Diversity: Das Märchen von der Vielfalt

10.12.2002
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Männer nehmen keine Familienzeit

„Zehn Monate sind kein Argument, auf einen Erziehungsurlaub zu verzichten“, so Schuller. Allerdings räumt der Personaler ein, dass Erziehungszeiten nur selten von den Vätern in Anspruch genommen werden. „Wenn ich die neuen Mitarbeiter in unseren Kamingesprächen nach den ersten drei oder vier Monaten auf die Möglichkeiten von Familienzeiten anspreche, sind die Männer ganz aufgeschlossen. Stehen sie nach drei oder vier Jahren vor der konkreten Entscheidung, hat anscheinend ein Sinneswandel stattgefunden, und sie können sich eine längere Auszeit nicht mehr vorstellen.“

Schuller hofft auf einen evolutionären Prozess, bei dem sich die Männer verändern müssen. Für Staat und Gesellschaft gibt es ebenfalls noch einiges zu tun.“ Allerdings möchte sich der Personaldirektor keineswegs in die Entscheidungen über Kinderzeiten seiner Mitarbeiter einmischen. „Unsere Aufgabe ist es, eine Infrastruktur bereitzustellen.“ Dazu gehört beispielsweise, Mitarbeiter in Erziehungszeiten zu sozialen Aktivitäten oder Seminaren einzuladen oder ihnen die Urlaubs- oder Krankheitsvertretung anzubieten. „Wir möchten, dass der Draht zum Unternehmen nicht abreißt.“

HP setzt den Schwerpunkt seines Diversity-Konzepts auf das Gender-Thema. „In einer von Männern dominierten Studienwelt beginnen wir mit unterschiedlichen Projekten, Mädchen für technische Berufe zu begeistern“, erklärt der Personaldirektor. Die Hälfte der unternehmenseigenen Auszubildenden an der Berufsakademie sind junge Frauen. In Zusammenarbeit mit den Frauenbeauftragten an Hochschulen versucht das Unternehmen, doppelt so viele Ingenieurinnen einzustellen, als die Quote der Studentinnen der jeweiligen Studienrichtung beträgt.

„Beim Gehalt setzen wir uneingeschränkt auf Gleichbehandlung.“ Stehen Beförderungen oder Einstellungen an, erhalten Frauen bei gleicher Qualifikation den Vortritt. Immerhin hat es HP geschafft, den Anteil seiner weiblichen Führungskräfte auf 15 Prozent zu erhöhen. Als besonders hilfreich schätzt Schuller auch die Vorbildfunktion ein. „Das Gesagte muss sich auch mit Fakten decken. Bei HP sind etliche Frauen im Vorstand, und wir haben Carleton Fiorina als Chefin der gesamten Konzerns.“

Die Deutsche Lufthansa AG rückt in ihrem Diversity-Konzept die Vielfalt in den Mittelpunkt. Die Airline beschäftigt allein in Deutschland Mitarbeiter aus 120 Ländern. Die unterschiedlichen Programme sollen nicht zuletzt dazu beitragen, die Produktivitätsreserven der Mitarbeiter zu aktivieren, und dem zukünftigen Fachkräftemangel, der sich aus der hiesigen demografischen Entwicklung ergeben kann, entgegenzuwirken.