Kapitalerhoehung und Totalsanierung bei Pariser Handelshaus

DV-Distributor Metrologie will sich gesundschrumpfen

08.01.1993

Den jetzt eingeleiteten Sanierungsprozess hat der franzoesische DV- Distributor bitter noetig. Zu sehr hatte sich die Metrologie International in der Vergangenheit in ihren Expansionsgeluesten und Diversifizierungsbestrebungen verzettelt. Das Geschaeftsjahr 1991 schloss die Pariser Unternehmensgruppe nicht nur mit einem Verlust von 610 Millionen Franc (umgerechnet rund 172 Millionen Mark) ab, sondern auch mit einer Nettoverschuldung von 1,2 Milliarden Franc. Rein rechnerisch war die Metrologie International damit zahlungsunfaehig, denn die Verbindlichkeiten uebertrafen Eigenmittel und Reserven um 228 Millionen Franc. Im Februar 1992 mussten deshalb die Grossaktionaere, darunter die mehrheitlich staatlich kontrollierte Bank BNP, erstmals frisches Kapital in Hoehe von 110 Millionen Franc zuschiessen.

Grossaktionaere werden zur Kasse gebeten

Mit den Erloesen aus den 1992 getaetigten Verkaeufen - unter anderem wurde das Kopierergeschaeft von Ricoh in Frankreich an die japanische Mutter veraeussert, der Unix-Haendler Top Log International loeste sich von Metrologie in Form eines Management- Buy-outs - und einer weiteren Finanzspritze von etwa 125 Millionen Franc hofft Metrologie-Chef Fraiberger, die Verschuldung fuer das gerade abgelaufene Geschaeftsjahr auf 350 Millionen Franc abbauen zu koennen. Der Nettoverlust duerfte sich 1992 auf 150 Millionen Franc reduziert haben, allerdings erwartet man durch die Verkaeufe auch eine Umsatzhalbierung von vier Milliarden Franc 1991 auf nun rund zwei Milliarden Franc.

Immerhin kommt aber die Zahlungsbilanz wieder ins Lot: Analysten rechnen mit einem Liquiditaetsueberschuss von etwa 165 Millionen Franc. Bei der jetzt eingeleiteten Umstrukturierung, die die bislang 46 Tochtergesellschaften von Metrologie auf zehn zusammenschrumpfen laesst und durch die sich die Mitarbeiterzahl von 2100 auf 750 Beschaeftigte drastisch reduziert, duerften die Aktionaere allerdings noch einmal zur Kasse gebeten werden. Rund 70 Millionen Franc wird die Umwandlung des Unternehmens in ein - so Fraiberger - "europaeisches DV-Handelshaus klassischen Zuschnitts" wohl kosten.

Mit ihrer misslichen Situation befindet sich die Metrologie International indes in bester Gesellschaft. Der gesamte franzoesische DV-Handel macht zur Zeit die schwerste Krise seiner noch jungen Geschichte durch.

In den vergangenen drei Jahren schmolzen vor allem im PC-Geschaeft die Handelsspannen durch den unerbittlichen Preiskampf um zehn Prozentpunkte zusammen. Auch duerften von den rund 5000 Vertriebshaeusern des Jahres 1989 mittlerweile rund 1000 nicht mehr existieren. Zumindest haelt die DV-Handelsbranche nach Angaben

ihres Fachverbandes Fedip bei Konkursanmeldungen derzeit einen traurigen Rekord unter allen Wirtschaftszweigen des Landes.

Richard Karsenty, Fedip-Vorsitzender und Chef der Handelsgruppe Praxial, meint zwar, dass auch heute "einige Distributoren immer noch gutes Geld verdienen". Seine Kollegen und ihn beunruhigt jedoch der wachsende Anteil von Direktverkaeufen durch die auf Systemintegration erpichten Hardwarehersteller beispielsweise ueber Systemhaeuser. Dies laesst laut Karsenty "viel Geschaeft am eigentlichen Markt vorbeilaufen". Die Marktforschungsgesellschaft Infocorp Europe schaetzt in diesem Zusammenhang, dass der Anteil der klassischen Distributoren am PC-Gesamtumsatz in Frankreich von 1992 bis 1997 von 42 auf 22 Prozent zurueckgehen wird.

Metrologie International als landesweit bislang groesster Vertreter der Distributorenzunft darf sich demzufolge auch nach der finanziellen Sanierung noch auf eine Durststrecke gefasst machen. Sobald die gleichfalls angeschlagenen Tochtergesellschaften in Grossbritannien und Italien wieder aufgemoebelt sind, kommt es fuer Fraibergers Team vor allem darauf an, sich im gemeinsamen europaeischen DV-Markt gegen die Branchenriesen aus den USA und Japan zu behaupten, die derzeit entsprechende Logistiknetze aufbauen. Metrologie verfuegt zwar in diesem Wettbewerb ueber einen Platzvorteil, der Pariser DV-Distributor muss aber noch beweisen, dass er diesen auch zu nutzen versteht.