Mittelstandspaket im Test

Durchwachsene Noten für Microsoft CRM

02.07.2004
MÜNCHEN (as) - Mit seiner Produktsuite für Customer-Relationship-Management (CRM) drängt Microsoft in den Markt für Mittelstandssoftware. Wie es um die Praxistauglichkeit von "Microsoft CRM" bestellt ist, haben die Analysten der Hewson Group erkundet. Das Ergebnis: gute Standardfunktionen mit einigen Mängeln.

Zu den typischen Aufgaben, bei denen CRM-Software helfen soll, zählen die Verwaltung von Kundenkontakten, das Mailing, Berichtswesen sowie Angebote, Aufträge und Rechnungen. Wie Microsoft CRM mit seinen Modulen für Vertrieb und Service solche Kernfunktionen unterstützt, haben jetzt die britische Hewson Group und deren deutscher Partner Naujoks & Kollegen in der Feldstudie "Test Microsoft CRM 1.2" dokumentiert (www.hewson.de).

Die Bearbeitung von Kundenkontakten unterstützt die Software unter anderem durch umfassende Qualifizierungsmöglichkeiten für Leads und Kontakte gut. Aktivitäten wie beispielsweise ein Telefonanruf konnten einzelnen Datensätzen ebenfalls problemlos zugeordnet und über die Kundenhistorie nachverfolgt werden. Möglich macht dies laut den Testern vor allem die Komponente "Workflow Manager" in Microsoft CRM. Sie bietet Anwendern Prozessvorlagen, gestattet es aber auch, eigene Abläufe zu gestalten und neue Regeln zu hinterlegen. Vor allem im Vertriebsmodul lassen sich die Prozessschritte vom Erstkontakt über die Erstellung von Angeboten bis hin zur Rechnungsversand abbilden und automatisieren. Ebenso sind für das Servicemodul Prozessvorlagen verfügbar, beispielsweise für das Bearbeiten von Serviceanfragen, Eskalation oder Neuzuweisung.

Für Mailing-Aktionen stellt Microsoft im Offline-Modus den Outlook-Client zur Verfügung. Über ihn lässt sich auf Word zugreifen, um Seriendruckdokumente zu erstellen und diese in der CRM-Datenbank zu speichern. Allerdings kann der Benutzer keine zusätzlichen Felder einführen, und die Option steht derzeit nur im Vertriebsmodul zur Verfügung nicht aber über den Browser. Zudem fänden die Tester es wünschenswert, wenn diese Dokumente nicht lediglich in der Kundenhistorie aufgelistet, sondern dort auch hinterlegt würden.

Gefallen fanden bei den Prüfern hingegen die Berichtsfunktionen. Reports werden mit Hilfe der Berichtssoftware "Crystal Enterprise 9" von Business Objects implementiert. Mitgeliefert werden standardmäßig über 100 Vorlagen für häufig verwendete Berichte und Diagramme im Vertrieb und Service. Die Anzeige und der Zugriff auf Inhalte lassen sich dabei über Filter und das durchgängige Sicherheitskonzept der CRM-Software steuern. Die angebotenen Berichte sind allerdings sehr allgemein gehalten, weshalb es notwendig werden kann, zusätzlich eigene Dokumente zu erstellen, die beispielsweise Berichte über wichtige Kunden enthalten. Hierzu müssen Anwender jedoch die Software "Crystal Reports 9" lizenzieren.

Rollen steuern den Datenzugriff

Als unproblematisch bewerten die Autoren das Berechtigungskonzept und das Customizing. So sind für den Informationszugriff, die Modifikation von Feldern, Formularen und Prozessen insgesamt acht Sicherheitsrollen vordefiniert. Die unterschiedlich weitgehenden Anpassungsoptionen sind dabei über die Sichten Benutzer, Manager und Systemadministrator strukturiert. Unterstützt wird der Benutzer dabei durch eine laut Tester übersichtliche Benutzeroberfläche und gut dokumentierte Online-Hilfe. Individuelle Änderungen werden separat gespeichert und müssen bei einem Release-Wechsel händisch hinzugefügt werden - ein Umstand, den manche CRM-Experten an Microsoft CRM massiv kritisiert haben. Laut Hewson Group sei diese Trennung hingegen richtig, um das System "sauber zu halten" und Updates problemlos bewerkstelligen zu können.

Schwächen erkennen die Tester hingegen bei den Funktionen zur Bearbeitung von Angeboten, Aufträgen und Rechnungen. So wurde die Zusammenstellung von Angeboten als sehr umständlich empfunden, da beispielsweise bei der Erfassung eines Produkts jedes Mal aus einem separaten Unterpunkt die Maßeinheit angegeben werden muss. Anders als im Outlook-Client lassen sich zudem in der Browser-Variante die Einzelposten eines Auftrags nicht detailliert darstellen, sondern immer nur die Gesamtsumme.

Eine weitere Herausforderung erwartet Anwender bei der Integration und Synchronisation von Daten zwischen der CRM-Datenbank und Unternehmenssoftware, Microsoft Office oder Web-Services. Grundlage ist hierfür das .NET-Framework, das offene Programmierschnittstellen zur Verfügung stellt. So ist es laut der Hewson Group zunächst einfach, Daten für Kontakte und Leads aus Outlook oder Excel zu importieren.

Die erstmalige Synchronisation mit dem E-Mail-Client kann allerdings mehrere Stunden dauern. Dafür lassen sich Vertriebsfunktionen in Outlook sowohl im Offline- als auch im Online-Modus nutzen, wobei zweiter Fall nur die zuletzt gemachten Anpassungen bei der Synchronisation überspielt. Problematisch ist hierbei, dass der Benutzer nicht unmittelbar überblicken kann, welche Daten wann und von wem zuvor geändert wurden.

Die Überführung umfangreicher Datensätze in die CRM-Datenbank lässt sich zudem nur mit Hilfe des mitgelieferten "Data Migration Framework" bewerkstelligen. Dieses bietet eine Sammlung von Tools zum Extrahieren und Migrieren von Daten. Sofern die Daten eine eindeutige Identifikationsnummer (Integer) aufweisen, werden sie zuerst aus den Quellsystemen mit Hilfe der Komponente "Data Transformation Services" des SQL Servers in eine temporäre Datenhaltung mit einheitlichem Datenformat (Common Data Format) überführt. Dort erfolgt eine Konsolidierung, Bereinigung von Quelldaten und Überführung mit Hilfe des Toolkits. Da die CRM-Software hohe Anforderungen an die Datenbank-Performance stellt, sollte sie in einer eigenen Instanz des SQL Servers laufen. Die Technik setzt laut Tester profunde Kenntnisse der Datenmigration voraus und kann im Projekt je nach Komplexität drei bis sechs Wochen Arbeitszeit verschlingen. Alternativ raten die Autoren daher, komplexere Datenintegrationsszenarien mit Hilfe von Software wie "Microsoft Biztalk" oder Drittprodukten anzugehen.

Testbedingungen und Systemanforderungen

- Getestet wurde die aktuelle Version 1.2 von Microsoft CRM.

- Die Testumgebung war auf 25 Mitarbeiter ausgelegt und befand sich in einem Handels- und Dienstleistungshaus, das über 30000 Kundendatensätze sowie rund 100000 externe Datensätze verwalten muss.

- Neben einem rollenbezogenen Funktionstest wurden Detailaufgaben gestellt. Sie orientieren sich an Softwaretests für Unternehmen verschiedener Größe, wie sie der CRM-Experte Wolfgang Schwetz entwickelt hat, und an den vom Deutschen Direktmarketing Verband aufgestellten Kriterien.

- Die Testszenarien betrafen den Kundenkontakt und Folgeaktivitäten, Mailing-Aktionen, das Berichtswesen, Customizing und Datenimporte.

- Die Systemumgebung war ein auf 2,8 Gigahertz getakteter Zwei-Prozessor-Server von Acer mit 2 GB Arbeitsspeicher und 100 GB Festplatte. Als Clients kamen ein Laptop und PCs zum Einsatz, die mit Arbeitsspeichern zwischen 512 und 1024 MB und einer Festplatte von 60 bis 250 GB ausgerüstet waren. Die Rechner waren über ein 1000-Mbit-Fast-Ethernet-Netzwerk verbunden.

- Die Softwareinfrastruktur stellte die Produktsuite "Small Business Server 2003, Premium Edition" von Microsoft, die als einzige von Microsoft CRM unterstützt wird. Das Paket enthält den Windows Server 2003 inklusive dem Active Directory, Exchange Server 2003, SQL Server 2000 sowie den Internet Security and Acceleration Server.

Bewertung

Installation:

+++ Handbuch/ Begleitmaterial

++ Online-Client

= Offline-Client

+++ Security

+ Datenimport

++ Customizing

++ Outlook-Integration

+ Office-Integration

+ ERP-Integration

Handling:

+++ Kundenkontakt/ Folgeaktivitäten

++ Mailing-Aktion

++ Berichtswesen

= Angebote/Aufträge/ Rechnungen

Ausführlich zu den Bewertungen unter www.hewson.de.

+++ sehr gut++ gut+ befriedigend= ausreichend

Fazit: Gut für Einsteiger

Microsoft CRM stellt in der aktuellen Version 1.2 Standardfunktionen für Vertrieb und Kundenservice bereit. Zielgruppe sind kleine und mittelständische Unternehmen sowie Abteilungen mit durchschnittlich 20 bis 25 Anwendern. Die Gesamtkosten für eine solche Installation belaufen sich laut Hewson Group auf durchschnittlich 3200 Euro pro Arbeitsplatz im ersten Jahr. Laut Studie verfügt das Paket über ausreichende Funktionen, um als Einsteigerversion für diese Klientel interessant zu sein, insbesondere wenn Partnerprodukte etwa von Team4, Orbis oder Genesys hinzukommen. Positiv fielen vor allem die Features für das Lead-Management, die Kundenhistorie und die Verwaltung von Kundenservicefällen auf. Hinzu kommen gute Reporting-Funktionen, eine umfangreiche Hilfe und Dokumentation sowie die Möglichkeit, eigene Workflows zu etablieren. Verbesserungsbedürftig sind neben weitgehend fehlenden Funktionen für das Marketing beispielsweise der Datenimport, die Auftragsverwaltung und die Office-Integration des Browsers. Letzten Meldungen zufolge verschiebt sich allerdings die Auslieferung der nächsten Version 2.0 auf das zweite Halbjahr 2005.