Zusammenstreichen des Gründungszuschusses

Dürre Zeiten für Gründer

29.06.2011
Von 
Michael Schweizer ist freier Autor in München.

"Ich kenne viele glückliche Gründer"

Andreas Lutz: "Die Politik hat Vorurteile gegenüber Gründern, die aus der Arbeitslosigkeit kommen."
Andreas Lutz: "Die Politik hat Vorurteile gegenüber Gründern, die aus der Arbeitslosigkeit kommen."
Foto: Andreas Lutz

Andreas Lutz und seine Kollegen von gruendungszuschuss.de betreiben Seminare für Gründer. Lutz hat dazu auch Bücher geschrieben.

CW: Wenn es keinen Rechtsanspruch auf Gründungszuschuss mehr gibt, werden Notgründer abgeschreckt, die mit unternehmerischer Selbständigkeit nicht zurechtkommen. Was ist daran schlecht?

LUTZ: Eine Ermessensleistung ist nicht grundsätzlich vom Übel. Hier ist sie es, weil gleichzeitig die Mittel für den Gründungszuschuss um 74 Prozent gekürzt werden sollen. Das Verfahren wird dadurch zur Farce. Wenn im Februar das Budget aufgebraucht ist, bekommen Gründer bis Dezember keinen Zuschuss, auch wenn ihre Pläne noch so überzeugend sind. Die Beamten in den Arbeitsagenturen, die sich dann irgendwelche Ablehnungsgründe einfallen lassen müssen, tun mir leid.

CW: Braucht ein Einzelgründer, der eine gute Idee hat, überhaupt finanzielle Hilfe vom Staat?

LUTZ: Ja, weil es normal ist, am Anfang noch nicht genug Aufträge zu haben. Arbeitslosen, die über eine Gründung nachdenken, ist Planungssicherheit sehr wichtig. Die wird jetzt in drei Punkten eingeschränkt: Man muss sich schneller für die Gründung entscheiden; der Teil des Zuschusses, von dem man leben kann, erstreckt sich nur noch auf sechs Monate statt auf neun; wenn man Pech hat, kriegt man gar nichts.

CW: Geht es Gründungswilligen nur ums Geld?

LUTZ: Nein, der Gründungszuschuss in der bisherigen Form unterstützt auch einen Kulturwandel. Ich kenne viele glückliche Gründer, die zuvor ihre Anstellung verloren haben und sich jetzt viel wohler fühlen als im festen Job. Die wollen nicht mehr zurück. Das ist in Deutschland, wo man über eine zu niedrige Selbständigenquote klagt, doch eine gute Entwicklung. Manche kündigen sogar von sich aus.

CW: Sollten Unternehmer ihr Risiko nicht selbst tragen?

LUTZ: Erfolgreiche Integration lohnt sich auch wirtschaftlich. Migranten, die keine feste Stelle finden, stellen als Selbständige fest, dass plötzlich nicht mehr auf ihren Namen geachtet wird, sondern auf ihre Arbeit. Vergleichbares gilt für Frauen mit Kindern und für Ältere.

CW: Warum soll dann vor allem an den Gründern gespart werden?

LUTZ: Erstens rechnet die Ministerin mit relativ wenig Gegenwehr, weil Gründen eine Durchgangsstation ist. Zweitens haben viele Entscheidungsträger in CDU und FDP, aber auch bei den Kammern, Vorurteile gegen Kleingründungen aus der Arbeitslosigkeit. Der erwähnte Kulturwandel, die Tatsache, dass hier die neuen Jobs entstehen, ist leider nicht überall angekommen.

Künftig noch wichtiger: Der Business-Plan

Wenn die Beamten der Arbeitsagenturen ab 1. November 2011 viele Anträge auf Gründungszuschüsse ablehnen müssen, werden sie in den eingereichten Business-Plänen nach Schwächen suchen. So bereiten sich Antragsteller am besten vor:

Seien Sie konkret: Überlegen Sie, was Sie wissen müssten, um den Geschäftsplan von jemandem zu beurteilen, den Sie nicht persönlich kennen. Das gehört dann auch in Ihren Antrag: Welche Leistungen wollen Sie erbringen? Warum können Sie das? Wer braucht Ihre Leistungen? Was können Sie pro Stunde oder pro Auftrag in Rechnung stellen? Wie viele Aufträge benötigen Sie pro Monat? Woher bekommen Sie diese?

Erklären Sie Ihre Branche: Gründungszuschüsse sind zum Beispiel begehrt bei Maßschneidern, Fußpflegern, Ingenieuren und Karatetrainern. Beschreiben Sie Ihr Geschäftsfeld so, dass auch jemand, der zunächst keine Ahnung davon hat, Ihr Vorhaben versteht. IT-Experten sind hier im Vorteil: Sie werden gebraucht; die Einstiegsinvestitionen etwa für einen PC-Notdienst sind niedriger als für einen Friseursalon; die durchsetzbaren Stundensätze sind höher als für viele andere Selbständige.

Seien Sie selbständig, nicht scheinselbständig: Scheinselbständigkeit dürfen die Arbeitsagenturen weder nach der geltenden noch nach der geplanten Regelung unterstützen. Gefahr, so eingestuft zu werden, laufen Sie vor allem, wenn Sie nur für den einen Auftraggeber arbeiten wollen, bei dem Sie vorher fest angestellt waren. Jeder weitere Auftraggeber und auch jeder andere wahrheitsgemäße Hinweis, dass Sie Ihre Leistungen unabhängig und in eigener Regie vermarkten, verbessert Ihre Chancen, als echter Selbständiger gefördert zu werden.