Gartner

Digitales Geschäft braucht absichtlich instabilere Prozesse

22.01.2015
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Die Marktforschungs- und Beratungsfirma Gartner erwartet, dass bereits 2017 70 der erfolgreichen digitalen Geschäftsmodelle auf absichtlich instabilen Prozessen beruhen werden, die sich an die Bedürfnisse der Kunden anpassen.

"Viele Firmen beginnen gerade mit oder stecken schon mitten in Initiativen zur digitalen Geschäftstransformation", sagt die Gartner-Expertin Julie Short. "Wir schätzen, dass davon nur 30 Prozent erfolgreich sein werden. Um unter diesen 30 Prozent zu sein, müssen Business- und IT-Verantwortliche darauf vorbereitet und willens sein, aus der Perspektive von Geschäftsmodellen, -prozessen und Technologie rasch Neuerungen einzuführen."

Als Ergebnis der Innovation der Geschäftsmodelle müssen laut Gartner einige Geschäftsprozesse absichtlich instabil werden. Solch bewusst instabile Prozesse seien von vornherein auf Veränderung ausgelegt und ließen sich dynamisch an Anforderungen von Kunden anpassen. Im Wettbewerb seien sie entscheidend, weil sie unvorhersehbare Interaktionen mit Kunden unterstützten und Ad-hoc-Entscheidungen erforderten, um größere und stabilere Prozesse am Laufen zu halten.

"Um die Vorteile des digitalen Geschäfts zu ernten, muss man lineare Geschäftsprozesse aufgeben und ein Spektrum standardisierter und variabler Prozesse aufsetzen", rät Gartner-Frau Short. "Das wird umso nötiger, als immer mehr Internet-verbundene 'Dinge' in die Geschäftsumgebung kommen. Smarte Maschinen zum Beispiel erzeugen Echtzeit-Informationen für andere Maschinen. Geschäftsprozesse müssen auf Veränderung ausgelegt sein, damit Unternehmen diese Informationen nutzen können." Große, stabile Prozesse ohne die Möglichkeit, sich dynamisch an neue Informationen anzupassen, würden Firmen nicht dabei helfen, die Versprechen der Digitalisierung einzulösen.

Allerdings sei häufig das Business Process Management (BPM) nicht reif genug und werde bis zum Jahr 2017 80 Prozent der Unternehmen daran hindern, die gewünschten Ergebnisse ihrer digitalen Geschäftsstrategien zu erreichen. "Defizite in der BPM-Reife hindern die Change Agents - Einzelpersonen, die Veränderungen anführen - daran, mit digitalen Initiativen wegweisende Resultate zu erzielen", warnt der Gartner-Analyst Marc Kerremans. Dazu müssten Geschäftsprozesse neu erfunden werden. "Das bedeutet signifikante Innovation dabei, wie Produkte und Dienstleistungen erzeugt, bepreist, verteilt und gewartet werden - und zwar nicht nur innerhalb eines Bereichs, sondern oft entlang der gesamten Wertschöpfungskette."