Netware 5: Der langsame Abschied vom IPX-Protokoll

Drei Helferlein erleichtern die Migration zu IP-Netzen

20.02.1998

Um den Einsatz von Netware 5 in Umgebungen zu erleichtern, die bislang noch mit IPX arbeiten und nicht auf einen Schlag zu Native-IP migrieren können, bedarf es ausgefeilter Mechanismen. Hierzu hat Novell die Kompatibilitätsdienste (siehe Grafik) geschaffen, bei denen gleich mehrere Komponenten ins Spiel kommen: Sowohl auf dem Server als auch den Clients läuft ein "Compatibility Mode Driver" (CDM). Dieser sorgt für die Kompatibilität zu vorhandenen IPX-orientierten Applikationen, indem er das IP-Netz den darüberliegenden Kommunikationsschichten als IPX-Netz präsentiert.

Auf Server- und Workstation-Seite werden die CDM-Treiber automatisch installiert, so daß sich der Anwender hierum keine Gedanken zu machen braucht. Dank CDM lassen sich laut Novell alle IPX-basierten Applikationen weiterverwenden. Ein Neuerwerb vorhandener Third-Party-Produkte beziehungsweise die Anpassung selbst geschriebener IPX-Programme entfalle damit.

In diesem Zusammenhang spielt der "Migration Agent" eine wichtige Rolle. Er ist für die Zusammenarbeit zwischen reinen IP-Clients und älteren, noch mit IPX arbeitenden Clients verantwortlich. Im Prinzip verhält er sich wie eine Bridge zwischen einem echten und einem virtuellen IPX-Netz, das aber nur noch mit IP arbeitet. Aus diesem Grund läuft die Software auch direkt auf einem Netware-5-Server, der mit je einem Bein (sprich Netzwerkkarte) in einem IPX- und einem IP-Netz steht. Reine IP-Clients erkennen den Migrations-Agenten automatisch und wissen daher, auf welche Weise sie einen Dienst ansprechen müssen, der sich in einem IPX-Netz befindet. Summa summarum eröffnet der Migration Agent dem Administrator die Möglichkeit der sanften Umstellung von Subnetzen, die noch mit IPX arbeiten, in Richtung Native-IP.

Zusätzlich fällt den in Netware 5 enthaltenen Kompatibilitätsdiensten die Aufgabe zu, das "Service Advertising Protocol" (SAP) korrekt umzusetzen. Über dieses Protokoll geben Dienste wie File- oder Print-Services ihre Existenz im gesamten IPX-Netz bekannt. Im Lauf der Zeit sind die LANs nicht nur größer geworden, sondern auch immer mehr Dienste hinzugekommen, die ihre Existenz via SAP anpreisen. Viele Administratoren kämpfen daher damit, den "stürmischen" SAP-Verkehr auf Routern so zu blockieren, daß einerseits WAN-Leitungen nicht unnötig offengehalten werden, andererseits IPX-Clients die für sie wichtigen Dienste noch erkennen.

Mit dem Umstieg auf TCP/IP entfällt SAP zwar, dennoch kann es aus Kompatibilitätsgründen noch nicht komplett der Vergangenheit angehören. Für IP-Umgebungen greift Novell daher auf das von der Internet Engineering Task Force (IETF) im RFC-2165 niedergelegte "Service Location Protocol" (SLP) zurück. SLP erlaubt es, in Intranet-LANs bei Bedarf Anfragen nach der Existenz eines bestimmten Dienstes zu starten, so daß keine ständigen Dienste-Broadcasts im Hintergrund über das Kabel gehen. Die Kompatibilitätsdienste von Netware 5 ermitteln nun über SLP beispielsweise die IP-Adresse eines mit einem bestimmten Dienst arbeitenden Hosts, um diese einem IP-Client SAP-gerecht zu melden. Auf diese Weise kann eine nur mit IP arbeitende Workstation, die SAP-orientierten Dienste im IPX-Strang des Netware-5-Servers nutzen.

Dritter im Bunde der Kompatibilitätsdienste ist der Bindery-Agent. Er stellt sicher, daß ein rein mit IP arbeitender Netware-5-Server die in der Bindery über IPX verzeichneten SAP-Dienste in die Bindery-Emulation der Novell Directory Services (NDS) mit einschließt. Aus Gründen der Kompatibilität versteht Netware 5 übrigens auch mit Netware/IP umzugehen.

Alles in allem hat Novell sich große Mühe gegeben, Unternehmen die bedarfsgerechte Umstellung ihrer IPX-Netze auf reines IP zu ermöglichen. Mit den technischen Möglichkeiten alleine ist es jedoch nicht getan. Zwar verringern Dienste wie DHCP den Aufwand für die Zuteilung von IP-Adressen, doch der IPX-geübte Administrator muß sich trotzdem in die Materie des IP-Protokolls einarbeiten.

*Eric Tierling ist freier Journalist in Leichlingen. Er hat zahlreiche Netware-Bücher verfaßt.