Was das neue Gesetz bringt
Beide Förderformen wurden zum 1. August 2006 abgeschafft und durch den Gründungszuschuss ersetzt. Der soll nun seinerseits geändert werden.
Das "Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt", dem Kabinett vorgestellt von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, soll am 1. April 2012 in Kraft treten, der auf den Gründungszuschuss bezogene Teil aber schon am 1. November 2011. Der Bundestag soll das Gesetz noch vor der Sommerpause, also spätestens am 8. Juli, beschließen. Die wichtigsten Änderungen sind:
Den Gründungszuschuss gibt es nur noch als Ermessensleistung. Auch wer einen überzeugenden Business-Plan und ein positives Gutachten einer fachkundigen Stelle vorweist, hat auf den Zuschuss keinen Rechtsanspruch mehr, sondern kann abgelehnt werden.
Wer Gründungszuschuss beantragt, muss zum Antragstermin noch 150 Tage Restanspruch auf Arbeitslosengeld 1 haben, bisher waren es 90 Tage. Das kann sehr knapp werden. Wem sechs Monate lang Alg 1 zustehen, der muss bereits nach einem Monat seine Gründung in dokumentierbarer Form vorbereitet haben. Im alten wie im neuen Gesetz sind Arbeitslosengeld und Gründungszuschuss alternativ. Wer Gründungszuschuss bezieht, bekommt ab Förderbeginn das Alg 1 nicht mehr, auf das er sonst noch Anspruch hätte.
Bisher bekamen geförderte Gründer neun Monate lang Zuschuss in Höhe ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld 1 plus 300 Euro und dann weitere sechs Monate lang je 300 Euro. Ab 1. November soll es den höheren Betrag nur noch sechs Monate lang geben und dann neun Monate je 300 Euro. Ein Hauptverdiener mit Kind kommt damit insgesamt auf maximal 18.042 statt 24.815 Euro, ein Alleinstehender auf höchstens 14.889 statt 20.084 Euro.
Diese Zahlen klingen nicht so dramatisch. Eine Gründung, der mit 24.000 Euro geholfen ist, dürfte es auch mit 18.000 Euro schaffen. Die Brisanz liegt vielmehr darin, dass viele Gründer überhaupt keinen Zuschuss mehr bekommen werden. Bis zum Jahr 2015 soll die Bundesagentur für Arbeit 7,5 Milliarden Euro einsparen. Die Hauptlast sollen die Gründer tragen. Für Gründungszuschüsse standen bisher 1,8 Milliarden Euro pro Jahr bereit. Dieses Budget soll um 74 Prozent gekürzt werden. Bundesagentur-Chef Frank-Jürgen Weise, ein Kritiker des geplanten Gesetzes, rechnet damit, dass sechs von zehn Antragstellern aus rein finanziellen Gründen abgelehnt werden müssen. Die Beamten in den Agenturen vor Ort, die solche Ablehnungen begründen müssen, werden von Antragstellern, die die formalen Voraussetzungen für den Gründungszuschuss erfüllen, wohl vor allem die Business-Pläne bemängeln.
Ursula von der Leyen argumentiert, bisher seien zu viele "Notgründungen" gefördert worden. 120.000 Selbständige bezögen Hartz-IV-Leistungen. Allerdings gibt es in Deutschland etwa vier Millionen Selbständige. Prozentual finden sich unter ihnen also viel weniger Hartz-IV-Bezieher als in der Gesamtbevölkerung, wo es letztes Jahr 6,48 Millionen waren. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg verglich in seinem "Sachstandsbericht der Evaluation" (Kurzfassung "IAB-Kurzbericht 11/2011") 3000 Arbeitslose, die Existenzgründungszuschuss oder Überbrückungsgeld erhalten hatten, mit 3000 Nichtgeförderten. 28 Monate nach Förderbeginn waren etwa 70 Prozent der Geförderten noch selbständig. Unter den Geförderten waren 20 bis 30 Prozent weniger registrierte Arbeitslose als unter den Nichtgeförderten, und sie verdienten mehr. Auch nach fünf Jahren zeigte der Gruppenvergleich, dass die Förderung insgesamt erfolgreich war. Mit dem Gründungszuschuss wurden nach Angaben des IAB im Jahr 2010 etwa 146.500 Gründer gefördert. Außer ihren eigenen schufen sie, in Vollzeitäquivalenten gerechnet, ungefähr 102.500 weitere Arbeitsplätze.
Mit dem neuen Gesetz will von der Leyen auch "Mitnahmeeffekten" begegnen. Gemeint sind Zuschüsse, die den Empfängern zustanden, die sie aber nicht gebraucht hätten. Bisher ist es außerdem möglich, neun Monate lang Arbeitslosengeld 1 zu bekommen - der Höchstanspruch sind zwölf Monate - und dann noch Gründungszuschuss. Diese neun Monate reduzieren sich durch die neue Restanspruchspflicht von 150 Tagen auf sieben.
"Ich hatte von Anfang an so viel Arbeit, dass ich keinerlei Zuschuss beantragt habe", sagt Christian Koch, der in München Computer- und Netzwerkservice und PC-Troubleshooting betreibt. Koch kennt sich mit allen gängigen Betriebssystemen aus, aber er ist Linux-Enthusiast. Zu seinen Kunden zählen Arztpraxen, die die Linux-basierende Praxissoftware des Herstellers Apris installieren wollen oder schon laufen haben. Temperamentvoll informiert Koch den Journalisten über die Vorzüge des offenen Betriebssystems. Freiberufler, die genug verdienen, pflegen ihre Arbeit zu mögen. Epidemische Meetings, Zielgespräche und Betriebsausflüge empfinden sie nicht als verlockend. Koch geht es wie Yves Vogl: "Ich möchte selbständig bleiben."
- Wer sind die wichtigsten Gründer in der deutschen IT?
Die COMPUTERWOCHE präsentiert eine Auswahl der Gründer, die die hiesige IT-Szene jahrelang prägten. - August-Wilhelm Scheer, IDS Scheer
Solche Multitalente gibt es wenige: Scheer arbeitete sehr erfolgreich als Wissenschaftler, gründete ein florierendes Beratungs- und Softwarehaus, heute mischt er sich als Bitkom-Präsident mutig in Politik- und Standortdiskussionen ein. Seine Leidenschaft gilt dem Saxophon-Spiel. - Lars Hinrichs, Xing
Der Sohn einer Hamburger Unternehmerfamilie ist der wohl erfolgreichste Web-Gründer der letzten Jahre. Unter anderem wurde er als "Young Global Leader" vom World Economic Forum ausgezeichnet. Sein Online-Netzwerk für Business-Kontakte Xing fand weltweit Nachahmer. - Dietmar Hopp, SAP,
trieb den Aufstieg der SAP von der kleinen Softwareschmiede zum Weltmarktführer für betriebswirtschaftliche Anwendungssoftware voran. Der 70-Jährige lenkte die Firma von 1988 bis 1998 als Vorstandschef. Als Mäzen unterstützt er auch seinen Jugendverein TSG 1899 Hoffenheim. - Andreas von Bechtolsheim, Sun Microsystems,
entwarf als Student in Stanford einen leistungsstarken Tischcomputer, den er mit Kommilitonen vermarkten wollte. 1982 war Sun geboren, später einer der größten Server-Hersteller. Der Milliardär investiert in Startups und gehört zu den ersten und wichtigsten Geldgebern von Google. - Ernst Denert, sd&m
Der 67-jährige Honorarprofessor der TU München gründete eines der erfolgreichsten Softwarehäuser, sd&m. Software-Engineering ist seine Leidenschaft. 2001 initiierte er die legendäre Software-Pioneer-Konferenz, auf der er die weltweit wichtigsten Entwicklergrößen versammelte. - Winfried Materna, Materna
So wünscht man sich einen Unternehmer: Seit 30 Jahren führt der promovierte Informatiker erfolgreich sein Beratungshaus, engagiert sich in der Region (sieben Jahre Präsident der IHK Dortmund) und ist Mitglied in diversen kulturellen und sozialen Einrichtungen im Ruhrgebiet. - Klaus Christian Plönzke, IT-Unternehmer
Mit dem Start seines EDV-Studios im Jahre 1969 gehörte er zu den IT-Gründern der ersten Stunde - und zu den erfolgreichsten. Noch heute gibt er im Rahmen des von ihm initiierten "Forums Kiedrich" sein Wissen an den Nachwuchs weiter und ist an zahlreichen Startups beteiligt. - Georg Nemetschek, Nemetschek AG,
setzte als einer der ersten Computerprogramme für Konstruktion und Planung ein. Sein 1963 gegründetes Ingenieurbüro baute er zu einem der größten Hersteller für Konstruktionssoftware in Europa aus. Der 76-Jährige lehrte als Professor an der Fachhochschule München. - Ulrich Dietz, GFT,
verkörpert das Bild des klassischen Mittelständlers: engagiert in Unternehmen und Verbänden, risikobereit, klare Ansagen. Der 52-jährige Maschinenbauingenieur gründete 1987 seine GFT, die heute über 1100 Mitarbeiter beschäftigt - ein Gründer aus dem Lehrbuch. - Leopold Stiefel, Media Markt
Vom Radioverkäufer zum Chef der größten Elektrokette Europas: Als Mitgründer des Media Marktes schrieb Stiefel bis 2006 eine der schillernsten Erfolgsgeschichten, auch wenn die Banken seine Idee des großflächigen Elektromarkts auf der grünen Wiese belächelten. - Peter Schnell, Software AG
320.000 Zugriffe pro Sekunde verkraftet Adabas, bis heute die schnellste kommerziell verfügbare Datenbank. Basierend auf dem Konzept des Physikers war sie das erste Produkt der 1969 von Schnell mit gegründeten Software AG. Seit 1992 engagiert er sich als einer der größten Stifter des Landes. - Hans Zehetmaier, msg systems,
steuert als Gründer seit mehr als 30 Jahren das IT-Beratungs- und Systemintegrationshaus. Er baute auf finanzielle Unabhängigkeit und organisches Wachstum und entwickelte msg systems zu einem der wichtigsten IT-Dienstleister mit einem Umsatz von 364 Millionen Euro und 2900 Mitarbeitern.