Anbieter müssen neu lernen, wie Computer verkauft werden

DV-Branche: Vom Verteiler- zum Verkäufermarkt

25.03.1983

MÜNCHEN - Der beispiellose Aufschwung der DV-Branche scheint gebremst. In den Management-Etagen der Anbieterfirmen wird fieberhaft gebrütet, wie mit neuen Marketingkonzepten die Umsatzziele für das laufende Geschäftsjahr erreicht werden können. Doch bei allen Überlegungen bleibt häufig unberücksichtigt, daß sich die Gesetzmäßigkeiten des DV-Vertriebs grundlegend verändert haben: Die Produkte lassen sich nicht mehr wie in früheren Jahren nur "verteilen ", sondern müssen heute ernsthaft vermarktet werden.

Viele Vertriebschefs haben in den letzten Jahren ihren persönlichen Führungsstil für konjunkturelle Schönwetterlagen entwickelt. In der jetzigen Krisenlage gehen ihnen jedoch häufig die Argumente aus. Die Versäumnisse liegen in der Vergangenheit:

Deckungsbeitragsrechnungen als Basis für unternehmerische Entscheidungen sind nur bei wenigen Firmen eingeführt. Ausreichende Deckung ermöglicht für das gesamte Unternehmen jedoch mehr Spielraum bei Entscheidungen zum Vorteil des Kunden. Qualifizierte Verkäufer, die dem Interessenten nicht nur reine Hardware oder Software, sondern Nutzen und Vorteile verkaufen, befassen sich dennoch nur mit der Aufgabenstellung des Kunden und nicht mit dem eigentlichen Benutzerproblem. Das Preis-/Leistungsverhältnis wird verstärkt aufgezeigt, womit die Preisverhandlungen erleichtert werden. Der Verkauf über Nachlässe ist jedoch für ein Unternehmen langfristig nicht akzeptabel.

Zufriedenheit Faktor Nr. 1

Betrachtet man die Anzeigenkampagnen der Anbieter, so wird hier teilweise genauso geworben wie an der "Front" verkauft. Schlagworte wie etwa hohe Speicherkapazität oder hoher Durchsatz werden als Qualitätsargument verwendet. Das interessiert den Anwender heute nur noch sekundär.

Nur noch Vertriebsorganisationen, in denen sich Werbung, Marketing, Verkaufsförderung und Mitarbeitermotivation sinn- und wirkungsvoll ergänzen, werden künftig erfolgreich sein. Die Zufriedenheit der Vertriebsbeauftragten ist dabei ein wichtiger Faktor für den Erfolg. Gute Verkäufer halten dem Unternehmen nur die Stange, wenn Motivationsfaktoren gezielt eingesetzt werden. Ein verlorener Vetriebsbeauftragter kostet Umsatz. Die Suche nach einem neuen Vertriebsbeauftragten ist teuer, Einarbeitungs- und Schulungskosten kommen noch hinzu.

In der EDV-Branche arbeiten viele Vertriebsbeauftragte mangels fehlender Motivation unzufrieden und somit nur mit etwa 50 bis 60 Prozent ihrer Arbeitskraft. Ein Mitarbeiter, der gerne verkauft, verkauft zunehmend besser. Die Fluktuationsraten im EDV-Vertrieb zeigen, daß sich diese Denkweise noch nicht durchgesetzt hat.

Maßnahmen zur Stärkung der verkäuferischen Persönlichkeit, um damit die Effektivität des Vertriebes zu erhöhen, sollten in jedem Unternehmen durchgeführt werden. Organisatorische Einrichtungen sind ebenfalls nur unzureichend vorhanden: einheitliche Kundenkartei, Forecastsystem,

Kommunikationssysteme,

gemeinsame Entscheidungsfindung,

Zielvereinbarungen,

Lösungen von Schwierigkeiten,

enger Kontakt zwischen Vertriebsbeauftragten und Geschäftsführung.

Auftragsverhinderer

Dies sind Maßnahmen, die im Vertrieb einfach einzuführen sind und den Erfolg des Unternehmens garantieren. Zudem sollte die Geschäftsführung die Mitarbeiter über langfristige Ziele informieren um Zukunftsängsten zu begegnen.

In Verkaufsschulungen üben die Vertriebsbeauftragten oft harte und berechtigte Kritik am Management. Zum Teil werden die Firmenlenker gar als "Auftragsverhinderer" dargestellt. Dabei ist unwichtig, ob der Eindruck der Vertriebsbeauftragten subjektiv oder objektiv ist. Der Verkaufserfolg wird allein durch diese Auffassung geschmälert. Unternehmen, die dies erkannt haben, sind meistens erfolgreicher und zeichnen sich durch geringe Fluktuation, Umsatzzuwachs und hochmotivierte Mitarbeiter aus.

Auf Support achten

Wichtiger denn je ist es heute, daß der EDV-Anwender nicht nur auf den Preis der Produkte achtet, sondern auch auf Support und Service. Der DV-Entscheider sollte die Verkäufer fragen, wie lange sie im Unternehmen tätig sind. Das gibt manchmal Aufschluß über den Zustand eines Herstellers. Bei hoher Fluktuationsrate ist es offensichtlich, daß etwas im Unternehmen nicht stimmt.

Sind die Verkäufer schon über einen längeren Zeitraum bei einem Anbieter tätig, kann man mit großer Sicherheit annehmen, daß sowohl Management als auch Supportabteilungen auch nach der Auftragsvergabe ihr Bestes tun.