Telenorma liefert Vermittlungs-Equipment mit Servern:

Drei Ministerien stimmen sich auf vollwertigen ISDN-Betrieb ein

22.06.1990

BONN (sch) - Die Bundesministerien für Forschung und Technologie (BMFT), der Justiz (BMJ) sowie für Bildung und Wissenschaft (BMBW) gehen bei ISDN offensichtlich nicht halbherzig ans Werk. Hier soll ein BK-Konzept mit Telenorma-Systemen greifen, bei dem Sprachkommunikation und Datenübermittlung via X.400 gleichermaßen Berücksichtigung finden.

Im Projekt "Gono", das nach dem Standort Godesberg-Nord benannt ist, dienen fünf digitale ISDN-Kommunikationsanlagen vom Typ Integral 33X als Ausgangspunkte für die insgesamt 200 Amtsleitungen von 2400 Teilnehmern. Nach einer kurzen analogen Übergangsphase von September dieses Jahres bis zum Ende des ersten Quartals 1991 wird das gesamte System sofort über das örtliche ISDN-Netz geleitet. Im Inhouse-Bereich sollen insgesamt 90 Prozent der Anschlüsse über digitale Technik mit Komfort-Telefonen vom Typ T93 und TK93 verfügen, wobei auch spezielle Bedientische für blinde Benutzer vorgesehen sind. Lediglich in unbedeutenden Räumen wie beispielsweise Fluren verfährt man auch weiterhin wie gehabt, das heißt analog.

Für die ganzheitliche Lösung der drei Bonner Bundesbehörden sind nicht zuletzt wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend. Systemzuschläge für Nebenstellen fallen unter anderen weg, weil sie laut Telekommunikationsordnung TKO für Anlagen im ISDN nicht mehr vorgesehen sind. Die Ministerien erzielen auf diese Weise Einsparungen in Höhe von zirka 5000 Mark pro Monat.

Engpässe bei Software für Electronic-Mail-Dienst

Drei dieser auf einer Liegenschaft befindlichen Anlagen sind durch digitale Festleitungen miteinander vernetzt. Das vierte beim BMFT implementierte System wird über eine öffentliche PCM-Strecke via S2MFV (Multiplex-Festverbindungen mit 30 Nutzkanälen) angebunden. Sollten zum Beispiel im Katastrophenfall alle Stricke reißen, springt ein ebenfalls auf der Liegenschaft installiertes Notsystem ein.

Auf der Anwendungsseite wird das TK-System Integral für die Vermittlung von Telefax, Teletex, Bildschirmtext und auch Datex-P genutzt. Hierfür stehen zusätzlich zentrale Unix-Server zur Verfügung. Weiterhin ist vorgesehen, über die TK-Anlage auch X.400 als Message-Handling-System zu integrieren, wobei sich die genannten Postdienste an den Arbeitsplätzen über MHS abrufen lassen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geeignete Software für Electronic-Mail zu finden, ist nach Angaben des mit der Projektabwicklung betrauten Bonner Ingenieur-Büros Telecon GmbH jedoch meist mühsam. Denn, so argumentiert Telecon-Geschäftsführer Manfred Klug, passen sich verfügbare Produkte oft nicht an den 88er-Standard an und garantieren daher keinen fehlerfreien Betrieb. Außerdem fällt ins Gewicht, daß bei X.400 mit P7 ein Protokoll-Overhead entsteht, der die Performance in einem ISDN-Netz mit 64 Kbit pro Sekunde noch stark einschränkt. Derzeit erprobt die Telecon in Zusammenarbeit mit dem BMFT eine X.400-Software von Retix. Eine auf diesem Gebiet endgültige Entscheidung steht jedoch noch aus.

Unix-Server vom Typ Isy 300 spielen darüber hinaus eine Rolle bei der Betriebssteuerung und der Netzverwaltung: Eine auf diesen Rechnern laufende Software ordnet die Telefongebühren zu, bietet ein elektronisches Telefonbuch an, dokumentiert den aktuellen Stand des gesamten Netzes und dient als Servicecenter für Änderungen von Systemdaten. Hierüber werden auch alle vier Anlagen zentral gesteuert und betreut.

BMFT übernimmt die Schrittmacherrolle

Hinsichtlich der Ausstattung mit PCs ist ein weiterer Rahmenvertrag speziell mit dem BMFT zu nennen. Dazu Klug: "Man muß bedenken, daß die Ministerien, abgesehen von speziellen Anwendungssystemen, hinsichtlich Telekommuikation und Datenverarbeitung noch weitgehend am Anfang stehen." Neben dem BMFT plane nun aber auch das BMBW die PC-Anschaffung, wohingegen dieser Bereich im Bundesjustizministerium bis auf weiteres ausgespart bliebe. Hier würde ein anderes Konzept für die Bürokommunikation verfolgt.

Bei den Mikro-Modellen sind die Würfel übrigens noch nicht gefallen. Fest steht jedoch, daß die PCs im BMFT und BMBW teilweise mit den D-Kanalprotokollen DKZE und 1TA6 an die ditalen Telenorma-Systeme angeschlossen werden sollen, wo bei Telenorma für die Schnittstellenadapter-Konzeption mit einem Kartenanbieter kooperiert. Application Program Interfaces kommen als Lösung vorerst nicht in Frage. Hier soll die Entwicklung abgewartet werden. Nochmals Klug: "Die Zusammenarbeit für die Schaffung eines API-Interfaces ist leider noch nicht sehr weit gediehen, zumal es sich um einen nationalen Alleingang von wenigen Herstellern handelt."

Für CIT sind bisher keine Anwendungen erkennbar

Auf die Dauer kommt dem ISDN-Netz auch eine Backbone-Funktion zu, um die auf Abteilungsebene zusätzlich anvisierten LANs auf Glasfaser- und Ethernet-Basis mit einzubinden. Nicht vorgesehen sind dagegen Anwendungen im Sinne von Computer Integrated Telefony, sieht man einmal von Zusatzdaten in der Telefonzentrale ab. Laut Klug lassen sich bei den Ministerien für CIT im Gegensatz zum Bestell- oder Auftragswesen derzeit keine eigentlichen Nutzungsmöglichkeiten erkennen.

Daß bei dem Projekt im Wert von mehreren Millionen Mark Telenorma von der Bundesbaudirektion den Zuschlag erhielt, führt Klug in erster Linie auf die von diesem Hersteller gebotenen günstigen Preis-Leistungs-Relationen und seine Flexibilität in puncto Norm-Konformität zurück.