Cloud Computing

Droht ein "Datenausverkauf" in die USA?

12.07.2010
Von pte pte
Dem Cloud-Services-Markt steht 2010 ein Boomjahr bevor.

Gartner schätzt, dass die weltweiten Umsätze 68,3 Mrd. Dollar erreichen werden, was einem Wachstum von 16,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Während die USA auf Kunden- wie Anbieterseite bisher die Nase vorn hatten, zieht nun auch der europäische Cloud-Markt spürbar an. Europäische Anbieter warnen indes heimische Unternehmen, ihre Daten auf US-Server auszulagern. Die lokale Wertschöpfung bleibe dabei auf der Strecke.

Europäische Wertschöpfung

"Die Europäer sind gut beraten, sich beim sensiblen Datenthema das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen. In der globalisierten Welt sollte Europa besonders darauf achten, dass die Wertschöpfung in der eigenen Region bleibt", meint Helmut Fallmann, Vorstandsmitglied beim österreichischen Softwarehersteller Fabasoft, im Interview mit pressetext. "Dass in den USA abgelegte Daten zudem in der Regel vom Geheimdienst durchleuchtet werden und man sich beim Datenzugriff von US-Servern abhängig macht, ist ebenfalls problematisch", so Fallmann.

Die allgemeine Zurückhaltung der Europäer beim Thema Cloud Computing sieht Fallmann zu einem Gutteil in der unterschiedlichen Denkkultur begründet. Während man in Europa vor Geschäftsentscheidungen genau evaluiere und nach definierten Kriterienkatalogen vorgehe, agierten US-Unternehmen schneller und situationsbedingt. "Wenn ein bestimmtes Problem mit einer neuen Lösung aus der Welt geschafft werden kann, zögern die Unternehmen nicht, diese einzusetzen. Daher verwundert es auch nicht, dass Unternehmen dort im Schnitt bis zu sieben Dokumentenmanagement-Systeme parallel nutzen", erklärt Fallmann.

USA noch vorn

Gartner schätzt, dass die Berührungsängste mit der Cloud bis 2014 aber auch in Europa schwinden werden. Macht der US-Anteil am globalen Cloud-Services-Umsatz derzeit noch 60 Prozent aus, wird dieser Wert in den kommenden vier Jahren auf bis zu 50 Prozent sinken. Vor allem England und Deutschland gelten neben Japan als hoffnungsvolle Zukunftsmärkte.

Technologisch scheint der Weg bereits jetzt geebnet. In punkto Sicherheit, Verfügbarkeit, aber auch Usability und Services ist der Reifegrad zumindest bei einigen Anbietern bereits jetzt sehr hoch. Mit den modernen Browsern existiert außerdem auf sämtlichen Endgeräten ein De-facto-Standard, der desktopähnliche Funktionen erlaubt. Als Gradmesser dienen dabei Zertifikate wie SAS 70 Type II oder ISO 27001, die für die Zuverlässigkeit und Sicherheit der angebotenen Services garantieren sollen.

E-Mail keine Zukunftslösung

Zudem gilt die Cloud auch als effizienteste und kostengünstigste Lösung für unternehmensübergreifendes Dokumentenmanagement. "Das derzeit praktizierte Hin- und Her-Schicken unzähliger Dokumente per E-Mail hat definitiv keine Zukunft", ist Fabasoft-Vorstand Fallmann überzeugt.

Mit der eigenen Lösung "Folio Cloud", die in diesem Jahr eingeführt wurde, will Fabasoft in Europa rund eine Million Nutzer gewinnen. Die von Gartner prognostizierte Explosion von Cloud-Angeboten sieht man für Europa derzeit noch nicht. Einem etwaig verschärften Mitbewerb steht man aber ohnehin gelassen gegenüber. "Man wird ja nicht über Nacht ein Cloud-Anbieter, indem man einfach einen Server in eine Rumpelkammer stellt. Wir bauen bei unserer Cloud-Lösung auf 22 Jahre Erfahrung im Bereich Dokumenten- und Prozessmanagement auf. Das muss uns erst einmal jemand nachmachen", so Fallmann abschließend. (pte)