Dokumenten-Management/Kapazitaetsvergleich von Speichermedien Zuerst muessen organisatorische Hemmnisse ueberwunden werden

15.09.1995

Von Siegfried Kroeger*

Elektronische Dokumentenarchivierung ist nicht nur eine Frage der Technik. Deshalb sollte sie nicht isoliert als "Elektrifizierung" existenter Ablaeufe angesehen werden. Nur wenn Arbeitsorganisation und Dokumenten-Management integriert sind, stellt sich der Erfolg ein.

Etwa 85 Prozent aller Dokumente werden auch heute noch als Papier abgelegt. Zwar ist dieser Anteil in den letzten zehn Jahren dank Mikrofilm und elektronischer Speichermedien um zehn Prozent gesunken, doch die dominierende Rolle wird dem Papier wohl noch eine Weile erhalten bleiben. Wenn fotografischer Film oder magnetische beziehungsweise optische Datentraeger lediglich an die Stelle des Papiers treten, laesst sich jedoch selten ein Produktivitaetsfortschritt erzielen. Die auf das Papier abgestimmte Arbeitsorganisation umzustellen ist viel bedeutsamer.

Papierene Belege haben zwar den Vorteil, ohne technische Hilfsmittel lesbar zu sein, aber kaum von zwei Personen gleichzeitig bearbeiten. Kopien bringen die Gefahr von Inkonsistenzen mit sich und erschweren eine zentrale Archivierung. Das grosse Volumen ist ohnehin mit das hinderlichste beim Archivieren von Papierbelegen.

Besonders das Verringern des Lagervolumens ist das vorrangige Verdienst des Mikrofilms. Die Ausstattung zum Verfilmen von Vorlagen ist vergleichsweise preiswert, aber zeitaufwendig. Er dient jedoch nur dem Archivieren nicht mehr veraenderbaren Informationen. Zudem ist spezielle Hardware erforderlich. Eine alternative Technik ist mittlerweile auf saemtlichen Schreibtischen vertreten: PCs. Fuer die Informationsverwaltung bilden sie eine Voraussetzung zum Nutzen von Mikrofilmen. Lediglich auf Film gespeichert, bleibt der Informationsinhalt dem Computer verschlossen. Eine unmittelbare Uebernahme und Bearbeitung ist auf diese Weise nicht moeglich. Zwar gibt es die Moeglichkeit der Konvertierung, aber der Medienbruch bleibt.

Nicht nur der PC und dessen Vernetzung haben Verfuegbarkeit und Preis des elektronischen Dokumenten-Managements erheblich verbessert, auch die Speichermedien wurden entscheidend weiterentwickelt. Digitale Speichermedien sind teurer als Mikrofilm, sie lassen sich dafuer wesentlich flexibler nutzen. Zudem hat der Anwender bei den digitalen Medien die Wahl zwischen einmal und mehrfach beschreibbaren Typen.

Fuer wiederbeschreibbare optische Speicher existiert allerdings derzeit noch kein Standard. Die Information wird beruehrungsfrei gelesen. Mechanische Beschaedigungen sind daher unwahrscheinlich, und schon bei den ersten Anzeichen von Leseproblemen laesst sich eine Kopie anfertigen, die sich, weil digital, nicht vom Original unterscheidet.

Die unterschiedlichen Charaktere der Speichermedien reflektieren die diversen Anforderungen der Anwendungen. Wenn es im wesentlichen um die platzsparende Archivierung geht, aus der nur hin und wieder mal ein Mitarbeiter eine Information braucht, spielt der Mikrofilm seine Vorteile aus. Dazu gehoert auch die Sicherheit, ein genormtes Medium zu verwenden, dessen Anerkennung als Beweismittel rechtlich geregelt ist. Weder verbindliche Normierung noch die Zulassung als Beleg vor Gericht koennen die optischen Speichermedien fuer Computer bisher durchgaengig vorweisen. Brauchen jedoch mehrere Mitarbeiter gleichzeitig ein Dokument oder Teile davon, hilft ihnen ein Mikrofilmarchiv wenig. Die vielgeruehmte Langzeitstabilitaet des Mikrofilms gilt zudem nur fuer die reine Lagerung. Durch haeufige Benutzung verkratzt die Filmoberflaeche meist sehr stark, was die Lesbarkeit der Informationen beeintraechtigt. Wie bei allen analogen Speichermedien nimmt die Qualitaet der Kopien mit jeder Generation ab. Es waeren also gleich zu Beginn mehrere Kopien des Ausgangsbelegs anzufertigen.

Auch Mikrofilmarchive brauchen einen Computer

Auch ein Mikrofilmarchiv kommt nicht ohne Computer aus. Die Schlagworte oder Indizes, die das Wiederauffinden der Dokumente ermoeglichen, gehoeren in eine Datenbank. Eine Volltextrecherche fuer den Fall, dass die zuvor genannte Methode nicht zum Erfolg fuehrt, ist jedoch nicht mit vertretbarem Aufwand realisierbar. Im uebrigen entstehen schliesslich immer mehr Dokumente im Computer. Fehlende oder unvertraegliche Standards fuer deren Austausch zwischen verschiedenen Computersystemen und unzureichende rechtliche Regelungen erzwingen oft den aufwendigen Umweg ueber papierene Belege.

So sind es letztlich organisatorische Hemmnisse im weiteren Sinne, die einen breiteren Einsatz des elektronischen Dokumenten- Managements behindern. Damit nicht die Organisation des eigenen Betriebs den Nutzen der Technik an seiner Entfaltung hindert, sind vor der Einfuehrung die existenten Arbeitsablaeufe genau zu untersuchen und die betroffenen Mitarbeiter in den Prozess einzubeziehen. Die Moeglichkeiten des schnellen und gleichzeitigen Zugriffs, der automatischen Versionsverfolgung und des direkten Informationsaustauschs muessen zwangslaeufig zu anderen Arbeitsablaeufen fuehren.

Selbst bei sorgfaeltiger Planung ist damit immer ein Risiko verbunden. Ein Unternehmen tut daher gut daran, die neue Technik nicht in einem ueberlebenswichtigen Bereich erstmals einzufuehren. In einer weniger bedeutsamen Abteilung mag zwar der Nutzen geringer sein, doch die dort gesammelten Erfahrungen steigern womoeglich den Erfolg bei der spaeteren Uebernahme in wichtigere Bereiche.

Voraussetzung fuer die Integration in die Arbeitsorganisation sind Schnittstellen zu anderen Programmen, die im Unternehmen verwendet werden. So ist beispielsweise das Dokumenten-Management- und Archivierungssystem Scan View plus vom Systemhaus DAA mit einem Zugang zur betriebswirtschaftlichen Standardsoftware Apertum von S.C.I. ausgestattet. Damit kann der Sachbearbeiter in der Buchhaltung etwa vom Stammdatensatz eines Kunden aus direkt die Rechnungsbelege am Bildschirm einsehen. Im Zweifelsfall liesse sich der Beleg auch gleich aus dem Rechner an den Kunden faxen, denn wie viele andere elektronische Archivierungssysteme speichert auch dieses System die gescannten Dokumente im standardisierten Faxformat. Mit einem Development-Kit laesst sich das Dokumenten- Management vollstaendig in Eigenapplikationen einbinden.

Selbstverstaendlich muss eine Loesung des elektronischen Dokumenten- Managements netzwerkfaehig sein. Selbst wenn nur ein Mitarbeiter fuer die Archivierung zustaendig ist, brauchen auch andere Zugriff auf die Informationen. Es empfiehlt sich das Einscannen der Vorlagen und die Vergabe der Schlagworte durch Mitarbeiter diverser Abteilungen, um ein breites Spektrum zu erlangen. Zudem lassen sich computererzeugte Dokumente ueber COLD-Import ohne den Umweg ueber Ausdruck und Einscannen archivieren. Konsequenterweise sollten die Daten in einer SQL-Datenbank abgelegt werden, um die noetige Sicherheit und Leistungsfaehigkeit zu garantieren.

Welche Form der Speicherung und Weitergabe von Dokumenten am besten ist, haengt von deren Menge und von der Haeufigkeit ab, in der Mitarbeiter sie benoetigen. In selten genutzten Langzeitarchiven lagern Mikrofilme gut und preiswert. Fuer die schnelle Informationsbeschaffung und Dokumentenbearbeitung fuehrt an elektronischen Loesungen kein Weg vorbei. Da sich die Anforderungen an die Verfuegbarkeit im Laufe des Lebenszyklus eines Dokuments durchaus aendern koennen, sind unter Umstaenden mehrere Verfahren angebracht.

Kapazitaetsvergleich der Speichermedien

1) Mikrofilm, 2) Mikrofiche, 3) CD-ROM, 4) 5,25"-OD, 5) 14"-OD

A4-Text: 1) 20 000, 2) 400, 3) 250 000, 4) 500 000, 5) 5 900 000

A4-Bilder: 1) 20 000, 2) 400, 3) 10 000, 4) 20 000, 5) 220 000

MB: 1) 1300, 2) (25), 3) 650, 4) 1300, 5) 14 800

Kostenvergleich der Speichermedien

A4-Bilder/Text: 1) 1; 2) 1,04; 3) 3/0,12; 4) 10,4/0,42; 5) 7,25/0,267

MB: 1) 1; 2) 1,08; 3) 2,97; 4) 10,38; 5) 6,86

Quelle: Kodak

Von der Vorlage zum Archiv

Allen Archivierungssystemen gemeinsam sind vier Grundfunktionen: Dokumente muessen eingelesen, gespeichert, verwaltet und verteilt werden. Je nach Art, in der das Ausgangsdokument vorliegt, gestaltet sich das Einlesen mehr oder weniger aufwendig. Vorteile hat die elektronische Archivierung bei Dokumenten, die als Computerdatei gespeichert sind. Auch ein Mikrofilmarchiv kommt nicht ohne Computerhilfe aus, denn die Informationen muessen wie im elektronischen Archiv indiziert werden. Dazu sind die Stichworte manuell oder automatisch in eine Datenbank einzutragen, was ein Wiederfinden der Dokumente erlaubt. Dem fotografischen Verkleinern beim Mikrofilm entspricht das Komprimieren durch Datenreduktion beim elektronischen Speichern. Die elektronisch archivierten Dokumente lassen sich direkt ueber Datennetze verteilen; beim Mikrofilm ist dazu zuvor eine Digitalisierung und gegebenenfalls Texterkennung erforderlich.

* Siegfried Kroeger ist Mitarbeiter der PR-Com, Muenchen-Graefelfing