Bundesarbeitsgericht ändert Rechtsprechung

Dürfen befristete Arbeitsverträge verlängert werden?

09.08.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Der Abschluss befristeter Anstellungsverträge wurde erheblich erleichtert: Nicht immer wird eine Kettenbefristung unterstellt.

Ein befristetes Anstellungsverhältnis darf ohne Vorliegen eines Sachgrundes jetzt auch dann abgeschlossen werden, wenn der Arbeitnehmer in der Vergangenheit schon einmal für das Unternehmen tätig war; diese Vorbeschäftigung muss nur länger als drei Jahre zurückliegen.

Foto: Fotolia, Deminos

Mit dieser sensationellen Rechtsprechungsänderung, so der Münchner Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Hauptvogel aus der Kanzlei Graf von Westphalen, Vizepräsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 6. April 2011 Fachwelt und Personalabteilungen überrascht (Az.: 7 AZR 716 / 09).

Die Gesetzlage

§ 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) regelt die Zulässigkeit des Abschlusses befristeter Arbeitsverträge. In dieser Norm wird zwischen Befristungen mit Sachgrund und sog. sachgrundlosen Befristungen unterschieden. Letztere sind nach der gesetzlichen Regelung nur bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig, wobei innerhalb dieses Zeitraums bis zu dreimal verlängert werden kann. Unzulässig ist eine Befristung aber immer dann, wenn "mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat".

Schon als das TzBfG in Kraft getreten ist, war kritisiert worden, dass diese Regelung zur Folge habe, dass jede Vorbeschäftigung, und sei sie auch noch so lange her, den Abschluss eines weiteren sachgrundlos befristeten Vertrages ausschließe. Anders ausgedrückt: Mit einem Studenten, der im Alter von 25 Jahren zwei Monate lang für ein Unternehmen tätig war, darf auch 30 Jahre später in diesem Unternehmen kein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis mehr begründet werden. So absurd das klingen mag, genau so war es bislang vom BAG und in der arbeitsrechtlichen Literatur vertreten worden. Noch in der am 10. März 2011 erschienenen Ausgabe der "Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht" ist es so nachzulesen.

Am 6. April 2011 hat der 7. Senat des BAG nun mit dieser Rechtsprechung Schluss gemacht, betont Hauptvogel.

Obwohl die Urteilsbegründung noch nicht vorliegt, ist schon der Pressemitteilung eindeutig zu entnehmen, dass das BAG den Abschluss sachgrundlos befristeter Anstellungsverträge jetzt auch dann erlaubt, wenn mit demselben Arbeitgeber schon einmal - allerdings vor mehr als drei Jahren - ein Anstellungsverhältnis bestanden hat.