IBM, Siemens und Univac setzen Daumenschrauben bei Hard- und Software-Preisen an:

"DV-Hersteller fast schlimmer als Öl-Multis"

09.10.1981

MÜNCHEN - Als "dicken Hammer" bezeichnen DV-Verantwortliche die neuerlichen Preiserhöhungen von IBM, Siemens und Univac. Sauer reagieren insbesondere solche Anwender, die innerhalb dieses Jahres bereits die zweite Preisanhebung wegstecken müssen. Die Empörung gilt jedoch weniger den gesteigerten Hardware-Mieten als vielmehr den angezogenen Software-Lizenzgebühren.

Die Preiserhöhungen bei IBM und Siemens treffen einen Großteil der DV-Anwender besonders hart, denn die vorletzte Erhöhung ist nicht einmal sechs Monate her. IBM zog zuletzt erst per 1. Juni die Mieten für die meisten Peripheriegeräte und die Systeme /370, 4300, /3, /32 und 5280 um fünf Prozent hoch. Jetzt schöpfen die Stuttgarter bei all diesen Systemen und bei verschiedenen Peripheriegeräten ein zweites Mal ab.

Für einzelne Modelle wurden die Mietpreise diesmal gar um acht Prozent erhöht. Aber vor allem die neuen Lizenzgebühren für die meisten Software-Produkte werden bei den IBM-Kunden kräftig zu Buche schlagen. Mit Wirkung ab 1. Dezember müssen Benutzer auch hier acht Prozent mehr berappen.

Siemens reagierte schnell auf das Vorpreschen des Marktführers. Nachdem bereits im April dieses Jahres die Mietpreise für die Systeme 7.500 7.700 und 4004 heraufgesetzt wurden, erhöhen nun auch die Münchner bei den 7.000er-Produkten ein zweites Mal. Acht Prozent macht der zweite Nachschlag aus.

Auch für die meisten Anwendungspakete müssen die Lizenznehmer um fünf bis acht Prozent tiefer in die Tasche greifen. Fast bescheiden nimmt sich dagegen der Preisanstieg bei Sperry-Univac aus. Er bezieht sich lediglich auf das als Konkurrenz zur IBM /38 geltende System 80. Das Ausmaß dieser Erhöhung - ab 1.1.1982 15 Prozent mehr Miete - gestaltet sich indessen weniger bescheiden. Außerdem müssen System-80-Anwender demnächst bei den Software-Lizenzen weitere zehn Prozent hinblättern. Die Betroffenen wüßten zum Zeitpunkt der CW-Umfrage noch nichts von ihrem "Glück". Erste Reaktion: "Wir sind stocksauer."

"Die DV-Anbieter schießen sich mit dieser Erhöhung jetzt selbst ins Knie", kommentiert ein Bremer IBM-Anwender. Er sei überzeugt, daß sich gegenwärtig so mancher Kollege überlegen werde, ob er das eine oder andere Softwarepaket noch kaufen soll oder ob er wieder selber strickt. Mit diesen Preisen, so der Bremer DV-Chef zynisch, kämen kaum noch die besten Apotheken mit.

Ein Koblenzer 4300-User mußte für seine Maschine bereits ab Juni fünf Prozent mehr bezahlen. Mit den neuerlichen acht Prozent hätte er innerhalb eines halben Jahres insgesamt dreizehn Prozent zugelegt. Da heute auch die Datenverarbeiter wie nie zuvor mit dem Rotstift arbeiten müßten,

meint der IBM-Anwender, sei wohl kaum ein DV-Verantwortlicher in der Lage, derartig hohe Beträge irgendwo "rauszuquetschen". Besonders hart würde es DV-Benutzer treffen, so der Koblenzer, die nach diesem Preisanstieg im Personalbereich sparen müßten.

Für den DV-Leiter des Hamburger Buchgroßhändlers Grossohaus Wegner & Co., Carsten Diercks, ist die neuerliche Erhöhung nach eigenen Worten schier unbegreiflich. Dort, wo er die Teuerung für ungerechtfertigt halte, wolle er seinem Hersteller Siemens kräftig Paroli bieten. Ärgert sich der Hamburger: "Alle schimpfen über die Öl-Multis - aber die DV-Anbieter sind ja fast noch schlimmer."

Kurt Arnold, DV-Chef bei der Fröherer AG in Steinheim (Siemens 7.531), ist ebenfalls vergnatzt. Vor allem durch die Erhöhungen bei der Software sei er vorerst vom Kauf weiterer Standardprogramme abgeschreckt. Ein Plus von zwei bis drei Prozent hätte er zwar noch akzeptiert, aber acht Prozent seien durch nichts zu rechtfertigen.

Schmunzeln können nach dem erneuten Mainframe-Preisanstieg insbesondere Mixed-Hardware-Benutzer. Freut sich DV-Org.-Chef Jörg Spranger von der Fiat AG in Heilbronn: "Diese Erhöhung ist für uns eine Bestätigung dafür, daß wir in der Vergangenheit immer mehr IBM-Hardware durch Maschinen anderer Hersteller ersetzt haben. Anwender, die noch immer reinrassig IBM fahren, werden jetzt verprellt."

Verärgerung über die Verteuerung von Hard- und Software macht sich nach bei der Bitburger Brauerei breit. Siemens-Anwender Reinhard Adam ist der Auffassung, daß derart unvorhergesehene Erhöhungen innerhalb nur eines halben Jahres verstärkt am Image der DV-Leute nagten. Inzwischen werde die DV von den Unternehmensführungen nicht mehr als alleiniges Rationalisierungsinstrument betrachtet. Die DV-Leute würden zunehmend zum Sparen angehalten. Vor allem dort, wo für viel Geld eine DV-Anlage gekauft worden sei, beobachte das Top-Management mehr denn je die Kosten, die zusätzlich für Wartung und Software anfallen. "Die Position der DV-Verantwortlichen" mokiert sich Adam, "wird durch die unüberschaubare Preispolitik immer schlechter."