DV außer Haus - selbst bei eigener Anlage?

12.03.1976

Sowohl Großfirmen mit Großcomputern als auch Mittelbetriebe und Kleinbetriebe mit MDT-Anlagen gehen trotz eigener EDV-Installation ins Service-Rechenzentrum .

Sicherlich ein ungewöhnlicher, zunächst auch nicht einleuchtender Schritt; indes die Fälle häufen sich. Die Palette der außer Haus gegebenen Anwendungen reicht vor Lohn- und Gehaltsabrechnungen bis zu großen Netzplanprogrammen.

Dabei werden neben Kostenersparnissen noch Geheimhaltungspflicht bei LG, Personalengpässe und Überbrückung von Umstellungsphasen als Gründe für den Schritt ins Service-Rechenzentrum genannt. uk

H. Hühn Mitglied der Geschäftsleistung und Kaufm. Direktor LTU, Düsseldorf

Wir haben zur Zeit zwei Kienzle-Anlagen 6000 installiert und rechnen darauf unsere sehr umfangreiche Lagerbuchhaltung (Ersatzteillager für Flugzeuge) , die Finanzbuchhaltung , Fakturierung, Flugabrechnung , Flugstatistik und teilweise Buchungen.

Wir sind zusätzlich Kunde eines Service-RZ in Düsseldorf, um die Möglichkeiten der größeren Anlage dort ausnutzen zu können. Wir fahren dort die Anwendungen Flugbuchungen, Materialwesen und kaufmännische Verwaltung.

Bevor wir mit unseren DV-Anwendungen außer Haus gingen, hatten wir eine Marktuntersuchung der EDV-Hardware-Anbieter durchgeführt. Dabei stellten wir fest daß wir uns erstens eine neue Anlage der mittleren Größenordnung nicht hätten leisten können , und zweitens wieder schnell an die Kapazitätengrenzen des Rechners gestoßen wären. Außerdem wären uns bei der Anschaffung eines neuen, größeren Computers personelle Probleme entstanden.

Aus diesen Gründen sind wir zum Service-Rechenzentrum gegangen und planen zur Zeit, die eigene Rechenanlage ganz abzuschaffen.

Dipl.-Kfm. Detlef Buckmann EDV und Personalwesen Mail Order Kaiser, München

Als zuständiger Mann für EDV und Personalwesen stand ich vor eineinhalb Jahren vor der Entscheidung, die Lohnabrechnung für unsere ca. 50 Beschäftigten im eigenen Haus oder im Service rechnen zu lassen. Wir haben selbst eine Honeywell-Bull 58 installiert und entschlossen uns für die Außer-Haus-Vergabe aus folgenden Überlegungen:

1. Die vom Hersteller angebotene Standardlohnabrechnung war viel zu schwerfällig und für unseren kleinen Betrieb unbrauchbar.

2. Unser Programmierer war und ist mit eigenen (viel wichtigeren) Programmaufträgen ausgelastet.

3. Fremdprogrammierung oder Lizenz zu teuer.

4. Das eigene EDV-Bedienungspersonal hat keinen Einblick in die vertraulichen Gehaltsunterlagen.

Für ca. 120 Mark pro Monat erschien uns die Vergabe an ein Service-Rechenzentrum die optimale Lösung zu sein.

Dieselben Gründe waren auch ausschlaggebend für die Vergabe unserer Finanzbuchhaltung mit den monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen an ein weiteres Rechenzentrum. In diesem Fall geben wir im eigenen Haus erstellte Datenträger zur Auswertung.

H. Kolkenbrock Abteilung Planungsmethoden und Durchführungsverfahren

Krauss-Maffei, München

In meiner Abteilung S 215 "Planungsmethoden und Durchführungsverfahren" hatten wir ein Informationssystem zur Projektplanung, Kostenkontrolle und Terminplanung konzipiert. Das war erforderlich, weil wir sehr viele Großprojekte zu bearbeiten hatten und sehr schnell Informationen über den Stand der Projekte vorliegen mußten.

Zu diesem Zweck wurde, losgelöst von unserer kommerziellen Groß-EDV (IBM 370/ 145), eine Honeywell Bull Modell 58 angeschafft. Die Anlage war mit drei Bildschirmen, vier Plattenlaufwerken, einem Schnelldrucker und einem Bandgerät ausgestattet und kostete insgesamt 11000 Mark. Über die Bildschirme konnten jederzeit Abfragen über den jeweils aktuellen Projekstand gemacht werden.

Da aber das große Netzplanberechnungsprogramm PPS und ein Plotterprogramm für Netzpläne (15000 FORTRAN-Statements) nicht von der Howneywell Bull bewältigt werden konnte, suchten wir nach einer Möglichkeit, bei Bedarf die Kleinanlage an einen Großrechner anzuschließen.

Diese Möglichkeit bot uns das Service-Rechenzentrum RATIONAL in München, das eine

Honeywell Bull 6000 installiert hatte. Wenn sich die Abhängigkeiten in den Netzplänen geändert hatten, wurden diese Änderungen über die Bildschirme erfaßt, über Telefonwählung zum Großrechner ins Rechenzentrum nach München übertragen und dort mit dem PPS-Programm die Projekttermine neu berechnet.

Mit dieser Lösung haben wir gute Erfahrungen gemacht, denn der Anschluß an

den Großrechner im Service-RZ klappte reibungslos, obwohl wir die ersten Kunden

von Honeywell Bull waren, die diesen Anschluß realisiert haben .

Da einige Projekte beendet wurden und die HB 58 nicht mehr voll ausgenutzt werden konnte, mußte aus Kostengründen die ganze Sache aufgegeben und die Anlage abgemietet werden.

Zur Zeit werden die restlichen Netzpläne wieder im Batch-Betrieb an der 370/145 gerechnet.

H. J. Richter Organisator Josef Schlemmer & Co, München

Wir haben eine eigene DV-Anlage. Sollen wir trotzdem Datenverarbeitung außer Haus geben?

Diese Frage stellte sich uns, da durch Reorganisation unserer Buchhaltung sowie die Einführung neuer Aufgabengebiete die Notwendigkeit bestand, die Buchhaltung von allen Routinearbeiten zu entlasten.

Nachdem bereits die Personen- und Sachkontenbuchhaltung über unsere EDV-Anlage HB 61/60 verarbeitet wurde, sollte kurzfristig auch die Lohnabrechnung über EDV abgewickelt werden.

Eine Übernahme der Lohnabrechnung auf unsere eigene Anlage hatte aber innerhalb unserer Umstellungsplanung die letzte Priorität bekommen und wäre kurzfristig nur mit einer Verschiebung von aktuellen Aufgabengebieten wie Dialog-Datenerfassung und Lagerbewirtschaftung realisierbar gewesen.

Da aufgrund der kurzfristigen Umstellungsnotwendigkeiten eine Eigenlösung nicht möglich war, hätten wir eine fertige Anwendung von unserem Hersteller übernehmen müssen. Da dieses Anwendungspaket kostenpflichtig ist und regelmäßig mit Update-Kosten gerechnet werden muß, kam also zum Zeitfaktor noch ein nicht unerheblicher Kostenfaktor.

Weiterhin mußten Probleme berücksichtigt werden wie kurzfristige Einarbeitung in die "fremde" Anwendung, die Geheimhaltung der gespeicherten Personaldaten und der Outputs mußte gewährleistet sein, es mußte bislang nicht eingeplante Maschinenzeit zur Verfügung gestellt werden.

Unter diesen Gesichtspunkten schien es uns sinnvoll, die Lohnabrechnung nicht auf unserer eigenen Anlage durchzuführen.

Die Lohnabrechnung im RZ kostet uns für 35 Mitarbeiter ca. 150 Mark im Monat. Der Arbeitsaufwand für unsere Buchhaltung ist minimal.

Unter den vorausgegangenen Aspekten können wir also die Frage "Datenverarbeitung außer Haus bei eigener Anlage" für bestimmte Aufgabenbereiche durchaus bejahen, da zur Lösung unserer organisatorischen Problematik auch die Wirtschaftlichkeit gewahrt wurde.