DV contra Fachabteilung: Die Lösung liegt primär bei der DV-Abteilung

26.08.1983

Klaus D. Maifarth Organisationsprogrammierer bei den Städtischen Werken Kassel

Früher, in den Anfängen der DV, beherrschten einige Mitarbeiter alle Bereiche der DV. Heute ist das Wissen so umfangreich geworden, daß viele Leute nur noch ihren speziellen Bereich überblicken können. Dies führt dazu, daß das Spezialistentum sich immer mehr entwickelt und somit der Abstand zwischen Systemspezialist (Systemprogrammierer) und Anwendungsspezialist (Systemanalytiker/Organisationsprogrammierer) zwangsläufig immer größer wird. Optimierungen, die der Systemspezialist durchführt, müssen nicht auch gleichbedeutend sein mit einer Erleichterung für den Programmierer, und umgekehrt, könnte man das gleiche sagen.

Hier treten bereits erste Probleme innerhalb der Abteilung DV auf, die unter Umständen zu starken Querelen ausarten können, die letztendlich den Fachabteilungen nicht verborgen bleiben können. In den Programmierabteilungen sitzen DVler, die, häufig mit Schul-EDV-Wissen vollgepackt - aber ohne entsprechende Berufsausbildung - Probleme lösen sollen, von denen noch nicht einmal Grundwissen vorhanden ist. Nur Großunternehmen können sich den Luxus erlauben, Projektleiter zu beschäftigen, die ein Design zusammen mit der Fachabteilung entwickeln, Systemanalytiker zu beschäftigen, die aus diesem Design exakte Programmvorgaben erstellen, Programmierer zu beschäftigen, die aus diesen Programmvorgaben Programme codieren und ein Testzentrum mit eigener Testmaschine zu unterhalten.

Die Masse der Betriebe, die DV einsetzen, dürfte doch im mittleren Größenbereich angesiedelt sein. Die Anzahl der Mitarbeiter im DV-Bereich ist daher begrenzt und proportional den Mitarbeitern anderer Abteilungen angepaßt. Folglich hat jeder DV-Mitarbeiter mehr oder weniger viele Fachbereiche zu betreuen. Vorausgesetzt wird von den Fachabteilungsmitarbeitern, daß der zuständige DV-Mitarbeiter selbstverständlich auch ein eingehendes Wissen über das Gebiet, das er programmtechnisch betreut, haben muß und somit selbst zu fachspezifischen Fragen konsultiert wird.

Kann eine solche Frage nicht beantwortet werden, taucht sofort die Vermutung auf, daß "die von der EDV" keine Ahnung haben, aber die Firma viel Geld kosten.

Fällt an einem Tag die Maschine mehrmals aus, so kommt das einer Katastrophe gleich, und die Damen und Herren am Bildschirm in der Fachabteilung schreien Zeter und Mordio, daß die Blechkiste nichts taugt - genau wie die Leute, die daran arbeiten - und die Karteikarten von früher viel besser waren. Nur vergessen diese Mitarbeiter, daß die Maschine von 20 Arbeitstagen 19 ohne Unterbrechung gelaufen ist. Spannungen sind aufgrund solcher oder ähnlicher Äußerungen durch die Fachabteilungen somit vorprogrammiert.

Betrachten wir als nächstes die Fachabteilung selbst. In diesen sitzen Leute, die ihren Beruf (zum Beispiel Buchhalter) von der Pike auf gelernt haben; Buchungssätze gehen diesen Personen wie Butter über die Lippen. Im Versand sitzen Leute, die schon jahrelang diesen Platz innehaben und die gleiche Tätigkeit Tag für Tag verrichten. In der Fertigung sitzt der Meister, der seit Jahren seine Fertigungspläne mit der Hand ausarbeitet und stolz auf seine Flexibilität ist, mit der er die Fertigung betreibt. Wieviel Abfall er mit welcher Maschine eigentlich bisher produziert hat, das kann er natürlich nicht sagen.

Dann kommt da so ein Jünglich ("Der hat studiert!" und will Auskünfte einholen über Arbeitsläufe, weil geplant ist, in Zukunft alles über EDV abwickeln zu wollen. Die erste Reaktion des Mitarbeiters: "Jetzt bin ich dran! Die wollen mich wegrationalisieren. Dem von der EDV sag' ich kein Wort. Auskünfte kann er sich holen, wo er will, aber nicht bei mir!"

Unfrieden ist gesät. Die Arbeit ist erschwert. Von mangelnder Kooperationsbereitschaft muß ausgegangen werden.

Wie aber kann eine Lösung des Problems "DV contra Fachabteilung" aussehen?

Primär kann ein Lösungsansatz nur in der Abteilung DV gefunden werden - ausgehend von einem DV-Abteilungsleiter, der verstärkt auf die eigenen Mitarbeiter eingeht, weil hier bekanntlich die größten Individualisten anzutreffen sind. Nur der persönliche Kontakt, gepflegt durch den Abteilungsleiter, kann Schwachstellen in bezug auf Kontaktfähigkeit seiner Mitarbeiter zu den Fachabteilungen aufdecken. Nur das Eingehen auf die Mitarbeiter ermöglicht es ihm, zu ergründen, mit welchen Mitteln und mit welchen Methoden die Mitarbeiter zu motivieren und eventuell aufgetretene Frustrationen abzubauen sind.

Nicht unterschätzt werden darf dabei die Möglichkeit der Schulung. Ein Mitarbeiter, der permanent nur für Wartungsarbeiten eingesetzt wird, kann durch eine weiterbildende Maßnahme, durch die er auf den neuesten Stand des DV-Wissens gebracht wird, ungeheure Motivation entwickeln, die dann aber entsprechend zum Wohle des Unternehmens umgesetzt werden muß. Hier ist dann das "Fingerspitzengefühl" des DV-Leiters gefragt. Durch eine entsprechende gute Führung seiner Mitarbeiter, durch die Förderung gemeinsamer Gespräche in gelockerter Atmosphäre, durch die Beteiligung aller Mitarbeiter an der Entscheidungsfindung sowie wohldosierten Tadel, aber auch Lob (besonders hervorzuheben) zeichnet sich ein DV-Leiter aus, der damit

a) zur Beruhigung innerhalb der eigenen Abteilung,

b) zur Vermeidung von innerabteilichen Streitigkeiten,

c) zu mehr Kameradschaft und somit letztendlich zu einem vorurteilsfreien Abteilungsbild außerhalb der eigenen Abteilung beiträgt.

Mit einem Einhalten der festen Abteilungsstruktur (Gespräche mit dem Chef führen nur die Gruppenführer) ist es nicht getan, wenn eine Kontrolle über die Weitergabe der Gespräche von den Gruppenführern zu dem "Fußvolk" nicht existiert oder grundsätzlich unterbleibt. Das führt zu einem Informationsmangel und somit zu Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern. Ist in den eigenen Reihen ein gutes Betriebsklima aufgebaut (das kann lange dauern), kann gegenüber den Fachabteilungen mit ganz anderen Argumenten zu Felde gezogen werden.