Kolumne

"Durchbruch für E-Commerce"

26.02.1999

In den letzten zwei Wochen hat ein neues E-Commerce-Modell für Aufsehen gesorgt. Von Free-PC.com werden Compaq-Presario- PCs kostenlos abgegeben. Die "Käufer" verpflichten sich im Gegenzug, eine ständig eingeblendete Werbeleiste nicht zu entfernen und ihre persönlichen Daten, Hobbies, Einkaufsverhalten etc. zur Weiterbenutzung freizugeben. Eine Variante dieses Vorgehens benutzt One Stop Communication. Das Unternehmen bietet den I-Macvon Apple zum Nulltarif, wenn sich der Käufer darauf festlegt, drei Jahre lang mindestens 100 Dollar im Monat in den Online-Shops von One Stop auszugeben. Beide Anbieter können sich vor Interessenten kaum retten.

Daß dieses Modell durchaus ernstgenommen wird, läßt sich an Compaqs Anstrengungen ablesen, für seine zum Internet-Portalausgebaute Suchmaschine Altavista ein ähnliches Konzept zu realisieren. Dem Vernehmen nach denkt die Pfeiffer-Company daran, ihre Consumer-PCs kostenlos an Endverbraucher abzugeben und sie im Gegenzug zum Online-Kauf zu verpflichten. Bei diesem Geschäftsmodell würden allerdings die E-Commerce-Partner das Risiko absichern, indem sie gegen eine prominente Plazierung im Portal eine bestimmte Menge PCs finanzieren.

Gelingt der Versuch, auf diese Weise Kunden an das Portal zubinden, schlägt Compaq mehrere Fliegen mit einer Klappe. Das Unternehmen würde sich von einem Tag auf den anderen aus dem ruinösen Preiskampf im PC-Endverbrauchergeschäft verabschieden, ohne auf Einnahmen und Marktanteile in diesem Business verzichten zu müssen. Außerdem kann es sich bei geschickter Auswahl der Partner vom Stand weg als großer E-Commerce-Anbieter und Portalbetreiber etablieren. Dell und Co. müßten sich warmanziehen. Die Gesetze des PC-Geschäfts hätten sich fundamental verändert. Das Angebot eines kostenfreien Rechners kann keiner unterbieten - auch wenn damit die Verpflichtung zum Einkauf verbunden ist.

Gehen die beschriebenen Konzepte auf, dürfte sich das E-Commerce-Geschäft noch schneller entwickeln als prognostiziert. Das ist quasi die "Killer-Applikation", die den Durchbruch auf breiter Front bringen kann, beseitigt sie doch die größte Einstiegshürde -den PC-Kauf. Fragt sich nur, ob die anvisierte Kundschaft bereit ist, das Zeitalter des E-Commerce enthusiastisch zu begrüßen, wenn es gleichzeitig das Ende der Privatheit bedeutet.