstandsvorsitzende beweist im verregneten 87er Sommer einen kühlen Kopf. Statt sich von Firmennamen leiten zu lassen, macht er die Planung seiner DV-Investitionen allein von der Kostenrechnung abhängig. Die IBM ist ihm zu teuer - er steigt um auf Siemens. Und beschert damit dem portablen Betriebssystem Unix eine in der MVS-fixierten deutschen DV-Welt ach so seltene positive Propaganda.

Romin Neumeister:

Der bei Big Blues Stuttgarter Ableger für das Geschäft mit der Bundespost zuständige Manager wagt - nach 18 Jahren im blauen Garn - den Absprung. Bei der Tandem Computers GmbH in Frankfurt wird er Nachfolger von Geschäftsführer Ernst Georg Lotz, der selbst ein Ex-IBMer ist und nun bei Tandem Aufsichtsratsvorsitzender wird - mit Büro in Stuttgart.

Imai-Alexandra Roehreke:

Die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Digital Equipment GmbH war lange Zeit eine der prominentesten Frauen der deutschen DV-Szene: In den letzten sieben Jahren war sie maßgeblich daran beteiligt, das Image von DEC in Deutschland aufzubauen. Eine DV-Frau ist sie nun nicht mehr, denn sie verläßt nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Branche. Ihre neue Aufgabe: Sprecherin von Allianz-Vorstand Wolfgang Schieren.

Carl-Friedrich Meissner:

Obgleich einer der ältesten Veteranen im deutschen IBM-Management, entscheidet sich der Marktsegmentleiter Mittelstand - einst Bereich "Basis-Datenverarbeitung" - für eine berufliche Veränderung. Meissner, seit 1959 im Unternehmen, wechselt zu DEC.

Gert H. Müller:

Nachdem er bei der deutschen IBM lange Jahre Chef der Produktion gewesen war, läßt sich Müller, 59 Jahre alt, zum Jahresende in den vorzeitigen Ruhestand versetzen. Big Blue hatte dieses Jahr das interne "Early Retirement Programme" ausgedehnt, das in den meisten Niederlassungen zu einer Verjüngung des Managements führte.

Otto Oechsner:

Auch in der deutschen Olivetti weht seit Francesco Tatos Rückkehr in die Bundesrepublik ein schärferer Wind. Der Geschäftsführer, der 1984, von Bosch kommend, die Nachfolge von Fritz W. Dieckmann angetreten hatte, verzichtet darauf, seinen Vertrag zu verlängern. Nachfolger wird Peter Günthard, seit 1980 erster Olivetti-Mann in der Schweiz. Aus der unangenehmen Pflicht, für das zu sanierende Unternehmen Öffentlichkeitsarbeit machen zu müssen, verabschiedet sich gegen Jahresende Richard Bachinger. Der aus Wien stammende Kunstliebhaber hatte 19 Jahre lang in Olivetti-Diensten gestanden.

Franz Scherer:

Die Kölner Honeywell Bull AG verliert ihren Vorstandsvorsitzenden Scherer an den sanierungsbedürftigen Büromaschinenvertreiber Rank Xerox GmbH in Düsseldorf. Die Geschäftsführung der maroden Tochter der britischen Rank Ltd. und des amerikanischen Xerox-Konzerns, die seit Jahren nichts als Verluste erwirtschaftet, ist dem DV-Spezialisten aus Köln eine Herausforderung. Bei Bull rückt Scherers Vize Horst Gellert auf den Chefsessel nach.

H. L. Sparks:

Der "Erfinder des Händlervertriebs" bei der IBM ist wieder einmal Gegenstand einer Personalia-Meldung. Nach seinem Ausscheiden aus Big Blues PC-Abteilung Entry Systems Division hatte er zweieinhalb Jahre lang dem Compaq-Management angehört; dann war er bei der Tandon Corp. beschäftigt, was aus Karriere-Gesichtspunkten schon einen Imageverlust bedeutete. Nun versucht "Sparky", wie ihn die Branche in den USA nennt, sein Glück als President der äußerst unbekannten Amdek Corp., einer Tochtergesellschaft der Wyse Technology.

Walter Seemann:

Der Marketier der Bad Homburger Norsk Data GmbH (ND) erfüllt sich einen Traum. Als sich abzeichnet daß im Herbst ein Managementposten in Indien frei wird, bewirbt sich Seemann bei seinen norwegischen Chefs - und wird wunschgemäß in die Tropen geschickt. Der Deutsche hat nun ein Büro in Neu-Delhi und die Aufgabe, die Geschäfte der skandinavischen Computerfirma auf dem Subkontinent auszubauen.

Heinrich Stehmann:

Aus gesundheitlichen Gründen geht Stehmann, seit 1980 Geschäftsführer des Bundesverbands Vertriebsunternehmen Büro-, Informations- und Kommunikationstechnik e.V. (BVB), zum Jahresende in den Ruhestand. Sein Nachfolger Ulrich Schneider hat gründlich gelernt, die Welt durch die blaue Brille zu sehen - er war 20 Jahre lang für den größten DV-Konzern der Welt tätig. Für den Kontakt zum alten Arbeitgeber kann Bernard Dorn sorgen. Das Mitglied der Stuttgarter IBM-Geschäftsführung gehört dem gewählten Vereinsvorstand an.

Paul G. Stern:

Der zweite Mann im Unisys- Konzern und frühere Burroughs- President zieht sich Ende 1987 aus dem Unternehmen zurück. Als Vize von Chairman Michael Blumenthal war Stern maßgeblich an der Fusion mit Sperry beteiligt. Auch Ex- Sperry- Chef Joseph Kroger scheidet zum 31. Dezember aus seinem Amt als Vice Chairman der Unisys.

Hans Strack- Zimmermann

Der 45jährige Leiter der Sinix-Mannschaft in Münchens Siemens-Stadt "Datasibirsk" (Neuperlach) läßt im Dezember durchblicken, daß er den Elektronikkonzern im Frühjahr verlassen wird. Während die Branche rätselt, wie wohl seine nächste Tätigkeit aussehen wird deutet Strack-Zimmermann lediglich an, daß seine künftige Tätigkeit wieder etwas mit Unix zu tun hat. Etwas anderes hätte bei ihm wohl auch keiner vermutet.