Softwarevertrieb über das Internet

Download und Entsiegelung schließen Widerrufsrecht aus

02.11.2001
Für den Vertrieb von Computerprogrammen über das Internet hat der Gesetzgeber mit dem Fernabsatzgesetz besondere Regeln geschaffen. Pflichten treffen in erster Linie den Online-Händler. Doch auch den Rechten des Käufers wurden Grenzen gesetzt.

Der Erwerb von Software über das Internet ist zwischenzeitlich weit verbreitet. Heute haben Kunden die Möglichkeit, sich Programme auf direktem Weg aus dem Web auf ihren Rechner herunterzuladen. Vielfach wird auch die über das Internet bestellte Software als versiegelter Datenträger, zum Beispiel als CD-ROM, durch ein Logistikunternehmen dem Kunden ins Haus geliefert.

Bei B-to-C-Geschäften hat der Online-Shop-Betreiber das seit dem 30. Juni 2000 geltende Fernabsatzgesetz für seinen Softwarevertrieb zu beachten. Das Gesetz gilt für Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, die im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems geschlossen werden, wobei für den Vertragsabschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel wie Internet, E-Mail oder Telefax zum Einsatz kommen. Die Bestellung und ihre Bestätigung zur Lieferung beziehungsweise Leistung müssen also von einer Distanz zwischen den Vertragsparteien geprägt sein. Während Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes Waren sind, werden die in Bezug auf Software erbrachten Dienste wie Pflege oder Wartung als Dienstleistungen qualifiziert.

Es gilt also Folgendes: Soweit der Softwarevertrieb über das Internet erfolgt, besteht für den jeweiligen Shop-Betreiber die Verpflichtung, sämtliche speziellen Informations- und Belehrungspflichten des Fernabsatzgesetzes bei B-to-C-Geschäften einzuhalten. Anderenfalls läuft der Anbieter Gefahr, von Wirtschaftverbänden oder Verbraucherschutzvereinigungen kostenpflichtig auf Unterlassung der fehlerhaften Verbraucherinformation in Anspruch genommen und im Nichtbefolgungsfalle verklagt zu werden. Meist hat dies zunächst die Einstellung des Web-Angebotes bis zur Beseitigung der Gesetzesverstöße zur Folge.

Grundsätzlich hat bei Wareneinkäufen über das Internet ein Verbraucher das Recht, das Fernabsatzgeschäft zu widerrufen oder die erhaltene Ware zurückzugeben, auch ohne dass ein Mangel vorliegt. Die Rechte muss der Kunde allerdings binnen vier Monaten nach Erhalt der bestellten Leistung ausüben. Diese Frist verkürzt sich auf zwei Wochen, sofern der Verbraucher als Konsument ordnungsgemäß belehrt wurde.

Kein Widerrufsrecht bei Software-DownloadEin Widerrufsrecht besteht jedoch nicht mehr, sobald die auf einem versiegelten Datenträger ausgelieferte Software entsiegelt wurde. Wird ein Computerprogramm über das Internet auf die Festplatte des Kunden als Verbraucher geladen, so kann es nicht an den Händler als Verkäufer zurückgegeben werden, da die Rückgabe der bestimmungsgemäß auf die Festplatte gespeicherten Software nicht möglich ist. Bei Software-Downloads über das Internet steht dem Kunden folglich ebenfalls kein Widerrufsrecht des Fernabsatzvertrages zu. Gewährleistungsansprüche bei Vorliegen einer Funktionsstörung bleiben hiervon unberührt, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Mögen diese rechtlichen Einschränkungen auch nachteilig für den Kunden erscheinen - dem Unternehmer bringen sie ganz klar Vorteile:. Neben dem ausgeschlossenen Widerrufsrecht besteht eine einfache Kontrollmöglichkeit der jeweiligen Geschäfte. Durch den Absatzweg Internet können die erteilten Lizenzen für verkaufte Computerprogramme festgehalten werden. Auch bei der Anforderung von Updates oder Upgrades lässt sich die Berechtigung des Users automatisch und effektiv überprüfen. Bei der Einräumung von restriktiven Lizenzen könnte daher der Softwarevertrieb über das Internet ein ideales Medium sein.

Die Informationspflichten des Unternehmers bestehen bereits bei der Kontaktaufnahme über Identität und Geschäftszweck; hierunter fallen auch entsprechende Angaben auf der Website. Rechtzeitig vor Vertragsschluss hat er weiter insbesondere über Vertragsmodalitäten, Preise und Rechte zu informieren. Dabei soll sichergestellt werden, dass dem Verbraucher sämtliche tatsächlichen Informationen über die Kaufsache und seine rechtliche Position vorliegen. Dem Shop-Betreiber ist dabei zu empfehlen, sämtliche Hinweise und Angaben über Allgemeine Geschäftsbedingungen beziehungsweise spezielle Kundeninformationen im Rahmen des Bestellvorgangs auf der Website vorzuhalten und sich die Kenntnisnahme bestätigen zu lassen. Mit Lieferung der Kaufsache hat der Unternehmer spätestens nochmals sämtliche Informationen auf einem dauerhaften Datenträger (Schriftstück, E-Mail, Diskette, CD-ROM) dem Kunden auszuhändigen. Dabei muss er insbesondere auf die ladungsfähige Anschrift, das Widerrufs/Rückgaberecht und die Gewährleistungsbestimmungen in drucktechnisch hervorgehobener Form hinweisen.

Zu beachten ist: Auch wenn dem Kunden kein Widerrufsrecht bei entsiegelter oder aus dem Inter-net geladener Software zusteht, hat die Belehrung zu erfolgen, ob und wie sich der User vom Vertrag lösen kann, bevor die CD-ROM entsiegelt oder das Programm aus dem Internet geladen wurde. Zwar kann der Verbraucher keine eigenen Rechte bei einer Verletzung der Informationspflichten durch den Unternehmer geltend machen. Aber Interessenverbände und auch Konkurrenten können, wie oben dargestellt, das rechtlich fehlerhafte Verhalten abmahnen.

Zweifache Belehrung über das WiderrufsrechtVielfach scheint überdies nicht bekannt zu sein, dass der Kunde ein weiteres Mal eine Widerrufsbelehrung erhalten muss, um in den "Genuss" der nur zweiwöchigen Widerrufsfrist durch den Verbraucher zu kommen. Für die nochmalige Widerrufsbelehrung und die vorausgegangenen Informationen können dabei identische Texte verwendet werden. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung, dass eine solche doppelte Kundeninformation einen überflüssigen Formalismus durch den Gesetzgeber darstellt, ist der Shop-Betreiber daher gut beraten, dem Verbraucher den Text zweimal zur Verfügung zu stellen. Bestreitet der Verbraucher, die vollständigen Informationen erhalten zu haben, so hat der Online-Händler die Einhaltung der ihm gesetzlich auferlegten Pflichten zu beweisen.

*Dr. Alexander Fischer ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Fischer, Curio, Storz & Collegen in Stuttgart.