Planungen sehen Erweiterungen für Notes vor

Doch kein Stillstand: Lotus springt auf Netware-Zug auf

08.05.1992

CHICAGO/FRAMINGHAM (IDG) - Nach im Jahre 1990 aufgegebenen Kooperations-Plänen rückt Lotus Development mit Novell nun offensichtlich doch näher zusammen (siehe CW Nr. 16 vom 17. April 1992, Seite 1: "Lotus und Novell wollen ..."). Dem Vernehmen nach wurden die für die Client-Server-Anwendung "Notes" angekündigten Übergänge zu Netware in der Branche bisher mit gemischten Gefühlen aufgenommen.

Die von Lotus für Ende des Jahres in Aussicht gestellte Vorab-Version "Notes 3.O" wird es zunächst ermöglichen, Mitteilungen via Novells Netware Message Handling Service an die Lotus-Abteilung für Kommunikations-Produkte zu schicken. Im nächsten Jahr dann soll Notes als NLM-Version (Netware Loadable Module) für die Server Netware 2.2 und die Novell-Architektur Netware Global Messaging (NGM) generell zur Verfügung stehen.

Als "Ursprungs"-Lösung bietet Notes dem Anwender Möglichkeiten, Electronic-Mail, integrierte Konferenz-Schaltungen oder Dokumenten-Tracking-Dienste in einem lokalen Netzwerk zu realisieren. Die zugehörige Notes-Datenbank ist dabei so angelegt, daß die genannten Services den Charakter eigenständiger Funktionen behalten, gleichzeitig aber auch für das Informations-Sharing geeignet sind und den Zugriff auf eine gemeinsame Directory-Struktur zulassen. Gegenwärtig benötigt die Notes-Server-Software für den Betrieb OS/2 und unterstützt dabei Clients, die ihrerseits wiederum OS/2, DOS oder Microsofts Windows "fahren".

Notes 3.0 ist Server-seitig nach wie vor auf OS/2 angewiesen. Die Benützer können jedoch nun zwei Wege einschlagen, um in die Netware-Umgebungen zu gelangen. Entsprechende Clients werden das VIM-Interface unterstützen (Vendor Independant Messaging) und können auf diese Weise einen MHS-Server oder einen mit VIM-Schnittstelle versehenen Netz-Koordinator adressieren. Darüber hinaus soll die geplante Version 3.0 Support für das Novell-Protokoll Internetwork Packet Exchange (IPX) gewährleisten. Ferner will Lotus ein Notes-to-MHS-Gateway mit VIM-Integration bereitstellen, mit dem zukünftig Messages zwischen Notes und MHS-Servern geroutet werden können.

Nach Angaben von Terence Rogers, Vizepräsident der Lotus-Abteilung für Kommunikations-Produkte ist die Einbeziehung der Notes-Messaging-Services in Netware jedoch erst mit der Spitze eines Eisberges zu vergleichen. Auf dem Programm steht, so der Lotus-Netzwerkspezialist, die Integration der gesamten Notes-Services in Netware. Als nächsten weiteren anvisierten Schritt nannte der Lotus-Verantwortliche die Schaffung von "Brückenschlägen" zwischen den Notes-Diensten und den Netware-Verzeichnissen sowie Novells entsprechenden Management-Funktionen.

Benutzer und Analysten indes reagieren bisher nicht einhellig positiv darauf, daß Lotus und Novell zukünftig in Sachen Notes und Netware sozusagen an einem Strick ziehen wollen. Dies hängt unter anderem damit zusammen, daß mit eine Freigabe von Notes NLM nicht vor 1993 zu rechnen ist und noch keine Preisangaben vorliegen, sie jedoch die bisherigen hohen Notes-Kosten ins Kalkül ziehen müssen.

Zu bedenken gegeben wir von Branchen-Insidern durchwegs, daß sich Lotus selbst bis vor kurzem nicht um die Zusammenführung der beiden Produkte bemüht habe.

Ein anderer Einwand zielt auf mögliche Unwägbarkeiten de Notes-Netware-Synthese. David Marshak, Analyst bei der Seybold Office Computing Group in Boston, erklärte, daß im Hinblick auf die Verfügbarkeit, die Sicherheit und Effizienz der neuen Lösungen Kompromißbereitschaft erforderlich sei.