Wenn Fachabteilung und Entwicklung Hand in Hand arbeiten:

Dokumentation entwirrt das Info-Geflecht

05.08.1988

Die Einbeziehung der Fachabteilungen in die Anwendungsentwicklung macht den Programmierer zum Teil eines komplizierten Kommunikationsnetzes. Ein einheitlicher Zugriff auf die vorhandenen Informationen verbessert hier die Übersichtlichkeit. Harald Nitz stellt eine Losung für Bull-Rechner vor.

Die letzten zehn bis fünfzehn Jahre waren gekennzeichnet durch eine enorme Zunahme der DV-Anwendungen in allen Bereichen. In dem Maße wie neue Anwendungen entstanden, stiegen auch die Anforderungen an die DV-Abteilungen, die eingeführten Systeme zu warten und zu pflegen. Darüber hinaus haben durch den Wandel von der Stapelverarbeitung zu integrierten Dialogsystemen die Qualitätsansprüche der DV-Benutzer enorm zugenommen.

Karl Sülz, DV-Leiter bei der Unternehmensgruppe Lübbe in Bergisch-Gladbach, bestätigt, daß ganze Programmpakete sich aufgrund mangelnder Beschreibung und lückenhafter Dokumentation der einzelnen Arbeitsschritte jeder rationellen Überprüfung entziehen können. Anpassungen an geänderte Anforderungen - etwa aufgrund von Gesetzen, Tarifverträgen oder anderen betrieblichen Notwendigkeiten - sind dann kaum noch möglich.

Im Rechenzentrum des Unternehmens stehen zwei Bull-Rechner des Typs DPS 7000 mit einer Plattenkapazität von 5,5 Gigabyte; nahezu 80 Bildschirme sind im Einsatz. Die Anwendungen reichen von den klassischen kaufmännischen Applikationen bis zur Steuerung des Hochregallagers oder der Logistik.

Das Informationsgeflecht in der DV-Abteilung und den Fachabteilungen tritt deutlich hervor, wenn man die Fragen betrachtet, die sich den Mitarbeitern bei ihrer täglichen Arbeit immer wieder stellen:

- Welche Programme, Dateien und Jobs gehören zu einer Anwendung?

- Welche Programme verwenden ein bestimmtes Datenfeld?

- Unter welchen verschiedenen Datenfeldnamen verbirgt sich inhaltlich dieselbe Information?

- Gibt es Datenfelder gleichen Namens, die mit verschiedener inhaltlicher Bedeutung belegt sind?

- Welche Systemkomponenten sind von einer Programmänderung betroffen?

- Wer ist beim Auftreten eines Fehlers zu informieren?

- Über welche Leitungen sind bestimmte Terminals mit dem zentralen Rechner verbunden?

- Welcher Mitarbeiter hat Zugang zu welchen Daten?

- Welcher Mitarbeiter ist für eine bestimmte Anwendung, für ein bestimmtes Programm zuständig?

"Die enge Zusammenarbeit der Unternehmensbereiche mit der DV-Abteilung hat den Wunsch nach einem einheitlichen Zugang zu den Informationen laut werden lassen", erinnert sich DV-Leiter Sülz. Deshalb wurde beim Verlagshaus Lübbe vor etwa sieben Jahren das computergestützte Data-Dictionary- und Dokumentationssystem "Doku- 20008" von der Kölner Gesellschaft für Datentechnik mbH installiert. Das System wird als Data-Dictionary für die Software-Entwicklung, als Organisationswerkzeug für die Unternehmensleitung und als Informationsinstrument für den Sachbearbeiter eingesetzt.

Die Systementwicklung beginnt in den Fachabteilungen, die aktiv an den Definitionen und am Test der Anwendungen mitarbeiten. Aus den Eingaben der Fachabteilungen entwickelt die Organisation die Systembeschreibungen und die Programmvorgaben. Diese wiederum müssen auch für die Sachbearbeiter verständlich sein. "Wer für den Input verantwortlich ist, begreift auch den Output," erläutert Sülz.

Durch den Einsatz des Software-Tools reduziert sich die Programmierarbeit; außerdem wird die Dokumentation vereinfacht. Bei neuen Anforderungen ist auf Anhieb ersichtlich, welche Teile oder Funktionen bereits vorhanden sind und daher nicht noch einmal erstellt werden müssen. Referenzierung und Strukturüberwachung erfolgen automatisch. Sülz: "Je umfangreicher die Anwendungen, desto weniger kann ein Unternehmen heute auf ein Data-Dictionary und eine computergestützte Dokumentation der Systeme verzichten."

Harald Nitz arbeitet als freier Journalist in Mülheim an der Ruhr.