Düsseldorf

Düsseldorf: Die Stadt der Schreibtische

09.10.2001
Von Gabriele Müller
Strukturwandel - dieses Wort trifft auf die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt ganz sicher zu. Aus der Modemetropole ist das Zentrum der Telekommunikation geworden.

Einst nannten die Düsseldorfer einmütig Konrad Henkel, Enkel des legendären Gründers des Waschmittelkonzerns, wurden sie nach dem bekanntesten Bürger ihrer Stadt gefragt. Da hieß die Rheinuferpromenade, die zum Landtag führt, auch noch Mannesmannufer. In einem altehrwürdigen Bau regierte der Ministerpräsident, um die Ecke lag die Hauptverwaltung des Stahlriesen Mannesmann. Die Promenade heißt immer noch Mannesmannufer. Aber der Ministerpräsident residiert jetzt einen Steinwurf weit entfernt im neu erbauten Stadttor, einem futuristischen Bürogebäude aus Glas und Stahl. Statt Mannesmann-Fahnen flattert jetzt das Logo von Vodafone über dem Rheinufer. Ob Vodafone-Chef Chris Gent wohl jemals den Sprung zum beliebtesten Düsseldorfer schafft?

Sicher ist nur eins: Die Stadt, im ewigen Wettstreit mit dem rheinischen Erzrivalen Köln, tut alles, um sich ein neues Gesicht zu geben. Das ist geprägt von Werbung und Technologie. Auch wenn hier immer noch die weltweit größte Modemesse stattfindet und sich auf der Luxusmeile Königsallee alles tummelt, was in der Designerszene Rang und Namen hat - das “big business” hat sich verlagert. Aus dem Schreibtisch des Ruhrgebiets, der Stadt der Beamten, Banken und Versicherungen, ist langsam aber sicher der Desktop der Region geworden - die Metropole der Informationstechnologie, der Telekommunikation und einer kleinen, aber feinen Multimedia-Szene.

Damit hat sich das Dorf an der Düssel endgültig zum internationalen Wirtschaftszentrum gemausert. Zwar hat die Stadt selbst nur knapp 600 000 Einwohner, aber im Umkreis von 50 Kilometern leben rund neun Millionen Menschen und in einem Radius von 200 Kilometern jeder siebte Einwohner der Europäischen Union. Vor allem sind hier fast 40 000 Unternehmen ansässig, und die Liste der Namen liest sich wie ein Who’s who der internationalen Wirtschaftsprominenz: 3M, Grey, L’Oréal, Novell, Henkel. Und eben auch sie, die Telekommunikationsriesen Vodafone, E-Plus, Nokia, Ericsson, Deutsche Telekom.

Woher kommt diese Konzentration einer bestimmten Branche auf die Stadt? Ulrich Krömer, Leiter des Düsseldorfer Wirtschaftsförderungsamtes, erklärt das so: “Die Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes hat hier einen großen Boom ausgelöst, an dem traditionsreiche Düsseldorfer Unternehmen wie Mannesmann Mobilfunk oder E-Plus maßgeblich beteiligt waren.” Heute gibt es allein 30 private Netzbetreiber in der Stadt - von Axxon Telecom über Isis Multimedia Net bis zu Viag Interkom oder Viatel.

Die massive Präsenz der Großen am Rhein motiviert auch die Zulieferer und Mitbewerber, sich in der Region niederzulassen. Krömer: “Oft ziehen die bereits vorhandenen Unternehmen am Standort die Mitbewerber an. Im Bereich der Netzbetreiber lassen sich dadurch nicht nur Konkurrenzverhältnisse, sondern auch wertvolle Synergieeffekte aufbauen.” So stellt die Vodafone-Tochter Isis Multimedia Net AG vielen der anderen privaten Netzbetreiber ihr Glasfaserkabelnetz in der Stadt zur Verfügung. Krömer: “Ein weiteres Beispiel für die Synergieeffekte ist die Kooperation von Ericsson mit Mannesmann D2, jetzt Vodafone, aber auch mit Mobilcom, für die Ericsson die UMTS-Netze aufbaut.”