Stadtverwaltung Düsseldorf:

"Distributed Processing" oder"Anwenderorientierte Datenverarbeitung" in einer Großstadtverwaltung?

16.06.1978

Geht man von dem hohen Automationsstand in der Kommunalverwaltung aus, dann müssen die heute stark diskutierten Probleme zentraler Datenverarbeitung in den Groß- und Filialbetrieben der Wirtschaft erst recht in flächendeckenden kommunalen Datenzentralen einen Niederschlag finden. Es erscheint vordergründig so, als würden die in gemeinsamen kommunalen Datenzentralen zu registrierenden Zeit- und Wegeprobleme der Anwendergemeinden bei zentraler Datenverarbeitung in Großstädten erst gar nicht entstehen.

Bei näherer Betrachtung - die hier am Beispiel der Landeshauptstadt Düsseldorf angestellt werden soll - sind die Zeit- und Wegeprobleme für die an das Rechenzentrum

angeschlossenen Fachämter und Dienststellen etwa gleich zu sehen, wenn auch die Problemlösungen andere seien und die Art und Höhe der Aufwendungen hierfür differieren müssen.

Wie in vielen Datenverarbeitungszentren des Handels und der Industrie vollzog sich auch bei der Stadtverwaltung Düsseldorf der Prozeß der "Anwender-orientierten Datenverarbeitung" schon frühzeitig, beginnend in den Stufen

- Dezentralisierung der Datenerfassung durch Online-Lösungen in verschiedenen Fachbereichen,

- Einrichtungen von Auskunftssystemen über Datensichtstationen (Bildschirm und Drucker) im Einwohnerwesen und Krankenhauswesen,

- Einsatz einer Dialogverarbeitung zur Durchführung von Messungs- und bautechnischen Berechnungen

- Verlagerung in Ein-/ und Ausgabefunktionen auf die RJE-Anlage eines Verwaltungsgebäudes für die bauausführenden Ämter,

- Installationen von Kommunikationsrechnern für die dezentralisierten Funktionen des Finanzwesens, der kommunalen Krankenhäuser, der bautechnischen Ämter und Betriebsstellen des Fuhrparks,

- Anbindung bereits eingesetzter Prozeßrechner für die Nachrichtentechnik, die COM-Verfilmung und das automatische Zeichnen und nicht zuletzt

- Einrichtung interaktiver grafischer Arbeitsplätze für die computergestützte Digitalisierung der Plan- und Kartenwerke.

Diese Entwicklung wird auf seiten der Anwender-Software unterstrichen durch den Einsatz interaktiver Programmierer, zunächst in der zentralen Anwendungsentwicklung, aber in allernächster Zeit auch für die Erstellung von Datei-Auswertungsprogrammen unmittelbar durch die Fachbereiche.

Neuzeitliche DV-Methoden sind Realität des Alltags

Wenn auch heute noch der Anteil der "Anwender-orientierten Datenverarbeitung" mit etwa 12 bis 15 Prozent des gesamten Produktionsvolumens der eingesetzten IBM 370/158 (2 MB) gering erscheinen mag, so zeigt bereits die mittelfristige Anwendungsplanung die wachsende Bedeutung eines weder genormten noch einheitlich interpretierten Schlagwortes ("Distributed Processing"). Die Entwicklung zeigt, daß im kommunalen Bereich der Einsatz neuzeitlicher Methoden und Mittel kein Lippenbekenntnis, sondern Realität des Alltags ist. Es wäre zu wünschen, wenn dieses hier nur beispielhaft aufgezeigte Leistungsanliegen der öffentlichen Verwaltung auch durch fortschreitende Verbesserung des Preis-/Leistungsverhältnisses auf dem DV-Markt gestützt und gerechtfertigt würde.

ò) Wolfgang Wissing ist Städtischer Verwaltungsdirektor und Leiter des Instituts für automatisierte DV bei der Stadtverwaltung Düsseldorf.