Satellitenkommunikation/Innovative Technik nicht nur als gelegentliche Fracht

Direkte Verbindung zum LKW: Das Geld liegt auf der Strasse

05.01.1996

Der Gueternah- und Fernverkehr braucht Instrumente, die es ermoeglichen, Transportablaeufe transparent zu machen, Logistikdaten unmittelbar zu verarbeiten und den Fahrzeugeinsatz zu optimieren. Darueber hinaus ist ein Informationssystem noetig, das Transportdaten liefert und bearbeitet. Zwischen Fahrer, Fahrzeug, Fuhrpark und Kunde muessen Informationen einfach zu erfassen, schnell zu uebermitteln und aktuell abrufbar sein. Weitere Anforderungen an das System sind eine fehlerfreie Datenuebertragung, geringe Uebertragungskosten und eine einfache, rationale Uebernahme der Daten in zentrale Systeme.

Ein erprobtes Mittelzur Senkung der Kosten

Erreicht werden sollen eine flexiblere Touren- und Routenplanung, eine Reduzierung der Leerfahrten, Verkehrs- und Umweltentlastung sowie Kostensenkung. Fuer die Realisierung ist es dringend notwendig, zwischen LKW und der Zentrale zu kommunizieren - und zwar jederzeit. Im grenzueberschreitenden Verkehr ist dies nur ueber Satellit moeglich.

Zur technischen Loesung der grenzenlosen Kommunikation und Ortsbestimmung hat die Satellitenkommunikation und -ortung eine betraechtliche Bedeutung erlangt. Es gibt ein satellitengestuetztes Kommunikationssystem, das fuer digitale Daten, also einfach weiterzuverarbeitende Informationen ausgelegt ist und weltweite Kommunikation sicherstellt: Inmarsat-C.

Der Inmarsat-C-Dienst, den es seit Maerz 1991 gibt, ist einer der Kommunikationsdienste der Inmarsat-Organisation, zu der sich mehr als 70 Postverwaltungen weltweit zusammengeschlossen haben. Es handelt sich um einen oeffentlichen Kommunikationsdienst via Satellit, den die nationalen Postverwaltungen anbieten. Dieser oeffentliche Hintergrund ist Garant fuer eine gesicherte Zukunft.

Der Inmarsat-C-Dienst erlaubt bidirektionalen Datenverkehr mit niedriger Bit-Rate. Dazu nutzt er vier geostationaere Satelliten, je einen ueber dem Indischen und dem Pazifischen Ozean, zwei ueber dem Atlantik, womit eine globale Abdeckung erreicht wird.

Fuer jeden Satelliten gibt es mehrere Bodenstationen, die den Datenverkehr kontrollieren. Darunter in Deutschland die Erdfunkstelle Raisting bei Weilheim, die fuer den Inmarsat-C-Dienst den Informationsfluss zu und von den Satelliten ueber dem Ostatlantik und dem Indischen Ozean abwickelt.

Service-Provider, also Anbieter der Dienste, ist hierzulande die DeTeMobil GmbH. Die Kommunikationsgebuehren (ueber Raisting) gestalten sich folgendermassen: Zu einem monatlichen Grundentgelt von 20 Mark kommen fuer jeweils 32 Zeichen 45 Pfennig. Im praktischen Einsatz ergeben sich monatliche Kommunikationsgebuehren von etwa 150 Mark pro Fahrzeug.

Die Endgeraete gestatten es, auf jedes Telex, auf einen Datex-P- (X.25-)Anschluss oder auf ein Faxgeraet Textnachrichten oder Dateien zu schicken. Ebenso kann man umgekehrt von jedem Telex oder Datex- P-Anschluss ein mobiles Geraet erreichen - rund um die Uhr und weltweit. Vorteilig dabei ist die Verwendung von einfachen kleinen Antennen, die nicht wie beim Fernsehempfang auf den Satelliten ausgerichtet sein muessen.

Ausserdem laesst sich ueber das "Global Positioning System" (GPS) der Standort des mobilen Kommunikationspartners bestimmen. Diese Moeglichkeit ist in den Endgeraeten bereits verfuegbar.

Wie funktioniert GPS? In den Zeiten des Kalten Krieges zwischen den Militaerbloecken Nato und Warschauer Pakt haben die USA rund um die Erde ein Netz von Satelliten installiert, das zunaechst ausschliesslich dem Zweck vorbehalten war, Marschflugkoerper, die bekannten Cruise-Missiles, punktgenau zu einem beliebigen Ziel leiten zu koennen. Die dabei erreichbare Genauigkeit liegt bei wenigen Zentimetern. Schon bald erkannte man jedoch auch die zivile Nutzbarkeit des Systems.

Das System basiert auf 21 Satelliten plus drei Ersatzsatelliten. Sie bewegen sich auf sechs Umlaufebenen in 20000 Kilometer Hoehe (die Umlaufzeit betraegt zwoelf Stunden) und senden sehr genaue Zeitinformationen auf die Erde. Mit ihnen laesst sich rund um die Uhr der Standort eines jeden Fahrzeugs nach Laengen- und Breitengrad ermitteln. Die zivilen GPS-Empfaenger erlauben die Positionsbestimmung mit einer Genauigkeit von etwa 100 Meter.

Betrachten wir nun ein System, wie es zum Beispiel die Spedition Bierschneider im bayerischen Burgkirchen einsetzt. Es besteht aus einem Satelliten-Transceiver und einem mobilen Handcomputer sowie einem Drucker zum Ausdrucken der empfangenen Nachrichten im Fahrzeug. Seit Maerz 1994 setzt die Spedition das System in ihren Fahrzeugen ein, die hauptsaechlich Textilien zwischen Mazedonien und Deutschland transportieren. Der Einsatz eines D-Netz-Telefons auf der gesamten Strecke ist praktisch nicht moeglich.

Die Fahrer der Spedition Bierschneider geben ihre Nachrichten deshalb in einen Handcomputer ein und senden diese via Satellit an ihren Disponenten. Eine wichtige Information ist dabei die aktuelle Position, die ueber GPS ermittelt wurde und automatisch ueber Inmarsat-C an die Zentrale gesendet wird. Der Disponent kann den Standort dann auf einer digitalen Karte auf seinem Monitor erkennen.

Darueber hinaus erscheinen die Nachrichten der Fahrer auf dem Bildschirm. Ebenso einfach gibt der Disponent die Information ueber einen Auftrag am PC in eine vordefinierte Lademaske ein und sendet sie per Mausklick an das entsprechende Fahrzeug. Dort erscheint die Nachricht dann auf dem Display des Handcomputers und wird zugleich ueber den angeschlossenen Meldungsdrucker auf Papier ausgegeben. Damit der Disponent weiss, dass seine Nachricht den Fahrer auch erreicht hat, bekommt er automatisch eine entsprechende Bestaetigung zugeschickt.

"Ohne die Moeglichkeit, jederzeit meine Fahrzeuge und Fahrer zu erreichen, komme ich heute nicht mehr aus", erklaert Speditionschef Bierschneider. "Meine Fahrer arbeiten ausschliesslich ueber dieses System, wenn sie sich auf Tour nach Mazedonien begeben, und sind froh, staendig die Moeglichkeit zu haben, mit der Heimat zu kommunizieren. So wird schon mal die Ehefrau informiert, dass ihr Mann etwas spaeter zum Essen kommt, weil er im Stau vor der Grenze warten muss."

Mittlerweile wissen auch seine Kunden das System zu schaetzen, denn wenn sie just-in-time produzieren, sind sie auf genaue Angaben ueber das Eintreffen der benoetigten Teile angewiesen. So kann Bierschneider heute seinen Kunden jederzeit Auskunft darueber geben, wo sich die Ladung des Kunden momentan befindet, wann der LKW voraussichtlich eintreffen wird und was genau geladen ist. Auch kurzfristig sind noch Aenderungen drin. Was frueher nicht moeglich war: Da legte der LKW hunderte Kilometer zurueck, bevor man ihn erreichen und umleiten oder zurueckholen konnte.

So besteht jederzeit auch die Option, noch vorhandenen Laderaum zu verkaufen und damit die Auslastung zu erhoehen. Damit konnte Bierschneider die Qualitaet der Leistung Transport erheblich steigern. Gerade dieser Aspekt wirkt sich bei dem zunehmend haerteren Wettbewerb innerhalb Europas existenzsichernd aus.

Ist der Einsatz von Satellitenkommunikation aus Kostensicht ueberhaupt sinnvoll? Um diese Frage zu beantworten, sei hier eine Modellrechnung fuer den Inmarsat-C-Dienst aufgemacht und mit den Kommunikationskosten im D-Netz verglichen:

Basis der Kostenkalkulation fuer die Kommunikation ueber Inmarsat-C ist, dass pro Einsatztag fuenf Positionsmeldungen und drei Textnachrichten zwischen LKW und Zentrale ausgetauscht werden.

Die durchschnittliche Laenge einer Positionsmeldung betraegt acht Zeichen, bei einer Textnachricht 90 Zeichen. Das bringt Kosten von 13 Pfennig x 5 Positionsmeldungen = 65 Pfennig pro Tag plus 45 Pfennig x 3 Textnachrichten x 3 Bloecke e 32 Zeichen = 4,05 Mark pro Tag. Was insgesamt einen Betrag von 4,70 Mark pro Tag ergibt.

Vergleicht man dies mit den Kosten, die entstuenden, wenn man per D-Netz kommunizierte, erhaelt man folgendes Ergebnis: Unter der Voraussetzung, dass die Gespraeche fuer fuenf Nachfragen von jeweils einer Minute ueber den aktuellen Standort plus dreier Nachrichten e drei Minuten insgesamt 14 Minuten ausmachen, entstehen Kosten von 14 x 1,20 Mark (im D1-Business-Tarif Inland zwischen 7 und 20 Uhr), also 16,80 Mark.

Dazu kommen noch die Grundgebuehren in Hoehe von 20 Mark bei Inmarsat-C und 60 Mark bei D1 (Business-Tarif). Wir errechnen also bei 240 Einsatztagen jaehrliche Kommunikationskosten von

- 1128 Mark bei Inmarsat-C plus 240 Mark Grundgebuehr = 1368 Mark;

- 4032 Mark beim D-Netz plus 720 Mark Grundgebuehr = 4752 Mark.

Besser auf den Wettbewerbin Europa eingestellt

Das macht einen Unterschied von 3384 Mark pro Fahrzeug und Jahr. Das heisst, auch aus Betriebskostensicht ist die Nutzung der Satellitenkommunikation durchaus eine konkurrenzfaehige Alternative zur Sprachkommunikation ueber Mobilfunk:

- Es reduziert Leerfahrten.

- Es traegt zur betrieblichen Qualitaetssicherung bei.

- Es entlastet die Disposition und ermoeglicht ein sicheres Disponieren der Fahrzeugflotte.

- Es senkt die Kommunikationskosten durch Datenuebertragung.

- Es bring mehr Flexibilitaet bei kurzfristigen Auftraegen.

Ein Transportunternehmer hat damit einen wirtschaftlich optimal ueber Grenzen hinweg arbeitenden Fuhrpark mit besserem Service fuer seine Kunden und letztendlich mit hoeheren Ertraegen fuer sich selbst. Seine LKW tragen innovative Technik nicht nur als gelegentliche Fracht. Er ist besser auf den Wettbewerb in Europa eingestellt.

Die sich entwickelnden Geschaefte mit Osteuropa, zunehmende Transporte auf dort oft gefaehrlichen Verkehrswegen waeren ohne Kommunikation mit den Fahrzeugen nicht zu bewerkstelligen. So erhaelt grenzenlose Kommunikation nebenbei noch etliche Arbeitsplaetze.

*Armin Keller ist Leiter Marketing/Vertrieb, Mess-, Steuer-, Regeltechnik bei der MAN Technologie AG in Karlsfeld.

Kurz & buendig

Eine Satellitenverbindung zwischen der Zentrale eines Speditionsunternehmens und seinen KLWs sowie das GPS- Positionierungssytem machen es moeglich, zu jeder beliebigen Zeit Informationen ueber den Status der Transporte, den Zustand der Fahrzeuge und ihre Standorte zu erhalten. So lassen sich Transporte schneller umdirigieren oder Restkapatzitaeten fuer weitere Ladungen am Wege verkaufen. Einmal in Betrieb, ist die Kommunikation via Satellit preisguenstiger als terrestrische Verbindungen. Transporte werden sicherer, flexibler und oekonomischer - ein wesentlicher Faktor im Wettbewawerb auf europaeischen Strassen.