Doppelbelastung bringt doppelte Belohnung

26.06.2001
Von Kathi Seefeld
Borjana Kujumdshieva, Vorstand der Bildbau AG Neue Medien, ist Unternehmerin und Mutter. In YOUNG PROFESSIONAL schreibt sie, wie sie beides unter einem Hut bekommt.

Meine Arbeitsweise musste ich vor vier Jahren deutlich umstellen. Als ich noch mit meiner Diplomarbeit an der Hochschule der Künste Berlin beschäftigt war, wurde ich innerhalb kurzer Zeit Unternehmerin und Mutter. Seitdem verbringe ich nur noch halb so viel Zeit wie vorher im Büro. Ich habe jetzt also einen normalen Arbeitstag. Allerdings schaffe ich heute wesentlich mehr als früher.

Borjana Kujumdshieva mit ihrer Tochter Quelle: Stephan Pramme
Borjana Kujumdshieva mit ihrer Tochter Quelle: Stephan Pramme

Da Arbeitszeit für mich eine knappe Ressource ist, gehe ich damit viel bewusster und damit viel effektiver um.

Mutter zu sein und ein Unternehmen zu leiten – beides hat viel mit Management zu tun, mit Organisation, Planung, Koordination von verschiedenen Interessen und Motivation. Ich habe im Moment zwar keine Zeit für Management-Seminare, aber meine Tochter Rada sorgt mit ihrer direkten und sehr bestimmten Art dafür, dass ich ständig auch für den Beruf dazulerne. Auch privat habe ich jetzt wenig Zeit für Kultur, Sport, Parties und Hobbies – aber ich vermisse das alles nicht. Einzige Ausnahme: Wenn die Sonne scheint und der Asphalt ruft, denke ich oft an das Motorradfahren. Deshalb hoffe ich, bald einen passenden Beiwagen für meine Heritige Softtail Baujahr 1988 zu finden.

Wenn die meisten Leute von einer Doppelbelastung sprechen, vergessen sie, dass es auch um eine Doppelbelohnung geht: Eine berufstätige Mutter erfährt die Bestätigung in ihrer Arbeit und hat Riesenfreude an ihrer Familie. Ich finde es sehr schade, dass es für viele Frauen so schwierig ist, Arbeits- und Familienleben zu vereinbaren und sie sich entweder für ein Kind oder für die Karriere entscheiden müssen. Das hängt damit zusammen, dass es zu wenig gute Betreuungsmöglichkeiten für Klein- und Schulkinder gibt. Hier sind Wirtschaft und Politik gefragt, Lösungen anzubieten. Denn sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft würden gewinnen, wenn es mehr Mütter auch in Führungspositionen gäbe.

Was unsere Mitarbeiter betrifft, so gilt für sie das Gleiche wie für mich: Es muss ein Leben außerhalb der Firma geben. Das ist in unserer Branche nicht immer ganz leicht, und auch wir haben manchmal besonders arbeitsintensive Phasen. Wichtig ist, dafür zu sorgen, dass solche Phasen nicht zum Normalfall werden. Arbeiten in einem innovativen, kreativen Umfeld ist meines Erachtens gar nicht möglich, wenn man keine Impulse von außen bekommt.

Oft werde ich gefragt, ob Familie und Arbeit gleichzeitig zu schaffen sind, ob nicht eines davon immer leidet – den Eindruck habe ich nicht. Sowohl unser Unternehmen als auch mein Kind entwickeln sich prächtig, beide meistern die Kinderkrankheiten prima und machen beeindruckende Fortschritte. Als Mutter erlebe ich täglich das natürliche, organische Wachstum – als Unternehmerin setze ich es strategisch um.

Bei Bildbau sind wir deshalb immer bodenständig geblieben und haben uns in Zeiten unrealistischer Euphorie von Blitzerfolgen nicht blenden lassen, auch wenn unser Wachstum objektiv über dem Branchendurchschnitt liegt. Gerade in der jetzigen allgemeinen Konsolidierungsphase macht sich unsere Strategie des organischen Wachstums bezahlt. Durch unsere stabile Entwicklung stehen wir sehr gut da – und, nebenbei bemerkt, besser, als so mancher größerer Mitbewerber.