IBM gibt sich zunehmend kompromißbereit:

Disclosure-Politik ad acta gelegt

10.08.1984

RYE BROOKS/MÜNCHEN (hh) - Zunehmender Druck nationaler und internationaler Distributorenorganisationen veranlaßte jetzt die amerikanische IBM, von einer restriktiven Vertriebs-Maßnahme abzugehen.

Leasingunternehmen und Wiederverkäufer waren gegen Jahreswechsel verpflichtet worden, die Adressen ihrer Endabnehmer noch vor Auslieferung bekanntzugeben. Mit der "Computer Dealers and Lessors Association" (CDLA) wurde jetzt ein Kompromiß ausgehandelt, der diese Vorschrift aufhebt; im Gegenzug akzeptierten die CDLA-Mitglieder ein Papier über IBMs Discountpolitik.

Bereits im März dieses Jahres erwogen die amerikanischen Distributoren nach Angaben der COMPUTERWORLD die Aufnahme rechtlicher Schritte gegen die restriktive IBM-Politik. Leasing-Unternehmen und Händler befürchteten durch die Preisgabe der Kundenanschriften 30 Tage vor der Maschinenlieferung eine Verschiebung der Konkurrenzsituation zugunsten des Computerherstellers.

IBM-Offizielle versuchten zwar immer wieder, die Bedeutung der Angelegenheit herunterzuspielen, aber auch die Tagung der Eclat-Broker in Monte Carlo zeigte, wie sehr dieses Thema die IBM-Distributoren weltweit tangiert (siehe CW Nr. 22/84, Seite 1).

In den USA hat nun der Computergigant mitgeteilt, daß er nicht länger auf die Bekanntgabe der Endabnehmeradressen bei Leasing oder Kauf bestehe. Stimmen aus der unabhängigen Leasing-Szene äußerten, daß dieses Zugeständnis letztlich auch dem Anwender zugute käme, da sich die Broker wieder bemühten, größere Qualitäten im Computer- und Peripheriebereich zur Verfügung zu stellen.

Im Gegenzug unterzeichnen die CDLA-Mitglieder ein Zertifikat, das sowohl Computer als auch Peripheriegeräte umfaßt. Der Vermieter oder Wiederverkäufer bestätigt darin, daß er sich nicht in Konkurrenz zu ausgewählten Value-added-Distributoren der IBM befindet, schreibt die COMPUTERWORLD.

Nach intensiven Verhandlungen zwischen der CDLA und IBM wurde eine Liste des Materials von Big Blue veröffentlicht, das nicht unter diese Abmachung fällt. Dazu gehört nach Angaben der COMPUTERWORLD die Serien 30XX, 4341 sowie Terminalausrüstung, Drucker und Schreibmaschinen. Die CDLA-Verantwortlichen äußerten sich zufrieden mit dem Ergebnis der Verhandlungen.

Über sie erwirtschaftet die IBM immerhin 40 Prozent des US-Umsatzes. Marktanalytiker bezeichnen diesen Kompromiß als eine Konzeption der IBM, da eine Klage der CDLA ein erneutes Anti-Trust-Verfahren mit großen Chancen bedeutet hätte.