DV-Bildungszentren bangen um ihre Zukunft

10.10.1975

In Bonn gab es eine "Sondertagung" der Arbeitsgemeinschaft der Datenverarbeitungsbildungszentren zum Thema "Grundsatzfragen der EDV-Ausbildung und Ausbildungsförderung". ADVB-Wortführer Dr. Claus Jordan von der Technischen Akademie Wuppertal sprach offen von einer "Misere der DV-Ausbildung" und schob die Schuld den Bonner Ministerialen zu, die zwar im zweiten DV-Programm 162 Millionen Mark für die Förderung von DV-Bildungszentren zur Verfügung hatten, wegen "unsinniger" Förderrichtlinien aber nur 42 Millionen Mark - keineswegs immer sinnvoll - auszugeben vermochten. Geplant waren seinerzeit 20 Berufsbildungszentren mit jeweils über 500 Ausbildungsplätzen für mehrsemestrige Lehrgänge - vorwiegend für die Umschulung von Bildungswilligen anderer Berufe zu EDV-Fachkräften nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG). für Baumaßnahmen und für Maschinen stand Geld bereit, aber außer den Gewerkschaften wollte keiner das Risiko eingehen, einen solchen "weißen Elefanten" nach der Erstausstattung auch laufend unterhalten zu können.

"Hausware" statt "Teachware"

Der DGB baute auf der grünen Wiese in Hochdahl einen "Riesenkasten", erhielt dafür 20 Millionen Mark Zuschuß aus Bonner Töpfen, bestellte gleich zwei Siemens-Anlagen (die 4004/151 kam angeblich nie zum Laufen), machte insgesamt rund 10 Millionen Mark Verlust, schloß jetzt diese Bundesfachschule und bietet nun den ganzen Schulkomplex für 30 Millionen Mark zum Verkauf an.

Demnach verbleiben heute nur noch vier DV-Bildungszentren im "eigentlichen Bonner Sinn": Böblingen Düsseldorf, München und Paderborn. Jährliche Gesamtausbildungskapazität: insgesamt knapp 1000 Absolventen. Geschätzter Bedarf laut ADVB jährlich 5000 von Fachschulen Auszubildende.

Moniert wird heute, daß die Förderungspraxis "Hausware" statt "Teachware" zur Folge hatte, daß kaum Mittel für die Entwicklung einheitlicher Berufsbilder Ausbildungspläne und Prüfungsordnungen zur Verfügung standen.

So fordert die Arbeitsgemeinschaft der DV-Berufsbildungszentren immer noch und jetzt als Mittel aus dem dritten DV-Förderungsprogramm Bonner Geld für

- Erstellung von geeigneten Berufsbildern und Bildungsplänen und Schaffung von entsprechenden staatlichen Abschlüssen unter Berücksichtigung der bildungspolitischen Grundsätze der Bundesregierung - insbesondere Durchlässigkeit, Stufenausbildung, Baukastenprinzip.

Dafür müßten dem zuständigen Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung in Berlin (BBF) Forschungsmittel in Höhe von etwa einer Million Mark bereitgestellt werden.

- Vereinheitlichung und Verfeinerung der Lehrpläne - für die 500 000 Mark gefordert werden.

- Erstellung von Lehr- und Lernmitteln (schriftliches Lehrer- und Teilnehmer-Begleitmaterial, für das etwa drei bis fünf Millionen Mark erforderlich waren.

Nur noch 58 Prozent bei Umschulung?

Die Bildungszentren haben auch andere Sorgen. Angesichts der Konjunktur- und Arbeitsmarktlage und des Milliarden-Defizits der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit soll durch ein Haushaltsstrukturgesetz das Arbeitsförderungsgesetz erheblich geändert werden. Bisher gab es für Umschulungswillige neben 50 bis 60 Prozent Erstattung der Schulungsgebühren, Lernmittel- und Fahrtkostenpauschale, bis zu 90 Prozent des vorherigen Einkommens - maximal bis zu netto 432 Mark wöchentlich. Diese Unterhaltszuschüsse sollen jetzt auf 80 Prozent gesenkt werden für "Arbeitslose bzw. unmittelbar von Arbeitslosigkeit Bedrohte" und gar nur noch auf 58 Prozent für Teilnehmer, wenn die Ausbildung "arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig aber nicht notwendig ist".